Freitag, 30. Dezember 2022
Zwölf überflüssige Morde mit absurden Weihnachtsaccessoires, Nr. 8
Bettina lag da wie kunstvoll drapiert. Nicht ein Tropfen Blut war zu sehen. Er hätte nie gedacht, dass es so einfach wäre. Wo doch die letzten Jahre so schwer gewesen waren, mit ihrer Sucht, ihren Wutanfällen, Zusammenbrüchen, Reuebekundungen, Besserungsbeteuerungen, Rückfällen. Er hatte einfach nicht mehr gekonnt.
Sie hatten am Weihnachtsabend so getan als sei die Welt in Ordnung. Der glitzernde Lichterbaum auf der Galerie, viele, große Geschenke, ein Teller mit Leckereien, Sekt und romantische, amerikanische Weihnachtsschlager aus den Fünfzigerjahren. Sie hatte nicht mehr aufgehört, eine Sektflöte nach der anderen zu leeren und das Papier der vielen Pakete hatte sie voll Übermut über das Geländer in die Eingangshalle geworfen.
"Wolkenweiche Geschenkpapierberge.", hatte er ihr zugeflüstert. "Wie im Himmel. Ist das nicht romantisch?"
Sie hatte lachend den Kopf zurückgeworfen, in ihrem Cremefarbenen Kleid und mit den üppigen blonden Locken sah sie aus wie ein Rauschgoldengel. Er hatte ein Bild in ihr heraufbeschworen, einen britischen Werbespot, den sie beide geliebt hatten, in dem ein kleiner Hund voll Wonne in einen Berg abgewickelten Toilettenpapiers springt, wie in eine himmlische weiche, wattige Wolke.
Der Trigger funktionierte. Sie schwang die Beine über das Geländer und ließ sich lachend fallen. Es knallte kurz, dann war da nur noch Stille.
"Abgerauscht.", flüsterte er. Dann rief er einen Rettungswagen.

... link (0 Kommentare)   ... comment