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Freitag, 22. März 2019
Black Story
c. fabry, 19:08h
Rot gefärbtes Wasser gurgelt im kreisenden Strudel in den Abfluss. Ihr nasser Körper erträgt klaglos die Nadelstiche des kräftigen Duschstrahls. Auf dem Boden liegt eine Engelkarte. Was ist passiert?
Silvia eine alleinstehende, hauptberufliche Kirchenmaus mittleren Alters, zerfressen von unerfüllter Liebe zu einem Kollegen hat sich vor einiger Zeit Engelkarten zugelegt – sieben mal sieben Karten mit aquarellierten Abbildungen der Engel Gabriel, Michael, Jerachmiel, Raguel, Raphael, Uriel und Suriel. Jeder der sieben Engel hat sieben Facetten. Heute hat sie Raguel gezogen, einen weißer Engel, der mit feuerroten Flügen durch eine Tür tritt und zwei Menschen zusammen führt. Der Text auf der Karte lautet: Der Engel der Offenheit ist an Deiner Seite. Er schenkt Dir die Kraft, auszusprechen, was Dein Herz bewegt und der Wahrheit mutig ins Auge zu sehen.
Die Karte hat sie in die Gesäßtasche ihrer Jeans geschoben, sie sollte sie den Tag über begleiten, sie würde sie gelegentlich hervorholen, um sich daran zu erinnern. Aber dann überkommt sie plötzlich eine Eingebung, eine Ahnung, warum sie ausgerechnet diese Karte gezogen hat, eine Aufforderung, eine Inspiration.
Nun weiß Silvia, was zu tun ist. Es ist an der Zeit, endlich ihre heimliche Liebe zu offenbaren. Voller Elan geht sie unter die Dusche, um sich für ihr Geständnis zurecht zu machen. Vor Aufregung flattert ihr Herz und sie genießt es, den prickelnden Strahl des Duschwassers auf ihrer Haut zu spüren. Der Wasserdruck ist enorm, fast schmerzhaft wie die Haut an vielen kleinen Punkten malträtiert wird. Sie läßt die Ströme über ihre Kopfhaut prasseln. Ihr Herz pocht, sie spürt es in der Brust, am Hals, in den Schläfen. Plötzlich tut der Kopf weh. Ihr wird schwindelig, das linke Bein will sie nicht mehr tragen, sie will das mit dem linken Arm ausgleichen, aber der gehorcht ihr nicht mehr. Sie bricht zusammen und verflucht im nächsten Moment die scharfkantige Schiene der schadhaften Tür. Blut tritt aus und misch sich mit dem stetig nachlaufenden Wasser zu einem Strudel aus Hibiskustee oder rotem Malwasser oder …
Sie hat aufgehört zu denken. Sie denkt gar nichts mehr. Sie fühlt auch nichts mehr. Ihre Haut ist nur noch die elastische Hülle eines sich zersetzenden Organismus.Die Engelkarte ist beim Entkleiden aus der Gesäßtasche der Jeans herausgerutscht. Hohnlachend leuchtet sie auf dem weißen Fliesenboden.
Silvia eine alleinstehende, hauptberufliche Kirchenmaus mittleren Alters, zerfressen von unerfüllter Liebe zu einem Kollegen hat sich vor einiger Zeit Engelkarten zugelegt – sieben mal sieben Karten mit aquarellierten Abbildungen der Engel Gabriel, Michael, Jerachmiel, Raguel, Raphael, Uriel und Suriel. Jeder der sieben Engel hat sieben Facetten. Heute hat sie Raguel gezogen, einen weißer Engel, der mit feuerroten Flügen durch eine Tür tritt und zwei Menschen zusammen führt. Der Text auf der Karte lautet: Der Engel der Offenheit ist an Deiner Seite. Er schenkt Dir die Kraft, auszusprechen, was Dein Herz bewegt und der Wahrheit mutig ins Auge zu sehen.
Die Karte hat sie in die Gesäßtasche ihrer Jeans geschoben, sie sollte sie den Tag über begleiten, sie würde sie gelegentlich hervorholen, um sich daran zu erinnern. Aber dann überkommt sie plötzlich eine Eingebung, eine Ahnung, warum sie ausgerechnet diese Karte gezogen hat, eine Aufforderung, eine Inspiration.
Nun weiß Silvia, was zu tun ist. Es ist an der Zeit, endlich ihre heimliche Liebe zu offenbaren. Voller Elan geht sie unter die Dusche, um sich für ihr Geständnis zurecht zu machen. Vor Aufregung flattert ihr Herz und sie genießt es, den prickelnden Strahl des Duschwassers auf ihrer Haut zu spüren. Der Wasserdruck ist enorm, fast schmerzhaft wie die Haut an vielen kleinen Punkten malträtiert wird. Sie läßt die Ströme über ihre Kopfhaut prasseln. Ihr Herz pocht, sie spürt es in der Brust, am Hals, in den Schläfen. Plötzlich tut der Kopf weh. Ihr wird schwindelig, das linke Bein will sie nicht mehr tragen, sie will das mit dem linken Arm ausgleichen, aber der gehorcht ihr nicht mehr. Sie bricht zusammen und verflucht im nächsten Moment die scharfkantige Schiene der schadhaften Tür. Blut tritt aus und misch sich mit dem stetig nachlaufenden Wasser zu einem Strudel aus Hibiskustee oder rotem Malwasser oder …
Sie hat aufgehört zu denken. Sie denkt gar nichts mehr. Sie fühlt auch nichts mehr. Ihre Haut ist nur noch die elastische Hülle eines sich zersetzenden Organismus.Die Engelkarte ist beim Entkleiden aus der Gesäßtasche der Jeans herausgerutscht. Hohnlachend leuchtet sie auf dem weißen Fliesenboden.
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