Freitag, 2. Oktober 2020
Dumm gelaufen
„Was lange gärt, wird endlich Wut.“, sagte Carola und zog ihm von hinten das Paddel über den Schädel.

Wurde Zeit, dass Breisz den Thron räumte, der würde sich niemals ändern, da nützte auch keine erlebnispädagogische Teambuilding-Aktion. Ein Verwaltungschef, der zu faul ist, seine Unterlagen zu lesen, keinen Überblick hat und lediglich täglich mehrere Mitarbeitende in sein Büro zitiert, um irgendwen für das zusammenzufalten, was mal gerade wieder schief gelaufen ist, irgendwen, der dafür gar keine Verantwortung trägt, lässt Führungskompetenz offensichtlich deutlich vermissen. Doch die Mühlen der evangelischen Kirche mahlen langsam. Zu langsam. Zu träge und geduldig wird jahre- wenn nicht jahrzehntelang der Missstand nicht angegangen, der doch von so vielen beklagt wird.

Carola war zuerst ziemlich angefressen, dass sie mit dem Chef in ein Kanu musste. Er saß hinten und lenkte, was er offenkundig nicht sonderlich beherrschte, das war ja nichts Neues, aber lenken konnte Carola noch viel weniger, sie machte stattdessen die ganze Arbeit – wie immer. Dann hatte ihre Blase gedrückt. Sie hatte ihn gebeten, anzulegen, damit sie kurz im Gebüsch verschwinden konnte. Das hatte sie auch getan. Als sie zurückkam und seine fettige Glatze, gerahmt von den Bügeln seiner Designer-Brille in der Sonne glänzen sah, die geröteten Speckröllchen im ausrasierten Stiernacken, die runden, hängenden Bürohengst-Schultern, das alles wie ein Schandfleck auf der spätsommerlich, sonnendurchfluteten Flussidylle wirkte, da war es über sie gekommen. Sie hatte das Paddel mit ans Ufer genommen, um sich abzustützen. Jetzt war es die perfekte Waffe.

Wenn sie noch eine Woche gewartet hätte, hätte sie erlebt, wie Breisz von allen Verantwortlichkeiten freigestellt worden wäre. Seine Zeit war ohnehin abgelaufen, die Kündigung lag schon in der Schublade.

Dumm gelaufen, Carola.

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