Sonntag, 25. Dezember 2022
Zwölf überflüssige Morde mit absurden Weihnachtsaccessoires, Nr. 3
c. fabry, 04:34h
Benjamin verstand die Welt nicht mehr. Was waren das für Zeiten, in denen man nicht einmal mehr in seinem verschlafenen Heimatdorf einen kurzen Waldspaziergang unternehmen konnte, ohne in eine bedrohliche Lage zu geraten?
Er hatte Burkhard getroffen. Sie kannten sich aus der Grundschule und vom Konfirmandenunterricht. Burkhard war ab der 5. Klasse zur Gesamtschule im Nachbardorf gegangen, Benjamin hatte das Gymnasium in der Stadt besucht. Burkhard hatte sich in Charlotte verliebt, Benjamin war zwei Jahre mit ihr zusammen gewesen. Burkhard war im Schützenverein, Benjamin bei Greenpeace, Burkhard hielt Mastschweine, Benjamin war Vegetarier. Gerade gestern, nach der Christvesper hatten wieder alle Frauen- und Mädchenaugen auf Benjamins edlen Zügen und sportlicher Statur geruht, während der moppelige Burkhard nur abschätzige Blicke und zurückweisende Kommentare einfuhr.
Jetzt hatte er ihn im Wald erwischt. Er hatte noch Kabelbinder in der Tasche gehabt und Benjamin an einen Zaun gefesselt. Es war kalt. Wollte Burkhard ihn hier erfrieren lassen? Er schrie um Hilfe, aber vergeblich. Am 1. Weihnachtsfeiertag waren die Nachmittagsspaziergänge alle längst erledigt und die Dorfbevölkerung saß bei Kaffee und Kuchen unterm Lichterbaum.
Doch Burkhard kam zurück. Er hatte einen Eimer dabei. Als er Benjamin erreicht hatte, sah dieser, was sich in dem Eimer befand: Abfälle vom Gänsebraten, Knochen mit Fleischresten.
"Die nagst du jetzt alle sauber ab, danach mache ich dich wieder los.", erklärte Burkhard.
"Das geht nicht.", entgegnete Benjamin. "Ich bin Vegetarier."
"Das geht.", erwiderte Burkhard. "Friss oder stirb."
Benjamin machte keinerlei Anstalten Burkhards demütigender Aufforderung nachzukommen, zu groß war die Abscheu vor den Fleischresten und das Wissen um die Unverträglichkeit, denn er lebte seit fast zwanzig Jahren fleischlos.
Burkhard nahm einen Schenkelknochen und sagte: "Du frisst das jetzt, du Lackaffe!" und rammte Benjamin den Knochen in den Mund. Er hatte ihn tief in den Rachen gerammt, Benjamin bekam keine Luft mehr, konnte sich aber auch nicht von dem Vogelbein befreien, weil Burkhard sein Hände festhielt. Der hielt Benjamins panische Gegenwehr für mimosenhafte Kostverachtung. Dann ließ der Widerstand nach. Aber auch alles andere. Und dann war es Burkhard, der die Welt nicht mehr verstand.
Er hatte Burkhard getroffen. Sie kannten sich aus der Grundschule und vom Konfirmandenunterricht. Burkhard war ab der 5. Klasse zur Gesamtschule im Nachbardorf gegangen, Benjamin hatte das Gymnasium in der Stadt besucht. Burkhard hatte sich in Charlotte verliebt, Benjamin war zwei Jahre mit ihr zusammen gewesen. Burkhard war im Schützenverein, Benjamin bei Greenpeace, Burkhard hielt Mastschweine, Benjamin war Vegetarier. Gerade gestern, nach der Christvesper hatten wieder alle Frauen- und Mädchenaugen auf Benjamins edlen Zügen und sportlicher Statur geruht, während der moppelige Burkhard nur abschätzige Blicke und zurückweisende Kommentare einfuhr.
Jetzt hatte er ihn im Wald erwischt. Er hatte noch Kabelbinder in der Tasche gehabt und Benjamin an einen Zaun gefesselt. Es war kalt. Wollte Burkhard ihn hier erfrieren lassen? Er schrie um Hilfe, aber vergeblich. Am 1. Weihnachtsfeiertag waren die Nachmittagsspaziergänge alle längst erledigt und die Dorfbevölkerung saß bei Kaffee und Kuchen unterm Lichterbaum.
Doch Burkhard kam zurück. Er hatte einen Eimer dabei. Als er Benjamin erreicht hatte, sah dieser, was sich in dem Eimer befand: Abfälle vom Gänsebraten, Knochen mit Fleischresten.
"Die nagst du jetzt alle sauber ab, danach mache ich dich wieder los.", erklärte Burkhard.
"Das geht nicht.", entgegnete Benjamin. "Ich bin Vegetarier."
"Das geht.", erwiderte Burkhard. "Friss oder stirb."
Benjamin machte keinerlei Anstalten Burkhards demütigender Aufforderung nachzukommen, zu groß war die Abscheu vor den Fleischresten und das Wissen um die Unverträglichkeit, denn er lebte seit fast zwanzig Jahren fleischlos.
Burkhard nahm einen Schenkelknochen und sagte: "Du frisst das jetzt, du Lackaffe!" und rammte Benjamin den Knochen in den Mund. Er hatte ihn tief in den Rachen gerammt, Benjamin bekam keine Luft mehr, konnte sich aber auch nicht von dem Vogelbein befreien, weil Burkhard sein Hände festhielt. Der hielt Benjamins panische Gegenwehr für mimosenhafte Kostverachtung. Dann ließ der Widerstand nach. Aber auch alles andere. Und dann war es Burkhard, der die Welt nicht mehr verstand.
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