Dienstag, 16. April 2019
Es könnte aber auch…
„Es könnte aber auch ein als islamistischer Terroranschlag getarnter Angriff von rechts sein.“, meint Sonja.
„Meinst du?“, fragt Keller. „Ich denke eigentlich, so perfide sind die nicht, die haben zu wenig helle Köpfe in ihren Reihen. Um so viele Ecken zu denken, gelingt den Allerwenigsten.“
„Wenn du sie da mal nicht unterschätzt.“, erwidert Sonja. „Immerhin haben sie es in den Vierzigerjahren geschafft, sechs Millionen Juden zu vernichten und unglaublich vielen Leuten vorzugaukeln, sie seien rechtschaffen und anständig. Wenn das nicht perfide war.“
„Du meinst also, die opfern ein paar evangelische Christen, die sowieso nicht auf ihrer Seite sind, schieben es den Islamisten in die Schuhe und haben gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen?“
„Genau. Und für so einen Plan muss man noch nicht einmal besonders intelligent sein. Ein wenig Bauernschläue reicht vollkommen aus.“
„Aber es gibt überhaupt keine Anhaltspunkte für rechte Hintermänner. Wir haben nur die Aussage einer Verrückten, die ein paar bärtige, dunkle, fremdländisch sprechende Männer mit Kopfbedeckung gesehen haben will.“
„Also eigentlich auch keine Veranlassung nach islamistischen Terroristen zu fahnden.“
„Nee, nicht wirklich, aber ich würde es ungern ausschließen, ebensowenig wie die Nazis, die sind ja schon öfter mit der perversen Nummer durchgekommen und unsere Kollegen hatten die Schwarzköpfe im Visier, Beispiel NSU.“
„Eben.“
„Kannst du da ein bisschen stöbern?“
„Ich weiß nicht wo ich anfangen sollte, aber ich kann die Information weiter geben, dass hier ein weiterer Verdachtsfall vorliegt. Vielleicht gibt es ja einen Zufallstreffer.“
„Danke, Sonja.“
„Immer gern. Und in welche Richtung ermittelst du jetzt weiter?“
„Der Kirchmeister aus der Neustadt hat gefehlt.“, erklärt Keller. „Die haben eine denkmalgeschützte Kirche, die Unsummen ihres Gemeindetats verschlingt. Ich werde mal der Finanzverwaltung auf den Zahn fühlen.“

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Montag, 15. April 2019
Es ist nicht ausgeschlossen, dass...
Sieglinde Lomax wurde tatsächlich im Inneren einer großen Kirche gefunden, schlotternd vor Angst in einer dunklen Ecke hinter dem Altar. Sie sprach die ganze Zeit von Teufeln die hinter ihr her seien, sie war nur 400 Meter vom Tatort entfernt, der Zusammenhang lag nahe.
Aber sie trug die Kleidung, mit der sie sich aus der Einrichtung entfernt hatte, wies keinerlei Blutspuren auf und hatte auch nichts bei sich, was als Tatwaffe geeignet gewesen wäre. Doch sie schrie immer wieder, dass sie die schwarzen Teufel gesehen hätte, mit den krausen Haaren am Kinn und den Tüchern auf dem Kopf, die ihre Hörner verbergen sollten. Und sie hätten Worte der schwarzen Magie gesprochen, die sie hier nicht aussprechen könnte und sie wären voller Blut gewesen, ganz voller Blut.

Waren das nur ihre Wahnvorstellungen oder hatte sie tatsächlich den oder die Täter beim Verlassen des Kreiskirchenamtes beobachtet? Männer mit schwarzen, krausen Bärten und Tüchern auf dem Kopf die in einer fremden Sprache bekannte Worte von sich gaben?
Es ist nicht ausgeschlossen, dass ein islamistischer Terroranschlag vorliegt. Auch wenn es kein Bekennerschreiben gibt, jedenfalls noch nicht. Aber eine Gruppe Christen, die auch noch als Funktionsträger tätig sind, in ihrem eigenen Kreiskirchenamt niederstrecken, das könnte denen durchaus einfallen. Keller ruft Sonja beim K4 an, vielleicht hat die eine Idee.

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Sonntag, 14. April 2019
Oder auch wegen…
Der Gemeindepädagoge scheint nicht zu begreifen, dass er verdächtig ist. Er bleibt seltsam gelassen, als er erklärt: „Davon dass sich diese Entscheidung um ein paar Monate verschiebt habe ich gar nichts. Im schlimmsten Fall zieht die Stiftung sich zurück und es wird nach anderen Zweitjobs für mich gesucht. Das es einfach so weiterläuft wie bisher ist ausgeschlossen.“
Das Motiv ist zeplatzt – wenn er denn Recht hat. Tatsächlich hat er aber bis zum Auffinden der Toten ein Alibi, er hat ein Gespräch mit dem Verwaltungsleiter und seiner Stellvertreterin geführt, die ebenfalls noch im Haus gewesen sind.
Keller erhält eine Kurznachricht auf seinem Mobiltelefon. „Frau mit schweren Wahnvorstellungen aus geschlossener Psychiatrie verschwunden.“
Die unbekannte Irre also. Die Großfahndung läuft bereits. Bis sie sie haben, kann er ja noch nach ein paar Hinweisen graben.

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Samstag, 13. April 2019
Vielleicht weil...
Keller hat als erstes den Synodaljugendreferenten auf der Agende. Er hat die Leichen entdeckt, vielleicht ist ihm etwas aufgefallen.

Der Mann ist in den Fünfzigern und macht gleich einen irritierenden Eindruck auf Keller. Obwohl er ihm doch betont freundlich und jovial entgegentritt, huschen seine Augen unruhig umher und auf die Frage, warum er die Sitzung überhaupt aufgesucht habe, erklärt er: „Das war so verabredet. Die künftige Finanzierung meines Arbeitsbereichs stand auf der Tagesordnung und der KSV wollte sich mit mir persönlich beraten.“
„Könnten Sie da etwas konkreter werden?“
„Das Synodaljugendreferat soll über eine weitere Stiftung refinanziert werden. Das bedeutet, bisher wird meine Personalstelle überwiegend durch Kirchensteuermittel sowie eine Beteiligung der Kommune und einer Stiftung gestemmt. Diese Mittel machen aber nur einen Anteil von etwa 15 % aus, dafür wirke ich in der schulischen Gewaltpräventionsarbeit mit. Nun laufen Verhandlungen mit einer weiteren Stiftung, die sich im Sektor der Suchtprävention stark macht und die würden sogar 20 % in die Waagschale werfen.“
„Und was verlangen sie als Gegenleistung?“
„Das ist das Problem. Sie denken ein Fünftel meiner Arbeitszeit wären 8 Stunden Präsenzzeit, glauben, man müsse nur einmal ein Konzept ausarbeiten und könne dann alles beliebig aus dem Ärmel schütteln. Das ist illusorisch. Der Kirchenkreis wäre aber froh über diese Entlastung.“
„Und wie stehen Sie dazu?“
„Ich möchte das lieber nicht, irgendwann werde ich mich vollkommen verzetteln und keiner meiner zahlreichen Aufgaben auch nur noch annähernd gerecht werden. Aber ich war auch froh, dass man mich zur Beratung hinzuziehen wollte. Vielleicht hätte man eine Vereinbarung treffen können, nach der der Kirchenkreis mich für diese Aufgabe entsprechend freistellt und ich an anderer Stelle entlastet würde. Aber dazu ist es ja nun leider nicht mehr gekommen.“
„Und was wird jetzt geschehen?“
„Ich befürchte erst einmal gar nichts?“
„Sie befürchten oder Sie begrüßen?“
Keller fixiert den unruhigen Mann, der Motiv und Gelegenheit hatte und fragt sich, ob er zu einem solchen Blutbad in der Lage war.

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