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Freitag, 8. Dezember 2017
Alarm wegen Killerkeimen – ein Millieu-Kurzkrimi
c. fabry, 15:10h
„Aber wir müssen mehr werden!“, ruft Edeltraut.
„Ja“, unterstützt sie Bernhard. „Wachsen gegen den Trend. Schließlich wissen wir, für wen wir das alles tun.“
„Für das Leben.“, haucht Edeltraut
„Papperlapapp!“, geht Oskar dazwischen. „Ohne grundlegende Umbauarbeiten, brauchen wir hier gar nicht weitermachen. Hier muss alles raus und dann muss das ganz neu ausgestattet werden. Das ist mir hier alles viel zu fungiphil.“
„Jetzt geht der schon wieder auf die Pilze los.“, beklagt sich Henriette. „Wir dienen doch alle dem gleichen Zweck: dem Leben!“
„Pilze dienen nicht dem Leben!“, echauffiert sich Oskar. „Sie sind unsere Feinde, hast Du das immer noch nicht begriffen? Oder was glaubst Du, woraus der Zerstörer sich zusammensetzt? Aus Säuren oder Laugen? Nein, es sind die Pilze, die uns vernichten – so wie sie auch jedes andere Leben zugrunde richten. Sie sind nicht tierisch und nicht pflanzlich, sie sind einfach nur eine Ausgeburt des Bösen!“
„Hausgeburt des Bösen?“, hakt Herbert zittrig nach. Sein endoplasmatisches Reticulum ist ständig verstopft. Er hat aber auch schon jede Menge Umzüge hinter sich, im Gegensatz zu Henriette, die hier geboren wurde. Herbert wird ignoriert, es kann sich nur noch um Stunden handeln, bis er endgültig ausgeschieden wird.
„Die Frage ist.“, überlegt Edeltraut. „Was wir tun können, um die große Halle zu füllen, in der wir Wenigen uns verlaufen und dann womöglich keine Partner finden.“
„Jetzt übertreibst du aber, Edeltraut.“, sagt Gudula. Gudula ist auch schon zwei mal umgezogen, aber noch äußerst rüstig. „Mit dem Wirt muss man verantwortungsvoll umgehen. Er kann zu viele von uns gar nicht verkraften.“
„Ach, du immer mit deinem Nachhaltigkeitsgequatsche.“, geht Oskar unwirsch dazwischen. „Ich habe die Jungs vom jüngst zugezogenen Trupp angewiesen, reichlich Reizstoffe zu produzieren, damit der Wirt geeigneten Nachschub liefert. Die Neuen sind ziemlich vital, obwohl das hier auch nicht ihr erstes Domizil ist.“
Etwas später rast Edeltraut aufgeregt durch die Flora: „Oh ist das schön, so viele junger Nachwuchs und so schnell. Jetzt können wir endlich einen Chor gründen, bei soviel Leben in der Bude und wenn unsere Freunde von außen das hören, werden sie alles stehen und liegen lassen und einen Weg finden, dazu zu kommen!“
„Merkst du eigentlich noch irgendwas?“, regt Gudula sich auf. „ Der Wirt liefert kaum noch Nahrung, der kommt einfach nicht hinterher bei so vielen Bewohnern. Und dann kommt ja noch dazu, dass Leute wie du oder Oskar alles tun, damit wir schön unter uns bleiben. Ihr geht ja nicht nur auf die Pilze los. Die Rechtsdrehenden werden systematisch von den Futterplätzen verdrängt, von den Fettaufspaltenden mal ganz zu schweigen. Ich langweile mich hier zu Tode und niemand da, mit dem man ein paar nette Mutationen initiieren kann, außer diese gegen alles gefeiten Erfolgstypen, die sich hier reihenweise breit machen.“
„Ach jetzt hab' dich nicht so, Gudula.“, versucht Edeltraut sie zu beschwichtigen. „Wir machen es uns eben zusammen schön, und wenn dir das nicht gefällt – du weißt ja wo der Ausgang ist.“
DreiTage später: „Wie furchtbar!“, keucht Eldetraut. „Hier ist alles voller Pilze, mir ist schon ganz elend, ich kann kaum noch Nährstoffe aufnehmen. Wenn das so weiter geht, bin ich bald nur noch tote Biomasse.“
„Ja, so geht es eurer Generation.“, feixt der multiresistente Xavier. „Einfach keine Steherqualitäten. Aber mach dir nichts draus, wir dienen ja alle dem Leben. Auch wenn es für dich nun zu Ende geht, das Leben geht weiter, dafür sorgen wir.“
Fünf Tage später: „Hier oben ist auch alles voller Leichen!“, schreit Sabine mit letzter Kraft. Ich habe Rückstände von Pilzen gefunden, aber alle Nahrungsquellen sind heillos überlaufen!“
„Das bringt die Überbevölkerung so mit sich!“, grantelt Stefan. „Die Linksdrehenden haben alles belagert. Was ich nur nicht verstehe, ist die Tatsache, dass der Wirt kaum noch Nahrung liefert.“
„Vermutlich ist er erkrankt.“, mutmaßt Sabine.
„Wie kommst du darauf?“, fragt Stefan.
„Wenn ein Wirt erkrankt, verlangsamt sich seine Aktivität und es kann zu Versorgungsengpässen kommen. Das haben meine Eltern mir erzählt. Die Frage ist nur, was ihn krank gemacht hat. Vielleicht die Pilze?“
„Das kann sein.“, überlegt Stefan. „Aber wie sind die Pilze in den Nahrungstrakt gelangt?“
„Sie kamen kurz nach den Mutiresistenten. Ich glaube, die stecken unter einer Decke.“
„Aber die Multiresistenten sind doch auch Bakterien. Was haben die mit Pilzen zu schaffen?“
„Sie haben sich mit dem Bösen verbündet. Die Pilze schaden ihnen ja nicht. Sie hätten vielleicht nicht Fuß fassen können, wenn die Linksdrehenden sie nicht eingeschleppt hätten. Die Linksdrehenden wollten sich richtig festsetzen, alles sollte sich nur nach ihren Bedürfnissen richten. Es war vor allem Oskar, der die Multiresistenten unterstützt hat. Aber so viele Bakterien produzieren mehr Fäkalien, als ein Wirt vertragen kann. Ihre Ausscheidungen und die vielen Kadaver überschwemmen seine Organe und verstopfen alle möglichen Straßen. Er wird in Kürze sterben und dann haben wir hier keine heilige Halle mehr, dann sind wir in der Hölle angekommen und wenn wir nicht verhungern, ersticken wir. Wir müssen hier raus, bevor es zu spät ist und so viele retten, wie wir können.“
„Alles klar.“, keucht Sabine und schlägt Alarm.
„Ich gehe hier nicht mehr weg.“, flüstern Edeltraut mit letzter Kraft. „Hier bin ich aufgewachsen, hier will ich sterben. Das Leben wird weitergehen, auch ohne mich.“
„Wo ist eigentlich Oskar?“, fragt Sabine. Aber Edeltraut kann sie nicht mehr hören, sie beginnt bereits, sich zu zersetzen.
„Oskar ist in einer Flatulenzblase auf dem Weg nach unten.“, erklärt Gudula. „Er hat längst gewittert, dass es mit Klaus-Bärbel zu Ende geht und macht sich aus dem Staub.“
„Das ist auch das einzig Richtige.“, erwidert Sabine. „Aber von hier aus kommen wir schneller über den Magen nach draußen. Wir brauchen nur Verstärkung, damit wir genug Schub auslösen können, um nach draußen zu gelangen.“
Am Ende sammeln sie genug Einzeller um sich, um die notwendigen Kontraktionen in Klaus-Bärbels Magen auszulösen. Sie schaffen es mit dem letzten Erbrochenen nach draußen. Xavier schafft es natürlich auch, er gelangt direkt in den nächsten Wirt. Wie durch ein Wunder kommt im richtigen Moment eine Stubenfliege und Sabine und Stefan heften sich an ihre Fersen. Von dort gelangen sie direkt in eine geeignete Nährflüssigkeit, die schon bald vom nächsten Wirt aufgenommen wird.
„Es ist ein Wunder, dass wir das mit heiler Haut überlebt haben.“, bemerkt Sabine. „Und das obwohl Wunder immer Seltener werden. Der Zerstörer wird immer stärker. Ich befürchte er wird bald die Oberhand gewinnen.“
„Das liegt nicht am Zerstörer.“, erklärt Stefan. „Ich kann es nicht genau erklären, aber ich bin mir trotzdem sicher: Es liegt an den Wirten.“
„Ja“, unterstützt sie Bernhard. „Wachsen gegen den Trend. Schließlich wissen wir, für wen wir das alles tun.“
„Für das Leben.“, haucht Edeltraut
„Papperlapapp!“, geht Oskar dazwischen. „Ohne grundlegende Umbauarbeiten, brauchen wir hier gar nicht weitermachen. Hier muss alles raus und dann muss das ganz neu ausgestattet werden. Das ist mir hier alles viel zu fungiphil.“
„Jetzt geht der schon wieder auf die Pilze los.“, beklagt sich Henriette. „Wir dienen doch alle dem gleichen Zweck: dem Leben!“
„Pilze dienen nicht dem Leben!“, echauffiert sich Oskar. „Sie sind unsere Feinde, hast Du das immer noch nicht begriffen? Oder was glaubst Du, woraus der Zerstörer sich zusammensetzt? Aus Säuren oder Laugen? Nein, es sind die Pilze, die uns vernichten – so wie sie auch jedes andere Leben zugrunde richten. Sie sind nicht tierisch und nicht pflanzlich, sie sind einfach nur eine Ausgeburt des Bösen!“
„Hausgeburt des Bösen?“, hakt Herbert zittrig nach. Sein endoplasmatisches Reticulum ist ständig verstopft. Er hat aber auch schon jede Menge Umzüge hinter sich, im Gegensatz zu Henriette, die hier geboren wurde. Herbert wird ignoriert, es kann sich nur noch um Stunden handeln, bis er endgültig ausgeschieden wird.
„Die Frage ist.“, überlegt Edeltraut. „Was wir tun können, um die große Halle zu füllen, in der wir Wenigen uns verlaufen und dann womöglich keine Partner finden.“
„Jetzt übertreibst du aber, Edeltraut.“, sagt Gudula. Gudula ist auch schon zwei mal umgezogen, aber noch äußerst rüstig. „Mit dem Wirt muss man verantwortungsvoll umgehen. Er kann zu viele von uns gar nicht verkraften.“
„Ach, du immer mit deinem Nachhaltigkeitsgequatsche.“, geht Oskar unwirsch dazwischen. „Ich habe die Jungs vom jüngst zugezogenen Trupp angewiesen, reichlich Reizstoffe zu produzieren, damit der Wirt geeigneten Nachschub liefert. Die Neuen sind ziemlich vital, obwohl das hier auch nicht ihr erstes Domizil ist.“
Etwas später rast Edeltraut aufgeregt durch die Flora: „Oh ist das schön, so viele junger Nachwuchs und so schnell. Jetzt können wir endlich einen Chor gründen, bei soviel Leben in der Bude und wenn unsere Freunde von außen das hören, werden sie alles stehen und liegen lassen und einen Weg finden, dazu zu kommen!“
„Merkst du eigentlich noch irgendwas?“, regt Gudula sich auf. „ Der Wirt liefert kaum noch Nahrung, der kommt einfach nicht hinterher bei so vielen Bewohnern. Und dann kommt ja noch dazu, dass Leute wie du oder Oskar alles tun, damit wir schön unter uns bleiben. Ihr geht ja nicht nur auf die Pilze los. Die Rechtsdrehenden werden systematisch von den Futterplätzen verdrängt, von den Fettaufspaltenden mal ganz zu schweigen. Ich langweile mich hier zu Tode und niemand da, mit dem man ein paar nette Mutationen initiieren kann, außer diese gegen alles gefeiten Erfolgstypen, die sich hier reihenweise breit machen.“
„Ach jetzt hab' dich nicht so, Gudula.“, versucht Edeltraut sie zu beschwichtigen. „Wir machen es uns eben zusammen schön, und wenn dir das nicht gefällt – du weißt ja wo der Ausgang ist.“
DreiTage später: „Wie furchtbar!“, keucht Eldetraut. „Hier ist alles voller Pilze, mir ist schon ganz elend, ich kann kaum noch Nährstoffe aufnehmen. Wenn das so weiter geht, bin ich bald nur noch tote Biomasse.“
„Ja, so geht es eurer Generation.“, feixt der multiresistente Xavier. „Einfach keine Steherqualitäten. Aber mach dir nichts draus, wir dienen ja alle dem Leben. Auch wenn es für dich nun zu Ende geht, das Leben geht weiter, dafür sorgen wir.“
Fünf Tage später: „Hier oben ist auch alles voller Leichen!“, schreit Sabine mit letzter Kraft. Ich habe Rückstände von Pilzen gefunden, aber alle Nahrungsquellen sind heillos überlaufen!“
„Das bringt die Überbevölkerung so mit sich!“, grantelt Stefan. „Die Linksdrehenden haben alles belagert. Was ich nur nicht verstehe, ist die Tatsache, dass der Wirt kaum noch Nahrung liefert.“
„Vermutlich ist er erkrankt.“, mutmaßt Sabine.
„Wie kommst du darauf?“, fragt Stefan.
„Wenn ein Wirt erkrankt, verlangsamt sich seine Aktivität und es kann zu Versorgungsengpässen kommen. Das haben meine Eltern mir erzählt. Die Frage ist nur, was ihn krank gemacht hat. Vielleicht die Pilze?“
„Das kann sein.“, überlegt Stefan. „Aber wie sind die Pilze in den Nahrungstrakt gelangt?“
„Sie kamen kurz nach den Mutiresistenten. Ich glaube, die stecken unter einer Decke.“
„Aber die Multiresistenten sind doch auch Bakterien. Was haben die mit Pilzen zu schaffen?“
„Sie haben sich mit dem Bösen verbündet. Die Pilze schaden ihnen ja nicht. Sie hätten vielleicht nicht Fuß fassen können, wenn die Linksdrehenden sie nicht eingeschleppt hätten. Die Linksdrehenden wollten sich richtig festsetzen, alles sollte sich nur nach ihren Bedürfnissen richten. Es war vor allem Oskar, der die Multiresistenten unterstützt hat. Aber so viele Bakterien produzieren mehr Fäkalien, als ein Wirt vertragen kann. Ihre Ausscheidungen und die vielen Kadaver überschwemmen seine Organe und verstopfen alle möglichen Straßen. Er wird in Kürze sterben und dann haben wir hier keine heilige Halle mehr, dann sind wir in der Hölle angekommen und wenn wir nicht verhungern, ersticken wir. Wir müssen hier raus, bevor es zu spät ist und so viele retten, wie wir können.“
„Alles klar.“, keucht Sabine und schlägt Alarm.
„Ich gehe hier nicht mehr weg.“, flüstern Edeltraut mit letzter Kraft. „Hier bin ich aufgewachsen, hier will ich sterben. Das Leben wird weitergehen, auch ohne mich.“
„Wo ist eigentlich Oskar?“, fragt Sabine. Aber Edeltraut kann sie nicht mehr hören, sie beginnt bereits, sich zu zersetzen.
„Oskar ist in einer Flatulenzblase auf dem Weg nach unten.“, erklärt Gudula. „Er hat längst gewittert, dass es mit Klaus-Bärbel zu Ende geht und macht sich aus dem Staub.“
„Das ist auch das einzig Richtige.“, erwidert Sabine. „Aber von hier aus kommen wir schneller über den Magen nach draußen. Wir brauchen nur Verstärkung, damit wir genug Schub auslösen können, um nach draußen zu gelangen.“
Am Ende sammeln sie genug Einzeller um sich, um die notwendigen Kontraktionen in Klaus-Bärbels Magen auszulösen. Sie schaffen es mit dem letzten Erbrochenen nach draußen. Xavier schafft es natürlich auch, er gelangt direkt in den nächsten Wirt. Wie durch ein Wunder kommt im richtigen Moment eine Stubenfliege und Sabine und Stefan heften sich an ihre Fersen. Von dort gelangen sie direkt in eine geeignete Nährflüssigkeit, die schon bald vom nächsten Wirt aufgenommen wird.
„Es ist ein Wunder, dass wir das mit heiler Haut überlebt haben.“, bemerkt Sabine. „Und das obwohl Wunder immer Seltener werden. Der Zerstörer wird immer stärker. Ich befürchte er wird bald die Oberhand gewinnen.“
„Das liegt nicht am Zerstörer.“, erklärt Stefan. „Ich kann es nicht genau erklären, aber ich bin mir trotzdem sicher: Es liegt an den Wirten.“
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