Montag, 23. Juli 2018
Freitag, der Dreizehnte – ein Konfi-Camp-Krimi in 8 Teilen – 3. Teil
Als Kilian wieder zu sich kam, blickte er in die freundlichen Gesichter des Arztes und des Leiters der DLRG. „Alles gut.“, beruhigte ihn der Rettungsschwimmer. „Du bist in den Schlingpflanzen hängengeblieben und in Panik geraten. Normalerweise reißen die einfach ab, wenn du weiter schwimmst. Carsten checkt dich jetzt erst einmal durch, dann kannst du in dein Zimmer gehen und dich ausruhen.“
Kilian nahm alles wahr, als befände er sich im Inneren einer Seifenblase. Wenn Schlingpflanzen normalerweise einfach abrissen, warum hatten sie es dann in seinem Fall nicht getan?

Auf das Mittagessen verzichtete er, obwohl es Nudeln mit Hackfleischsauce gab, aber er war viel zu erschöpft, um in den Speisesaal zu gehen. Aus den „Connecting Games“ klinkte er sich ebenfalls aus; 20 Konfis beim Aufsuchen kooperativer Spielstationen zu begleiten, das konnte er seiner Pfarrerin auch allein zumuten und Silvia fügte sich ohne zu Murren in ihr Schicksal. Am Abend konnte er seine Mannschaft schon wieder beim MacAttack anfeuern, einer Mischung aus Brennball und Fußball, die während des Konfi-Camps als Turnier gespielt wurde.
Der restliche Samstag plätscherte entspannt dahin. Er hielt Ausschau nach Lucie, die sich schon während der JuLeiCa-Schulung in seinem Kopf festgesetzt hatte, mit ihren seidigen blonden Haaren und den unfassbar leuchtenden, blauen Augen. Er entdeckte sie schließlich in der Cocktail-Lounge, wo sie sich einen Ipanema genehmigte. Schon winkte er ihr von weitem zu und weil sie den Gruß nur mit mäßiger Begeisterung erwiderte, schlurfte er weiter zum Strand, setzte sich auf den Steg und sah den Kanufahrern zu.
Mit dem Abendabschluss war er diesmal dran. Die Jugendlichen hörten ihm kaum zu, und er fragte sich, ob es sein Fehler war oder ob sie in diesem Jahr einfach zu viele Arschlochkinder dabei hatten.
Die Durchsetzung der Nachtruhe gestaltete sich in der zweiten Nacht auch etwas schwieriger; trotz des wüstenartigen, nächtlichen Kälteeinbruchs huschten die Jungs immer wieder aus ihren Hütten, um in die Mädchenzimmer zu schlüpfen. Sogar Fritjof war dabei. Welches Mädchen wollte der wohl um den Finger wickeln mit seinem Thunfisch-Gesicht und dem Empathie-freien Blick?

Auch Der Sonntag Morgen startete mit strahlendem Sonnenschein und das Bibeltheater am See, in dem die Taufe Jesu inszeniert wurde, löste bei den Zuschauenden eine beeindruckende Stille aus. Johannes der Täufer erging sich in einer formidablen Publikumsbeschimpfung, hochpolitisch und brandaktuell aber Teenager-gerecht. Es ging um Schöpfungsverantwortung, Rücksicht, die Bereitschaft zu teilen und so weiter. Kilian hegte jedoch berechtigte Zweifel, dass die Mehrheit der Jugendlichen aus dieser Erfahrung irgendwelche Konsequenzen zog. Aber auch, wenn es nur zehn waren, war das doch besser als nichts. Fritjof gehörte sicher nicht zu den zehn Geläuterten. Er war vermutlich ausschließlich auf seinen eigenen Vorteil bedacht.

Nach dem Mittagessen herrschte große Aufregung in Camp 3, wo Kilians Gruppe untergebracht war. Eins der Jungen-Zimmer war durchwühlt worden, die Smartphones waren an den irrsinnigsten Stellen im Zimmer versteckt worden und aus einem Portemonnaie fehlten fünf Euro. Ein Handy war komplett unauffindbar. Auch Fritjof war betroffen. - Schwacher Versuch, sich ein glaubwürdiges Alibi zu verschaffen – dachte Kilian grimmig. Fritjofs Bemühen, einen unschuldigen Blick aufzusetzen, war nicht direkt von Erfolg gekrönt, aber beweisen konnte man ihm natürlich nichts vielleicht tat Kilian ihm auch Unrecht.
Die Dreizehnjährigen verfielen augenblicklich in Ermittlungsfieber, phantasierten von organisierten Verbrechern, die Camps ausraubten, aber auch von rachsüchtigen Konfis aus der Nachbargemeinde, es hatte immerhin schon erste unschöne Auseinandersetzungen gegeben. Nur dass es einer von ihnen war, hielten sie für ausgeschlossen.
Während der nächtlichen Reflexion im Team waren sich alle einig, dass hier ein Insider am Werk gewesen war, denn Diebe, die auf Beute aus waren, hätten einfach alles mitgenommen. Hier wollte jemand Unruhe stiften, Zwietracht säen, die Gemeinschaft zerstören. Und alle hatten sie den gleichen Verdacht – aber auch nichts in der Hand.

Fortsetzung folgt morgen.

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Freitag, der Dreizehnte – ein Konfi-Camp-Krimi in 8 Teilen – 2. Teil
Die erste Showtime war etwas verhalten. Die Moderatoren und die Band gaben alles, aber der Funke sprang nur bei wenigen über. Die Konfis befanden sich noch in Schockstarre wegen der abgerockten Unterkünfte mit sandigen Fußböden und lumpigen Gardinen. Die Teamer waren bis eben noch immer panisch auf dem Gelände hin und her gerannt, weil so vieles bei der Ankunft bedacht werden musste und alle sich erst einmal orientieren mussten, wo sich eigentlich was auf dem Gelände befand. Und auch jetzt konnten Pfarrer, Gemeindepädagogen und ehrenamtlich Mitarbeitende sich nicht entspannt zurücklehnen, weil es erstens nichts zum Anlehnen gab und zweitens noch der Abendabschluss in der Konfi-Gruppe und die Durchsetzung der ersten Nachtruhe bevorstanden. Kilian betete stumm, dass seine bösen Vorahnungen nur Hirngespinste blieben.
Ein plötzlich auftauchendes, helles Licht über den Köpfen ließ ihn zusammenzucken. War das ein herabsinkendes Flugzeug? Oder eine Drohne, um sie auszuspähen? Doch das Bühnenprogramm verlief reibungslos und die Zuschauenden schwärmten aus in die Unterrichtszelte zum Abendabschluss.

Silvia hieß alle willkommen, lud zu einer Traumreise durch den Tag ein, erzählte etwas vom Anfang, dass es nun eine Woche lang um das Leben Jesu gehe, das ja wie jedes Leben mit der Geburt beginne und dass sie, die Konfis, heute ins Camp hineingeraten seien wie Neugeborene in die ihnen gänzlich unbekannte Welt. Das Leben Jesu und was Christen daraus gelernt haben, sollte ihnen Richtschnur für die kommende Woche sein.
- Dein Wort in Gottes Ohr. - dachte Kilian, begleitete ein ruhiges Lied auf der Gitarre und empfing den Abendsegen.

Um 23.00 Uhr lagen alle in den Betten, es war erstaunlich ruhig und während der Team-Besprechung konnten sie in den klaren Sternenhimmel blicken. Plötzlich war es 24.00 Uhr. Freitag, der Dreizehnte war vergangen, ohne dass sich etwas Furchtbares ereignet hatte. Beruhigt ging Kilian Zähne putzen und schlafen.

Gegen 7.00 Uhr klingelte der Wecker. Er fühlte sich zerstört, hatte in der Nacht Alpträume gehabt, doch als er durch den sonnendurchfluteten Wald zum Waschhaus torkelte, erwachten seine Lebensgeister. Dies würde eine tolle Woche. Spätestens in der Unterrichtseinheit kamen ihm jedoch berechtigte Zweifel. Immer, wenn er etwas in die Runde fragte, auf Wortmeldungen wartete und in Fritjofs kalte Fischaugen blickte, lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken. Er wusste nicht genau warum, aber der Blick dieses Jungen ließ ihn frösteln, obwohl ihm doch eigentlich wegen der starken Hitze der Schweiß über die Rippen lief.

Noch vor dem Mittagessen suchte er die reinigende Kraft des Wassers, sprang in den See und schwamm bis zum anderen Ufer. In Rückenlage konnte er in den strahlend blauen Himmel blicken und das Wasser verschloss seine Ohren und blendete das Kreischen und Planschen am sich kontinuierlich entfernenden Strand aus. Allerdings verlor er beim Rückenschwimmen gern auch einmal die Orientierung und so kam er vom Kurs ab und wunderte sich, als er in die Bauchlage wechselte, dass das gegenüberliegende Ufer kaum näher gekommen war. Plötzlich packte ihn etwas am Fuß und hielt ihn fest. Er hielt dagegen, aber er kam nicht los. Die Angst explodierte unterhalb seines Brustbeins und schoss von da bis in die Finger- und Zehenspitzen. Sein Schädel drohte zu platzen. Er wollte um Hilfe schreien, aber er brauchte den Sauerstoff zum Überleben. Panisch schlug er mit den Armen um sich, um den Kopf über Wasser zu halten.
Fortsetzung folgt noch heute oder morgen.

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