Mittwoch, 25. Juli 2018
Freitag, der Dreizehnte - ein Konfi-Camp-Krimi in 8 Teilen - 6. Teil
Eins der Mädchenzimmer war in heller Aufregung. Es dauerte mindestens zehn Minuten, bis nicht mehr alle durcheinander schnatterten und eine den Vorfall schildern konnte, der die ganze Belegschaft zu Tode erschreckt hatte.
„Ich hatte meine Blue Tooth Box noch an“, erklärte Emily, „wir haben ein bisschen leise Musik gehört und auf einmal kamen da voll laut so unheimliche Stimmen raus, das war total gruselig.“
„Da hat sich irgendein Scherzkeks mit deiner Box verbunden“, beruhigte Kilian sie, „und ich glaube, ich weiß sogar wer. Jetzt geht mal wieder schlafen, Musik hören könnt ihr morgen.“
So schnell, wie Kilian sich das wünschte, kamen die Mädchen nicht zur Ruhe. Das Jungenzimmer aus der Hütte nebenan, war im Heldenmodus angerückt und gab haarsträubende Mutmaßungen von sich, wer oder was hinter dem Angriff stecken könnte, allen voran Fritjof, wer sonst.

Am Mittwoch ging es während des kirchlichen Unterrichts um den Verrat, die Verurteilung und Kreuzigung Jesu. In diesem Zusammenhang schrieb jede und jeder auf einen Zettel, was gerade das Gewissen belastete, faltete das Bekenntnis zusammen und nagelte es symbolisch an einem Holzkreuz fest. Fritjof hatte viel aufzuschreiben. Na, wenigsten besitzt er noch so etwas wie Schuldbewusstsein – dachte Kilian, aber vielleicht schreibt er auch einfach nur obszöne Gedichte auf den Zettel.
Wider erwarten klappte es, das kreuz mit den gesammelten Sünden schweigend zum zentralen Treffpunkt zu tragen, wo die Zettel entfernt und in einem Ofen in Form einer riesigen Laterne verbrannt wurden. Schweigend sahen die Jugendlichen dabei zu und hielten sich an den Händen, die Band spielte leise ruhige, geistliche Lieder und der Moment der Stille war so intensiv, dass die Taschentücher auch dieses Mal alle wurden. Vermutlich flossen die Tränen weniger wegen schwer wiegender Schuld, sondern eher wegen dem Unrecht das Andere den Weinenden zugefügt hatten. Aber es war gut, dass es dieses Ventil gab und das der Raum für das Äußern solcher Gefühle zur Verfügung stand. Kilian hielt heimlich Ausschau nach Lucies Gruppe, ob Lucie wohl auch ihren Schmerz heraus ließ? Und wenn ja, ob er sie trösten sollte?

Der Nachmittag und Abend standen im Zeichen des Markttages, einer Art 120-Minuten-Kirmes, zu der jede Konfigruppe etwas Kulinarisches und etwas zum Mitmachen beitrug. Kilians Gruppe verkaufte pikante Waffeln und lud zum Liebesorakel mit Skatkarten ein. Tatsächlich ließ sich auch Lucie die Karten legen, dazu musste sie vier potentielle Heiratskandidaten namentlich benennen. Kilian war nicht dabei.

Die Andacht vor dem Schlafengehen war diesmal ganz besonders. Im Wald hatten Mitarbeitende einer anderen Gemeinde das Labyrinth von Chartres mit elektrischen Kerzen in Brötchentüten nachgebildet und die meditative Übung, dieses Labyrinth zu durchschreiten, spülte bei dem einen oder der anderen alte Verletzungen hoch, sodass Silvias vorsorglich eingesteckten Taschentücher restlos verwertet wurden. Bei all den Schluchzern und Schnäuzern fiel es niemandem auf, dass unweit des Labyrinths Zweige knackten, wie von herumschleichenden Füßen zerdrückt, niemandem außer Kilian. Er war sofort hellwach, versuchte, in der Dunkelheit eine Silhouette auszumachen und entschloss sich, in der Nacht wach zu bleiben, ohne Licht, bei offenem Fenster.

Fortsetzung folgt morgen.

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