Donnerstag, 2. November 2023
Spoiler 3 - nichts für Kinder
1959
Sie hatte schon wieder von dem Tier geträumt. Es war längst dazu übergegangen, nicht mehr in ihre Hand zu spucken, sondern an ihr Bein, die Hüfte oder den Po. Diesmal war aber alles trocken, nirgendwo Schleim, der nach alten Pilzen roch. Vielleicht - dachte sie - gewöhne ich mich langsam an den Alptraum und mache mir nicht mehr in die Hose und schmiere alles voll. Denn eines war ihr klar mit ihren immerhin schon neun Jahren: ein Tier, von dem man träumte, hinterließ keine Spucke im eigenen Bett. Das musste schon von ihr selbst stammen, wo auch immer das schleimige, stinkende Zeug heraus kam.
Sie versuchte gerade, wieder einzuschlafen, da öffnete jemand ihre Schlafzimmertür. Sie wollte fragen, wer das sei, aber eine entsetzliche Angst bewirkte, dass ihre Stimme versagte. Sie konnte sich nicht einmal bewegen. Sie lag nur atemlos da und bangte um ihr Leben. Das fahle Mondlicht schien durchs Fenster und sie erkannte die vertrauten Züge ihres Vaters. Doch er erschien so unwirklich, als hätte ein fremder Geist sich seiner bemächtigt. Er schlug ihre Decke zurück und legte sich zu ihr ins Bett. Warum tat er das? Als er begann, sich an ihrem Nachthemd zu schaffen zu machen, als sie ihn stöhnen hörte und seinen Atem roch, wusste sie es. Aber sie verstand es nicht. Es gab also kein Tier, es war kein Traum, es passierte wirklich und das Ungeheuer war ein Mensch, Fritz Vollweiter, ihr Vater. Doch sie begriff noch immer nicht, was er da tat. Sie blieb nur still liegen und wartete, dass es vorbei ging. Er brauchte nicht lange. Und als er ging, rann seine Monsterspucke ihren Schenkel hinunter. Sie nahm ihr Taschentuch und wischte sich damit sauber. Doch was sollte sie ihrer Mutter erzählen, wenn die beim nächsten Mal über die Flecken im Laken schmipfte?

Fortsetzung folgt

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Das ist zwar sehr gut geschrieben, war aber jetzt keine gute Nacht Lektüre für mich, sondern macht mich sehr traurig und sauer zugleich, weil ich weiß, dass so etwas Furchtbares tatsächlich täglich passiert.

Trotz dem ist es gut, auch solche Themen anzusprechen und so deutlich zu schreiben, wie sich ein unschuldiges Kind in und wegen einer solchen Situation fühlt. Von daher Hut ab vor Ihrem Mut!

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Danke Genium, für die Rückmeldung. Ich bin tatsächlich unsicher, ob das so gut ist, weil solche Texte ja auch triggern oder unangenehme Zeitgenossen auf üble Gedanken bringen können. Am Ende geht es mir aber um einen Erklärungsversuch, ohne den Schritte zur Prävention m.E. weniger funktionieren.

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Sehr gerne. Das Thema passt auch gut zu meinem, denn ich beschäftige mich schon länger mit der Frage, warum einige Menschen (derartig) böse Taten begehen und andere nicht, doch eine Antwort darauf zu finden, ist gar nicht so einfach.

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Hat vielleicht auch mit glücklichen und unglücklichen Fügungen zu tun. Wir müssen uns ja täglich zwischen gut und böse entscheiden. Das wird ja nicht unwesentlich von den äußeren Bedingungen beeinflusst, die Außenstehende oft gar nicht wahrnehmen.

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Das stimmt, die äußeren Bedingungen haben einen großen Einfluss darauf, wie sich Menschen entwickeln, aber sie sind nicht die einzigen Aspekte. Ich gehe jedenfalls stark davon aus, dass auch die Charaktereigenschaften viel dazu beitragen, ob sich ein Mensch für das Gute oder Böse entscheidet.

Was Ihren neuesten Krimi betrifft, bin ich jedenfalls schon sehr gespannt, wie es weiter geht.

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Danke, das ist allerdings nur die "Recherche", also die Geschichte hinter der Geschichte

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Das Wort "Recherche" deutet darauf hin, dass es sich hierbei um eine wahre Geschichte handelt. Ist das so? Ich dachte nämlich, dass Sie von fiktiven Peronen schreiben würden.

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Nein die Geschichte ist fiktiv. Aber man spricht auch von Recherche, wenn man zuerst den Hintergrund konstruiert, damit man beim Spinnen der Handlung nicht sämtliche Fäden verliert. Bei einer wahren Geschichte hat man die Details (Namen, Orte, Abfolge der Ereignisse) ja in der Erinnerung. Bei einer ausgedachten Geschichte muss man diesen Hintergrund erst erschaffen.

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