Donnerstag, 18. April 2019
Darum…
Wieder ist ein Ermittlungsansatz zerplatzt wie eine Seifenblase. Keller ist aber so beschäftigt mit den windigen Finanzverhältnissen dieser ach so gebeutelten Kirchengemeinde, dass er beschließt, sich dort noch ein bisschen umzuhören. Das Gemeindebüro ist geschlossen, aber das Jugendbüro ist besetzt.
Ein Pfadfinder-Beserker wie es sie eigentlich nur noch in den Sechzigerjahren gab, sitzt dort am Schreibtisch. Groß, kräftig, in schlecht sitztenden Jeans und einem blau-weiß-rot karierten Flanellhemd. Das dichte, schwarze Kopfhaar ist kurz geschnitten, der Bart dagegen lang und kraus. Überall stehen seltsame Gegenstände herum: Kupfertöpfe, Lederbeutel, ein Köcher mit Pfeilen...
„Braucht man das alles für die Jugendarbeit?“, fragt Keller.
„Das kommt auf den Schwerpunkt an.“, erwidert der Jugendreferent.
„Entschuldigen Sie, dass ich mich noch nicht vorgestelt habe. Mein Name ist Stefan Keller von der Bielefelder Polizei und Sie sind?“
„Rüdiger Holzapfel, ich bin der Jugendreferent.“
„Seit wann arbeiten Sie hier?“
„Seit zwölf Jahren ehrenamtlich, seit acht Monaten hautpamtlich.“
„Mit wieviel Wochenstunden?
„Zehn.“
„Kann man davon leben?“
„Nein, aber zusammen mit dem was die Mittelaltermärkte einbringen, komme ich zurecht. Leider nur noch bis zum Sommer, dann läuft mein Vertrag aus.“
„Kann er nicht verlängert werden?“
„Nein.“
„Warum nicht?“
„Mir wurde gekündigt.“
„Mit welcher Begründung?“
„Der Kirchenkreis war mit meiner Arbeit nicht einverstanden.“
„Der Kirchenkreis? Sind Sie nicht direkt bei der Gemeinde beschäftigt?“
„Nein, die Jugendmitarbeiter sind alle zentral beim Kirchenkreis angestellt, damit es einfacher ist, volle Stellen anzubieten, auf denen dann Leute sitzen, die für mehrere Gemeinden zuständig sind.“
„Was haben Sie denn falsch gemacht?“
Rüdiger Holzapfel zuckt mit den Schultern. Kellers Blick trifft einen Korb, aus dem kräftige Holzstiele ragen, kürzer als Besenstiele, länger als die eines Handfegers. Er sieht in den Korb. Zwischen Äxten, Hämmern und ihm unbekannten, scheinbar handgeschmiedeten Werkzeugen entdeckt er eine Kette, an deren Ende eine Kugel kängt, übersäht mit spitzen Stacheln. Ein Morgenstern.

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