Dienstag, 19. September 2017
Lyrische Woche auf Kurzkrimi e.V. wird täglich aktualisiert
MORGENS GELESEN, ABENDS VERGESSEN – FREI NACH BERT BRECHT
Der, an den ich glaube
hat mir gesagt,
dass er mich nicht braucht.

Darum gebe ich auf,
Leichen pflastern meinen Weg
und ich wünsche von jedem Regentropfen,
dass er mich erschlagen möge.


FAST EIN ELFCHEN

Ruchlos
das Luder
wie die rumläuft
in ihrem kleinen Schwarzen
die Pfarrerin


PAARREIM

Sie fanden sich alle beim CVJM,
im Chor, bei der Jungschar und bei der Band.
Sie fuhren ans Meer, sie schliefen im Zelt,
sie eroberten einander und gemeinsam die Welt.

Tonja hat sich in Marco verliebt
und hat ihn am Ende tatsächlich gekriegt.
Luna war auch voll scharf auf ihn,
aber schließlich war alle Hoffnung dahin.

Luna mochte nur noch zu Boden blicken,
da kam Jasper vorbei, zum Reste ficken,
jetzt hat sie den kraftlosen Säufer am Hals
und wird vermutlich mit ihm alt.

Sören hat Jana schon dreimal verlassen,
irgendwann wird sein Bild wohl ganz verblassen
und Sina ist froh, dass er sie verschmähte,
als sie sich noch so sehr nach ihm sehnte.

Nur bei Karen und Jan lief gleich alles glatt,
ein Glück, das wirklich nicht jeder hat.
Doch so geht es denen im perfekten Leben,
irgendwann muss das Pech auch an ihnen kleben.

Und dann klebt es so sehr und geht nicht mehr ab
und Jan legt weinend die Karen ins Grab.
Tonja, Marco und Luna fragen warum
Jasper, Jana und Sina blicken nur stumm.

Sören ist nicht gekommen, das ist ein Skandal.
Nicht wegen Jana, der ist das egal.
Aber wegen der Freundschaft, die alle verband.
War er nicht sogar mit Karen verwandt?

Was niemandem auffällt und das ist fatal,
ist das Fehlen von Raimund, dem alten Schakal.
Es lief aus dem Ruder, niemand hat was gesehn.
Er putzt seine Harley und alles ist schön.



HEILIGES SONETT NR 2

Die Sonntagspredigt war so gut
so schön das Feierabendmahl
und auch der Chor phänomenal,
der Küster liegt in seinem Blut.

Die Kirchmeisterin so elegant
wie sie im engen Rock nach vorne schritt
auf den grazilen Pumps zum Altar glitt
ich hätt' sie beinah nicht erkannt.

Der Nagellack, der steht ihr gut.
Die Dame war zur Maniküre,
woher kommen denn die Allüren?
Der Küster liegt in seinem Blut.

„Ach Gott“, fragt da die Dame keck,
„Wer macht denn jetzt den Mist hier weg?“



PFARRKONFERRENZ IN ALPHABETHISCHER REIHENFOLGE

Der Benedikt ist ein Charmeur,
ein rechter real wo-men-ni-zer,
er macht den Weibern gern den Hof,
das findet Berti machmal doof.
Auch Bertis Marktwert liegt weit oben,
ist auch charakterlich zu loben.
Nie würd' er einem Menschen sagen,
an ihm sei vieles zu beklagen
und dass er ihn nicht aussteh'n kann.
Nicht mal Britgitte Linnemann.
Die kann das auch nicht, jedoch bei ihr
ist Angst, nicht Güte der Grund dafür.
Den Clemens fürchtet sie am meisten.
Das stört den nicht, der will nur beißen,
es gibt nur eins, wofür er brennt:
er wär gern Superintendent.
In Dagmars Träumen ist er der Geist,
der ihr stets zeigt, was Ekel heißt.
Den Detlev hat sie da schon lieber,
der hat den Eberhard auf dem Kieker,
denn dass der Dreck am Stecken hat,
das stinkt zum Himmel, in der Tat.
Eberhard kämpft um sein Renommée,
Dabei war es seine Idee,
die den Kirchenkreis zum Leuchten brachte,
doch auch Kollegen neidisch machte.
Der Eberhard nichts zu lachen hätt',
wär' da nicht die Elisabeth.
Die lacht ganz freundlich und merkt nicht viel,
als wär' der Kirchenkreis ein Spiel
und sie Prinzessin gute Fee.
Das tut dem Fred schon ziemlich weh.
Denn wenn er eines nicht erträgt,
ist das weibliche Naivität.
Obwohl er schon in Anspruch nimmt,
dass man ihm Respekt entgegenbringt,
denn schließlich ist er Theologe,
kein Prol, kein Honk, kein Pädagoge.
In dem Job, den der Gisbert macht,
hätte er auch mehr gebracht.
Doch weiß er, dass man ihn nicht wählt,
weil er kaum lächelt und nichts erzählt.
Gisbert kann das etwas besser,
ist aber auch ein großer Esser.
Das bringt ihm manchmal Häme ein,
er schweigt darob und wahrt den Schein.
Heiko macht ihm keinen Stress,
der sagt, was sein muss, schweigt zum Rest,
ist still und freundlich, stets, zu allen,
nur Jesko möcht' er eine knallen,
der quatscht nur selbstverliebten Mist
und geht dem Jochen auf den Rist.
Jochen hat auch nicht viel zu bieten,
allerdings mehr als solche Nieten
wie Norbert der sich weise wähnt
und quakt, bis Siemke leise gähnt,
Vielleicht kommt daher diese Miene
als ob ihr nie die Sonne schiene.
Vielleicht ist es auch Sigmars Fratze,
der käm' gerne auf die Matratze,
egal auf welche nun genau,
Hauptsache die von einer Frau.
Der Steffen kann nur müde lächeln,
hört noch die Konfirmandin hecheln,
die ihn sosehr bewunderte,
ach davon gab es hunderte.
Es war so leicht sie zu begeistern
er ließ sie Fenster farbig kleistern.
Fängt Steffen an, davon zu reden,
würd' Tanja sich gern übergeben.
Steffen hängt ihr zum Hals heraus,
Thea steckt ihm die Zunge raus.
Da muss sogar die Xenia schmunzeln,
viel zu selten, daher die Runzeln.
Und wenn schließlich der Abschied naht,
Im Namen dessen, der da sagt:
„Ich bin der Anfang und das Ende“
dann reichen alle sich die Hände.
Voll Wärme und geschwisterlich,
denken dabei „Ich ficke dich!“

HOLY SONETT No 1

A parson asked a confirmand
to fetch some books a young boy needs
he gave him lemonade and sweets
and finally a weird command.

The boy threw up the sweets he ate
his tears ran hot, his sweat was cold
his young-boy-legs were feeling old
His empty tummy full of hate.

The boy felt ridden like a horse
thoughts of revenge and feeling shame
finally he changed the game.
The parson was full of remorse.

No more commands, but charity:
A long deep sleep in eternity.


FREI NACH HEINRICH HEINE ;-)

Ein Mädchen liebt einen Pfarrer
der ist aber schon vergeben.
Das Mädchen schließt davor die Augen,
sie will ohne ihn nicht leben.

Die Pfarrfrau ist schön und beliebt,
gesegnet mit reizenden Söhnen.
Das Mädchen ist eher beleibt,
wofür sie stets alle verhöhnen.

Mit Yoga formte die Pfarrfrau
den Körper und pflegt ihre Zähne
gestaltet Keramik in blau,
das Mädchen schmiedet Pläne.

Am Ende haben alle verloren
eine Tote, ein Witwer, zwei Waisen,
ein Mädchen mit Wachs in den Ohren
will sich noch immer beweisen:

Er wäre schon längst mein Eigen,
hätt' ich mich klug angestellt.
Die Einsamkeit wird ihm zeigen:
er ist nur für mich auf der Welt.

Es ist eine blöde Geschichte,
so überflüssig und krank.
Sie wird immer seltener
und verschwindet, dem Himmel sei Dank.

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Darf ich sie was fragen. Und zwar was ist wenn sie auch mal außer-kirchlich wenn sterben lassen oder ihr Biotop erweitern und verbreitern. Die größte Glaubensgruppe in Deutschland sind ja die nicht oder unbestimmt Gläubigen. Ich scheitere nie an ihrer Schreibkunst eher am Biotop.

Sie können ja richtig schreiben. So bei den ganz spannenden Krimis in der Glotze da kommt meistens einer von weit außen und stößt in das religiöse Biotop vor. In der Glotze wurde in einer Serie ein Kinderficker bei Mönchen einquartiert.

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@ imperialist
ich kann auch anders :-) Habe gerade einen Dorfkrimi veröffentlicht und auch der davor war nicht so kirchi. Aber das hier ist Kurzkrimi ev., da steht ev. für evangelisch, das ist das Profil des Blogs. Ab und zu streife ich das Kirchliche aber auch so periphär, dass es kaum noch wahrnehmbar ist.
Aber ich nehme Ihren Einwand sehr ernst und schau mal, ob ich nicht gelegentlich ins Profane abgleiten sollte. Wird ja auch für mich irgendwann langweilig.

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Nicht mal ins Profane. Ihr Traum ist es ja nur noch zu schreiben. Von der warte aus betrachte sehe ich es. Dann wäre es doch recht ordentlich, wenn man die Lebenswirklichkeit der Figuren vergrößert. Finde ich zumindest. Weil wenn zu ev. wird verstehe ich gewisse Dinge einfach nicht mehr. Das neigt dazu zu hermetisch zu sein.

So mein Eindruck. Dass bedeutet jetzt nicht dass ich Ahnung habe.

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Ich ...
... finde diese "Offenbarung" überraschend, Cristina und wäre neugierig auf die Hintergründe, sich im eigens erstellten Blog beschränken zu wollen.

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Ach,
das ist weniger eine Selbstbeschränkung als die Idee etwas zu schreiben, was ich auf dem Buchmarkt trotz akribischer Suche nicht gefunden habe. Außerdem regt mein beruflicher Alltag und viele private Erinnerungen aus meiner Zeit als Ehrenamtliche täglich meine Phantasie an. Ich sitze nicht da und überlege, worüber ich denn mal schreiben könnte, das ist alles Konfliktverarbeitung :-)
Mit Kurzkrimi ev. wollte ich ursprünglich Leser für meinen ersten Buchkrimi ködern, eine Mordserie in einem provinziellen Kirchenkreis. Das mit der Werbung funzt bis jetzt nicht so richtig, aber bloggen macht Spaß. Mittlerweile fühlt sich der Blog wie ein Kotten in einem virtuellen Dorf an. Wir kommen uns gegenseitig besuchen und tratschen ein bisschen. Noch macht es mir Spaß ausschließlich im kirchlichen Umfeld zu marodieren. Wenn ich damit aber langfristig Leserinnen und Leser verliere, sollte ich mal die Themenerweiterung angehen. Ich kann aber nicht Politthriller oder Krankenhausschocker, da müsste ich zu viel recherchieren und dafür fehlt mir die Zeit.

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Ja ...
... Recherchen und Dialoge schrecken mich bisher auch ab, mich an einem Roman zu versuchen.
Viel zu viel Arbeit.

Nur das ev hätte ich nie als evangelisch eingeordnet, sondern als Anspielung auf eingetragener Verein, oda so.

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Du bist doch immer für eine Überraschung gut!
Jetzt bist du auch noch unter die Lyrikerinnen gegangen. Sehr schön! Mord als schöne Kunst betrachtet sollte ja auch dementsprechend ab und zu mal volle Kanne ästhetisiert werden! Jetzt muss ich aber Heinrich Heine googeln, damit ich später wieder einen auf gebildet machen kann. ;)

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@ dreadpan
Aber kennst Du das Original von Heine nicht? Das geht so:
Ein Jüngling liebt ein Mädchen,
das hat einen Anderen erwählt.
Der Andere liebt eine Andere
und hat sich mit dieser vermählt.
Das Mädchen heiratet aus Ärger
den ersten besten Mann,
der ihr über den Weg läuft.
Der Jüngling ist übel dran.

Es ist eine alte Geschichte,
doch ist sie immer neu,
und wem sie just passiert ist,
dem bricht das Herz entzwei.

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Das erinnert mich daran ...
... ich habe den Dorfkrimi ja noch gar nicht fertig gelesen ... so ein Ding. War wohl der Umzug mit den Nachwehen, der mich davon abgebracht hat.

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Warum ...
... kann man nicht einzeln kommentieren?
Fände ich besser, weil mir nicht alles gleich gut gefällt, bzw. mein Allgemeinwissen zu den Hintergründen zu gering ist.
Aber der Paarreim hat mir, bis auf vereinzelte "unrunde" Stellen, die ich vielleicht aber auch nur falsch betonte, richtig gut gefallen.
Erinnert mich an Peter Gabriel.
https://www.youtube.com/watch?v=gSVcza3hk2c

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@albern
danke für den Vergleich mit Peter Gabriel, aber das ist sicher zu viel der Ehre. Ich kannte das Lied gar nicht.
Unrunde Stellen sind mir ehrlich gesagt egal, das ist ja keine ernstzunehmende Lyrik, das geht mehr so in Richtung Satire und da liegt in der Unrundheit ja gelegentlich eine gewisse Komik.
Am Freitag lade ich wieder was zum einzeln kommentieren hoch , die Gedichte wollte ich gern in einem Beitrag sammeln. Du musst die ja nicht alle noch einmal lesen, das Aktuellste steht immer oben.

Und dann würde sich am Freitag eigentlich direkt der nächste Kirchenkrimi anschließen, aber auf die mehrfach geäußerte Bitte um Dunstkreiserweiterung werde ich ausnahmsweise mein Biotop verlassen und aus aktuellem Anlass einen wahrhaft gottlosen Krimi dazwischen schieben ;-)

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Für mich ...
... wäre es an Deiner Stelle Zeit, sich von diesem (aus meinen Augen seltsamen) Projekt der alleinigen Kirchenmorde zu verabschieden und Dein ganzes buntes Potpourrie an Können und Schreiblust mit uns zu teilen.
Schön bunt, wie es gerade herkommt, durcheinander wie ein Strauß Feld- und Wiesenblumen.

Ansonsten hoffe ich, der Peter (ohne le, dafür mit Gabri-el) hat Dir gefallen.

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Die Seltsamen
entspringen aus seltenen Samen.
Peter Gabriel ist schon okay, allerdings hab' ich früher eher Phil Colins gehört oder die neueren Sachen von Genesis. Ich war aber, was Musik betrifft schon immer recht wahllos, abgesehen von den Beatles, Dire Straits Bettina Wegner und Hannes Wader, die ich in den 80ern favorisierte und Gianna Nannini, die ich in den späten 90ern für mich entdeckte. Ich hörte fast alles außer Mutantenstadel, heute nervt mich diese Konservenbeschallung die meiste Zeit, ich mache dann lieber selber Krach :-)

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Breites ...
... Spektrum.
Ich bin ja unmusikalisch und nur Hörer.
Das aber nicht zu, sondern weit offen.

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Hahahahaha
Phil Collins. Habe ich die ersten drei Solo-CDs rauf und runter gehört. Bei ebay wollte sie dann aber keiner mehr haben.

Meinen ersten Sex hatte ich übrigens auch auf ner christlichen Jugendfreizeit. Ich war fünfzehn und er war siebzehn. Hinterher haben wir dann aber nicht mehr drüber gesprochen.

Hannes Wader wär ich auch gerne. Der hat mit siebzige noch zwanzigjährige Groupies in die Kiste gekriegt. Das Groupie kenn ich persönlich, die ist echt ein Hingucker! Anhören tu ich mir das Zeuch aber nicht. ;)

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Was für Abgründe, Dreadpan, was für Abgründe... ;-)
Und wie man sieht: Die Kirche ist eine schier unerschöpfliche Quelle an kriminalistischen Inspirationen und hat so viele Millieus im Millieu, dass es nie langweilig wird. Trotzdem, heute mal was kirchenfernes. Siehe oben.

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