Donnerstag, 26. Juli 2018
Freitag, der Dreizehnte – ein Konfi-Camp-Krimi in 8 Teilen – 7. Teil
Der Donnerstag begrüßte sie unter einer dicken Wolkendecke. Natürlich hatte das Wetter nichts mit den Ereignissen auf dem Platz zu tun, jedoch der abergläubische Kleingeist in Kilian erschrak angesichts der sich verdunkelnden Sonne – an Karfreitag hatte der Himmel sich auch zugezogen. Angstvoll machte er sich ans Wecken, aber dann konnte er schließlich erleichtert aufatmen – alle waren anwesend und unversehrt. Die Stimmung drohte trotzdem umzuschlagen, jeder bewegte sich schwerfällig und die Mehrheit schien froh darüber zu sein, diese Woche nun bald hinter sich gebracht zu haben.
In der Morgenandacht ging es um das Leben nach dem Tod, verdeutlicht an einem Gespräch zwischen Zwillingen im Mutterleib über das Leben nach der Geburt. Als es in den Unterrichtsgruppen um die Frage ging, worauf man hoffe, meinte Fritjof: „Ich hoffe, dass ich mal einen guten Job habe, ordentlich Geld verdiene, mit 'ner vorzeigbaren Frau zusammen bin, steinalt werde und dabei gesund bleibe.“
„Und was glaubst du oder hoffst du, passiert mit dir, wenn du gestorben bist?“
„Klappe zu, Affe tot.“, erwiderte Fritjof. „Es gibt keinen Gott und auch keinen Himmel. Man muss sich nehmen, was man kriegen kann.“
„Und warum gehst du dann zur Konfirmation, wenn du das alles nicht glaubst?“, fragte Linda, eine ehrenamtliche Mitarbeiterin.
„Wegen der Kohle.“, erwiderte Fritjof. „Und weil meine Eltern das wollen.“
Er blickte finster wie eh und je. Machte er all das hier mit, weil er seine Eltern nicht enttäuschen wollte oder weil er sonst furchtbare Konsequenzen befürchtete?
Silvia sagte hinterher: „Man kann ja nun einmal nicht jeden retten, aber gerade bei Fritjof wurmt mich das besonders. Es ist so offensichtlich, dass es ihm nicht gut geht und irgendwoher muss diese Wut ja kommen, die er mit sich herumträgt.“
Diese Wut ließ Fritjof vorzugsweise an Dina aus. Er behandelte sie wie einen Fußabtreter und sie wehrte sich nicht, weil sie sich vor ihm fürchtete. Dina war hübsch, aber auch kein Eyecatcher, schüchtern und zart, zurückhaltend und leise; das perfekte Opfer. Und Fritjof war geschickt darin, sich nicht bei seinen Gemeinheiten erwischen zu lassen. Silvia wusste nur davon, weil Dinas Mutter sich ihr anvertraut hatte.

Gegen Mittag kam die Sonne zurück und es wurde noch ein berauschender Tag mit grandiosem Mac-Attack-Finale und so manchen heimlichen Küssen zwischen den Hütten, am See oder im Wald. Kilian hatte seit mehr als einem halben Jahr davon geträumt, aber er ging leer aus. Der Abend ging zu Ende, die letzte Showtime rockte die Bühne, die Band gab noch einmal alles und dann kam die Abschlussandacht. Sie beendeten den Tagesausklang mit einer Runde „Das lass ich hier – das nehme ich mit“ und wie sich herausstellte, mangelte es den meisten Jungen an der nötigen Ernsthaftigkeit, um aussagekräftig darauf zu antworten.

Die Durchsetzung der Nachtruhe verschob das Team inoffiziell nach hinten und nahm sich Zeit für eine ausführliche Abschlussreflexion. Danach ging Kilian zum Waschhaus und während er in aller Ruhe auf der Toilette sein Geschäft erledigte, gab er sich ein wenig seinem Selbstmitleid hin, dass es wohl auch in dieser Nacht zu keiner Wendung im Fall Lucie kommen würde. Plötzlich ging das Licht aus. „Scheiß Bewegungsmelder!“, fluchte Kilian, beendete seine Sitzung in der Dunkelheit und wedelte nach dem Verlassen der Kabine mit den Armen, allerdings ohne Effekt. Seltsam, dachte er, haben die nur vorne im Eingangsbereich einen Sensor? Er tastete sich vorwärts und hörte spitze Schreie aus der Mädchen-Dusche. Was war hier los? Ein allgemeiner Stromausfall oder hatte da jemand am Sicherungskasten manipuliert? Er tastete sich nach draußen und blickte über den Platz. Alles war dunkel bis auf hunderte von Taschenlampen, die überall herumzuckten und die Scheinwerfer an den Traversen der Seebühne strahlten in vollem Glanz, aber die wurden ja auch mit einem Generator betrieben. Er lief hinüber zu den Mädchen-Waschräumen um das schreiende Opfer zu retten. Plötzlich kam ihm in den Sinn, dass vielleicht Lucie da gerade unter der Dusche stand. Entschlossen ging er auf den Eingang zu, doch dann zögerte er. Was wenn ihn die bedrängte Person in ihrer Panik für einen Täter hielt? Er konnte doch als Junge nicht die Mädchen-Duschen betreten. Er musste eine Entscheidung treffen. Die Schreie verstummten.

Fortsetzung folgt morgen.

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