Freitag, 20. Dezember 2019
Spalter
Sozialarbeiter:
Das habt ihr nun davon. Hätte ich euch gleich sagen können, aber ihr wolltet ja nichts davon wissen. Nein, ihr wart so sehr damit beschäftigt den abgehalfterten Möchtegern-Alt-Achtundsechzigern in die faltigen Ärsche zu kriechen und ihr unreflektiertes, veraltetes Credo nachzuplappern, dass ihr gar nicht gemerkt habt, wie ihr genau das angerichtet habt, was ihr mit eurer und unserer Arbeit doch eigentlich verhindern solltet. Oh, wir sind zwar Diakonie, aber so Scheiße sind wir gar nicht, schließlich sind wir nicht Kirche, die gibt uns zwar einen Haufen Kohle, damit wir nicht pleite gehen, aber wir finden die genauso doof wie ihr, haha, blöde Pfaffen, die immer nur irre vor sich hinplappern, haben wir auch nichts mit am Hut, wir sind auch cool, wir fahren auch Motorrad und Religion hat bei uns keinen Platz.

Stadtjugendpfleger:
Jetzt ist es passiert. Den Jungs ist der Kragen geplatzt. Tagtäglich den bürgerlichen Wohlstand im Viertel vor Augen und sich selber nichts leisten können. Es reicht eben nicht, Öffnungszeiten für diese Zielgruppe anzubieten. Da hätte viel mehr passieren müssen. Fachkraftstunden für schulische Begleitung, Berufsfindung, Talentscouts und so weiter. Und diese ewiggestrigen Gemeindepädagogen, die wir von der Kirche geerbt haben. Kommen immer wieder an und wollen Konfirmandenarbeit machen. Als wenn die es nötig hätten. Die haben doch behütete Elternhäuser, Bildungschancen, Geld und tiefe Wurzeln. Aber schon klar, warum die sich die Konfis ins Haus holen wollen, dann haben sie die Hütte voll und trotzdem weniger Stress und um die Problembeladenen und Abgehängten kann sich dann das Jugendamt kümmern. Na schönen Dank auch. Christenpack.

Personalchef Diakonie:
Auch das noch. Und dann so kurz vor Weihnachten. Wir hätten uns die Jugendzentren nicht an die Backe heften sollen. Jetzt machen nicht nur die renitenten Pädagoginnen Stress, jetzt flippt auch noch deren Zielgruppe aus. Was machen die eigentlich den ganzen Tag? Wenn die vernünftig arbeiten würden, wäre das doch gar nicht passiert. Warum geraten zwei Jugendcliquen dermaßen erbittert aneinander? Das muss doch schon länger gegärt haben, das müssen die doch gemerkt haben. Wir müssen den ganzen Personalstamm auswechseln, das geht so nicht weiter. Wir brauchen Leute, die machen, was man ihnen sagt und nicht immer um jeden Preis ihre eigenen Ideen durchsetzen wollen. Teuer sind sie auch, diese übergeleiteten Gemeindepädagogen. Müssen wir irgendwie loswerden. Jetzt ist ja was richtig übles passiert. Vielleicht geht da mal was.

Sozialarbeiterin
Vor zwanzig, dreißig Jahren wäre das nicht passiert. Die wären überhaupt nicht auf die Idee gekommen, eine Gruppe Gleichaltriger anzugreifen. Die hätten mit denen zusammen im Jugendzentrum abgehangen, gefeiert und sich durcheinander geliebt. Damals, als der öffentliche Träger noch nicht dem Steuerungswahn verfallen war, als Jugendamtsmitarbeiter sich noch nicht einbildeten, vom Schreibtisch aus Angebote sinnvoll planen und initiieren zu können. Als die Leute mit Verantwortung noch nicht einer fünf mal aufgewärmten Ideologie hinterherhechelten, statt den Dingen ihren Lauf zu lassen. Überall hatten wir Einrichtungen, wo offene Angebote und Verbandsjugendarbeit sich mischten und dadurch auch die Klientel. Arme und Reiche, Sonderschüler und Gymnasiastinnen, Sportler und Bastelnerds, Hänger und Macher, Christen und Muslime, Atheisten und Esoteriker, Deutsche und Italiener, Kurden und Türken, Ökos und Konsumopfer… Alle gehörten dazu und kamen miteinander klar, feierten zusammen, stritten und verliebten sich, lernten von- und miteinander, interessierten sich füreinander. Und dann wurden Mittel gestrichen. Geld war knapp geworden und kleinen offenen Türen wurde das Personal verwehrt. Da, wo kirchliche Jugendzentren noch weiter liefen, wurde alles erkennbar Kirchliche untersagt, sonst wäre kein Geld mehr geflossen. Doch, man durfte schon noch Plakate aufhängen und auch mal die Räume für religiöse Veranstaltungen zur Verfügung stellen, aber Zusammenarbeit mit den Gemeinden, das wurde nicht gern gesehen und Fachkraftstunden durften da nicht mehr hineinfließen.

Und was kam dabei heraus? Die Jugendlichen blieben weg, die Jugendzentren wurden ihnen fremd, die Sozialarbeiter rödelten und wirbelten, um überhaupt noch irgendwen in die Häuser zu bekommen, kämpften um ihr Überleben, denn wo keine Besucher kommen, herrscht angeblich kein Bedarf und wo kein Bedarf herrscht…
Und am Ende kamen nur noch Einwanderer überwiegend muslimischen Glaubens in die Einrichtungen. Und dann kamen erst recht keine anderen Kids mehr, denn wer mal allein vorbei schaut und sieht, da sind nur Leute, die mir sehr fremd sind, der kommt nicht wieder.

Jetzt sitzen die Eingewanderten und Geflüchteten in den Jugendzentren. Bleiben schön unter sich. Kein Kontakt zu den Eingeborenen, kein Dialog der Religionen oder Kulturen, alles hübsch getrennt, bloß nichts vermischen, könnten sich ja Freundschaften entwickeln oder sogar so etwas Unerhörtes wie Liebe.

Aber Kirche doof finden: das ist der Moses und die Propheten, da geht nichts drüber und daran kommt man nicht vorbei, denn das haben die Verantwortlichen in ihrer wildesten und tollsten Lebenszeit gelernt und das sitzt, das Christenpack muss man kurz halten, sonst reißen die alles an sich, beherrschen alles und am Ende kommt das das Ungeheuerlichste von allem, dann segnen sie.

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