Freitag, 15. Juni 2018
Allerleirauh – scheinbar nur ein Märchen
c. fabry, 13:48h
Es war einmal ein König. Also nicht der König eines großen Reiches, mehr so ein Herr König und der lebte auch in keinem Schloss, nur in einem schmucken Einfamilienhaus. Er hatte eine schöne Frau mit langen, goldblonden Haaren und eine ebenso hübsche, heranwachsende Tochter, die das goldblonde Haar von ihrer Mutter geerbt hatte.
Zur Konfirmation hatte die Königstochter doch tatsächlich so etwas wie eine Aussteuer bekommen. Ihre Großmutter hatte hochwertige, leinene Geschirrtücher bestickt – eins mit einem Spinnrad, damit solle sie die feinen Fäden spinnen, mit denen sie ihren späteren Mann einfinge, eins mit einem Haspel, damit solle sie die Fäden aufwickeln und den Mann ganz nah an sich heranziehen und schließlich eins mit einem Ring, der ihre Initialen umschloss und den Platz für ein weiteres Paar Anfangsbuchstaben bereit hielt, damit solle sie ihren Auserwählten endgültig an sich binden. Die Tücher bewahrte sie weit hinten im Kleiderschrank auf, wo sie auf den Tag warteten, an dem sie ihre magische Wirkung entfalten sollten.
Alles war schön im Hause König bis, nun ja, bis eines furchtbaren Tages die Frau des Königs starb. Eigentlich starb sie nicht wirklich und es geschah auch nicht an einem einzigen Tag, es geschah mehr so allmählich, Schritt für Schritt, dass ihre Gefühle für ihren Ehemann erkalteten und sie ihr Herz an andere Dinge hängte als an die eheliche Liebe.
Der König war untröstlich und ertränkte seinen Kummer in allerlei gehaltvollen Getränken, doch wenn er am Morgen erwachte, war der Schmerz wieder da und schlimmer als zuvor. Er war damals so stolz gewesen auf sein gertenschlankes Mädchen mit den goldblonden Seidenhaaren und hatte geschworen, nie wieder eine andere zu lieben. Er wollte auch jetzt keine andere, doch seine Gattin erstarrte immer mehr zu Stein.
Da sah er eines schönen Sommertages seinem einzigen Kind, der heranwachsenden Königstochter beim Yoga-Programm im Garten zu und von Stund an wurde er nur noch von einem einzigen Gedanken beherrscht: Mit der eigenen Tochter noch einmal von vorn anzufangen, mit der einzigen, die seiner frostigen Ehefrau das Wasser reichen konnte. Er umwarb sie, schmeichelte ihr, machte ihr Geschenke und liebkoste sie bei zahlreichen Gelegenheiten. Er kaufte ihr wunderschöne Kleider, die sie sich selbst ausgesucht hatte: eines aus leichter Baumwolle so goldgelb wie Sonnenblumen, eines aus mondsilbrig glänzendem, sanft fließenden Satin und ein enganliegendes, dunkelblaues Etuikleid für winterliche, festliche Anlässe, durch und durch mit bunt glitzerndem Lurex durchzogen wie ein funkelnder Sternenhimmel. Die Königstochter, zunächst durchaus nicht befremdet sondern eher hocherfreut über die besondere Zuwendung durch den Vater fühlte sich mit der Zeit immer unwohler, spürte sie doch, dass da etwas nicht stimmte und so stahl sie sich davon, nicht in einer einzigen Nacht, sondern durch beständiges Fernbleiben. Sie suchte Zuflucht in der Kirchengemeinde, d.h., zuerst hatte sie täglich so lange wie möglich im Wald herumgelungert, aber dann hatte der Pfarrer sie kurz nach der Konfirmation angesprochen, ob sie nicht Mitarbeiterin werden wollte und hier sah sie ihre Chance, den Greifarmen des entfesselten Vaters auch in der kalten Jahreszeit zu entkommen. Um ihre Schönheit zu verbergen, legte sie sich eine Sammlung unkombinierbarer Kleidungsstücke zu, die sie so unmöglich aussehen ließen, dass man sie in der Kirchengemeinde nur noch „Allerleirauh“ nannte, wie die Königstochter im Märchen, die einen Mantel aus hunderten verschiedenen Tierfellen trug.
Die Kantorin nahm sie unter ihre Fittiche, sie hatte so eine fürsorgliche Ader, vielleicht spielten dabei auch dunklere Motive eine Rolle, aber diejenigen, die das dachten, behielten es lieber für sich, man wusste ja nichts, nicht einmal was das für eine seltsame Ahnung war, die man da spürte.
Allerleirauh hatte längst ihren Liebsten erwählt. Als nun das gemeindliche Osterfrühstück nahte und die Kantorin sich beklagte, dass sie immer dieses englische Teebrot backen müsse, das der Pfarrer so gern esse, bot Allerleirauh sich an, ihr diese Arbeit abzunehmen. Sie ließ sich das Rezept geben und die Kantorin wies sie an, sich unbedingt akribisch daran zu halten, sonst sei der Pfarrer am Ende beleidigt, dass sie ihm diesmal nicht sein Brot gebacken hatte. Eigentlich befürchtete die Kantorin nur, es könne besser schmecken als das ihre und dem Pfarrer könne auffallen, dass er diese Köstlichkeit einer anderen und vor allem reizvollerin Bäckerin zu verdanken hatte.
Allerleirauh hielt sich an das Rezept, zumindest fast. Sie nahm nur Buttermilch anstelle von Milch, das machte das Brot saftiger. Sie zog das leichte, sonnengelbe Baumwollkleid an, das ihre schmale Taille betonte und ihre schlanken Knie umspielte. Auf dem Weg zur Kirche schlug sie das frische Brot in das Geschirrtuch mit dem Spinnrad ein und dem Pfarrer schmeckte es diesmal außerordentlich gut. Später, als er gemeinsam mit dem Mädchen in der Küche stand und die Teller abtrocknete, erklärte er: „Das Brot hat diesmal viel saftiger geschmeckt als sonst. Ich muss die Kantorin doch einmal fragen, was sie an dem Rezept verändert hat.“ Das Mädchen verriet nichts und freute sich heimlich. Am meisten freute sie sich jedoch, dass der Pfarrer sie die ganze Zeit wohlwollend zur Kenntnis nahm und bevor sie nach Hause ging, sagte er: „Dein sonnengelbes Kleid, das strahlt ja wie der Frühling!“
Als sie nach dem Geschirrtuch mit dem Spinnrad griff, schien der Pfarrer plötzlich zu begreifen, wer das Brot gebacken hatte, sagte aber nichts dazu.
Später stellte die Kantorin sie zur Rede: „Ich hatte Dir doch gesagt, du sollst es genauso backen, wie es im Rezept steht. Was hast du da hinein getan?“
„Nichts anderes.“, log das Mädchen. „Vielleicht lag es am Backofen.“
„Schon möglich.“ erwiderte die Kantorin. „Beim Sommerfest backe ich es wieder selbst.“
Das Sommerfest kam, doch die Kantorin hatte wieder keine Zeit zum Backen. Ihr Keller war bei einem Wolkenbruch voller Wasser gelaufen und so bat sie Allerleirauh zum zweiten Mal, das Teebrot zu backen und wenn es in ihrem Backofen saftiger würde, dann sei das ja keine schlechte Sache.
Diesmal ersetzte das Mädchen nicht nur die Milch durch Buttermilch sondern knetete Butter unter das Mehl, bevor sie den Teig ansetzte. Für das Sommerfest wählte sie das silbergraue, weich fließende Satinkleid, das ihre Haut streichelte und ihre Sinnlichkeit betonte. Das Brot wickelte sie diesmal in das Leinentuch mit der Haspel-Applikation. Beim Händeschütteln nach dem Gottesdienst glitten die Blicke des Pfarrers über ihren ganzen Körper. Als er sich später etwas Brot vom Buffet holte und es kostete, staunte er: „Das ist nicht nur wieder so saftig wie beim letzten Mal, das schmeckt auch viel aromatischer. Hat die Kantorin ein anderes Mehl verwendet oder hat am Ende jemand Anderes dieses köstliche Brot gebacken?“
Es entging ihm nicht, dass es wieder Allerleirauh war, die das Tuch an sich nahm, in das das Brot eingeschlagen gewesen war.
Am Montag in der Chorprobe nahm die Kantorin sich Allerleirauh zur Brust: „Diesmal hast Du ganz bestimmt etwas Anderes hinein getan. Der Herr Pfarrer schöpft schon Verdacht.“
„Nein“, log das Mädchen. „Vielleicht lag es an der hohen Luftfeuchtigkeit.“
Die Kantorin gab sich zufrieden und erklärte: „Zur Weihnachtsfeier backe ich es jedenfalls wieder.“
Als die Adventszeit zu Ende ging und die Weihnachtsfeier näher kam, erwischte die Kantorin ein hartnäckiger Magen-Darm-Infekt. Und so buk Allerleirauh zum dritten Mal das köstliche Teebrot. Diesmal gab sie neben Buttermilch und Butter auch ein wenig Zucker hinzu, mit der Süße wollte sie sich in sein Herz stehlen. Das fertige Brot schlug sie ein in das Leinentuch mit dem Ring, der ihre Initialen umrahmte. Sie trug das dunkelblaue Etuikleid, dessen Lurexfäden so glitzerten wie ein funkelnder Sternenhimmel. Das passte zum festlichen Anlass und ganz besonders zu Weihnachten.
Der Pfarrer lobte das Brot in höchsten Tönen, diese Süße, sei ihm nie zuvor aufgefallen. Und er saß den ganzen Abend neben ihr, ihre Beine berührten sich unter dem Tisch und sie neckten sich und scherzten miteinander, so dass die Wangen des Mädchen zu glühen begannen und der Pfarrer seine helle Freude daran hatte.
Das Brot wurde diesmal nicht alle, zu viel köstliches Gebäck stand auf der Tafel und als es ans Aufräumen ging, bemerkte der Pfarrer: „Das Tuch, in dem das Brot eingewickelt ist, trägt ja Deine Initialen, Alexis!“
„Das ist ja auch mein Tuch.“, erwiderte Allerleirauh.
„Dann hast Du wohl auch dieses köstliche Brot diesmal gebacken?“
„Ja.“, antwortete das Mädchen. „Schon zum dritten Mal.“
„Wir sollten es unbedingt aufessen, bevor es trocken wird, dafür ist es zu schade. Was hältst du davon, es mal in Verbindung mit Rotwein zu probieren?“
„Wir haben hier keinen Rotwein.“
„Ich habe welchen im Keller. Komm, ich lad' dich ein.“
Und die Königstochter schwebte wie auf Wolken ins Pfarrhaus, die Pfarrersgattin war mit den Kindern zu ihrer kranken Mutter gereist und so kam es, wie es kommen musste: erst Brot und Wein und danach das Blutopfer, er schrie und sie weinte und der Fleck auf dem weißen Laken war riesig und sie konnte sich gar nicht erklären, was da gerade passiert war und warum es gerade ihr passiert war.
„Hör zu, Alexis.“, sagte er, als er wieder zu Atem kam. „Das, was hier gerade mit uns beiden geschehen ist, das war zwar wunderschön, aber davon darf keiner erfahren, wirklich niemand, sonst darf ich nie wieder als Pfarrer arbeiten. Das verstehst du doch, oder?“
Alexis sprach nicht mehr. Sie verstummte wie Allerleirauh, nachdem sie vom Vater geflohen war. Und der Pfarrer bekam es mit der Angst zu tun. Früher oder später würde jemandem auffallen, wie verstört das Mädchen war. Früher oder später würde irgendein Gesprächstherapeut die Wahrheit aus ihr herausholen und dann wäre sein Leben zu Ende. Wozu dieses Opfer? Das Mädchen war nicht stark genug gewesen, das tat ihm leid, aber das war jetzt nicht mehr zu ändern. Sie würde es in diesem Leben ohnehin nicht mehr schaffen. Aber er, er hatte noch so viel vor...
Allerleirauhs Leben endete im Wald, dort wo der Pfarrer sie einst aufgelesen hatte. Er ging zur Polizei, nachdem er die vor zwölf Stunden Verstorbene vom Ast eines Baumes herabhängend gefunden hatte, zufällig beim allmorgendlichen Spaziergang. Für die Todeszeit hatte er ein Alibi: Die Kantorin war bei ihm gewesen, um das Zusammenspiel von Teebrot und Rotwein zu erproben.
Zur Konfirmation hatte die Königstochter doch tatsächlich so etwas wie eine Aussteuer bekommen. Ihre Großmutter hatte hochwertige, leinene Geschirrtücher bestickt – eins mit einem Spinnrad, damit solle sie die feinen Fäden spinnen, mit denen sie ihren späteren Mann einfinge, eins mit einem Haspel, damit solle sie die Fäden aufwickeln und den Mann ganz nah an sich heranziehen und schließlich eins mit einem Ring, der ihre Initialen umschloss und den Platz für ein weiteres Paar Anfangsbuchstaben bereit hielt, damit solle sie ihren Auserwählten endgültig an sich binden. Die Tücher bewahrte sie weit hinten im Kleiderschrank auf, wo sie auf den Tag warteten, an dem sie ihre magische Wirkung entfalten sollten.
Alles war schön im Hause König bis, nun ja, bis eines furchtbaren Tages die Frau des Königs starb. Eigentlich starb sie nicht wirklich und es geschah auch nicht an einem einzigen Tag, es geschah mehr so allmählich, Schritt für Schritt, dass ihre Gefühle für ihren Ehemann erkalteten und sie ihr Herz an andere Dinge hängte als an die eheliche Liebe.
Der König war untröstlich und ertränkte seinen Kummer in allerlei gehaltvollen Getränken, doch wenn er am Morgen erwachte, war der Schmerz wieder da und schlimmer als zuvor. Er war damals so stolz gewesen auf sein gertenschlankes Mädchen mit den goldblonden Seidenhaaren und hatte geschworen, nie wieder eine andere zu lieben. Er wollte auch jetzt keine andere, doch seine Gattin erstarrte immer mehr zu Stein.
Da sah er eines schönen Sommertages seinem einzigen Kind, der heranwachsenden Königstochter beim Yoga-Programm im Garten zu und von Stund an wurde er nur noch von einem einzigen Gedanken beherrscht: Mit der eigenen Tochter noch einmal von vorn anzufangen, mit der einzigen, die seiner frostigen Ehefrau das Wasser reichen konnte. Er umwarb sie, schmeichelte ihr, machte ihr Geschenke und liebkoste sie bei zahlreichen Gelegenheiten. Er kaufte ihr wunderschöne Kleider, die sie sich selbst ausgesucht hatte: eines aus leichter Baumwolle so goldgelb wie Sonnenblumen, eines aus mondsilbrig glänzendem, sanft fließenden Satin und ein enganliegendes, dunkelblaues Etuikleid für winterliche, festliche Anlässe, durch und durch mit bunt glitzerndem Lurex durchzogen wie ein funkelnder Sternenhimmel. Die Königstochter, zunächst durchaus nicht befremdet sondern eher hocherfreut über die besondere Zuwendung durch den Vater fühlte sich mit der Zeit immer unwohler, spürte sie doch, dass da etwas nicht stimmte und so stahl sie sich davon, nicht in einer einzigen Nacht, sondern durch beständiges Fernbleiben. Sie suchte Zuflucht in der Kirchengemeinde, d.h., zuerst hatte sie täglich so lange wie möglich im Wald herumgelungert, aber dann hatte der Pfarrer sie kurz nach der Konfirmation angesprochen, ob sie nicht Mitarbeiterin werden wollte und hier sah sie ihre Chance, den Greifarmen des entfesselten Vaters auch in der kalten Jahreszeit zu entkommen. Um ihre Schönheit zu verbergen, legte sie sich eine Sammlung unkombinierbarer Kleidungsstücke zu, die sie so unmöglich aussehen ließen, dass man sie in der Kirchengemeinde nur noch „Allerleirauh“ nannte, wie die Königstochter im Märchen, die einen Mantel aus hunderten verschiedenen Tierfellen trug.
Die Kantorin nahm sie unter ihre Fittiche, sie hatte so eine fürsorgliche Ader, vielleicht spielten dabei auch dunklere Motive eine Rolle, aber diejenigen, die das dachten, behielten es lieber für sich, man wusste ja nichts, nicht einmal was das für eine seltsame Ahnung war, die man da spürte.
Allerleirauh hatte längst ihren Liebsten erwählt. Als nun das gemeindliche Osterfrühstück nahte und die Kantorin sich beklagte, dass sie immer dieses englische Teebrot backen müsse, das der Pfarrer so gern esse, bot Allerleirauh sich an, ihr diese Arbeit abzunehmen. Sie ließ sich das Rezept geben und die Kantorin wies sie an, sich unbedingt akribisch daran zu halten, sonst sei der Pfarrer am Ende beleidigt, dass sie ihm diesmal nicht sein Brot gebacken hatte. Eigentlich befürchtete die Kantorin nur, es könne besser schmecken als das ihre und dem Pfarrer könne auffallen, dass er diese Köstlichkeit einer anderen und vor allem reizvollerin Bäckerin zu verdanken hatte.
Allerleirauh hielt sich an das Rezept, zumindest fast. Sie nahm nur Buttermilch anstelle von Milch, das machte das Brot saftiger. Sie zog das leichte, sonnengelbe Baumwollkleid an, das ihre schmale Taille betonte und ihre schlanken Knie umspielte. Auf dem Weg zur Kirche schlug sie das frische Brot in das Geschirrtuch mit dem Spinnrad ein und dem Pfarrer schmeckte es diesmal außerordentlich gut. Später, als er gemeinsam mit dem Mädchen in der Küche stand und die Teller abtrocknete, erklärte er: „Das Brot hat diesmal viel saftiger geschmeckt als sonst. Ich muss die Kantorin doch einmal fragen, was sie an dem Rezept verändert hat.“ Das Mädchen verriet nichts und freute sich heimlich. Am meisten freute sie sich jedoch, dass der Pfarrer sie die ganze Zeit wohlwollend zur Kenntnis nahm und bevor sie nach Hause ging, sagte er: „Dein sonnengelbes Kleid, das strahlt ja wie der Frühling!“
Als sie nach dem Geschirrtuch mit dem Spinnrad griff, schien der Pfarrer plötzlich zu begreifen, wer das Brot gebacken hatte, sagte aber nichts dazu.
Später stellte die Kantorin sie zur Rede: „Ich hatte Dir doch gesagt, du sollst es genauso backen, wie es im Rezept steht. Was hast du da hinein getan?“
„Nichts anderes.“, log das Mädchen. „Vielleicht lag es am Backofen.“
„Schon möglich.“ erwiderte die Kantorin. „Beim Sommerfest backe ich es wieder selbst.“
Das Sommerfest kam, doch die Kantorin hatte wieder keine Zeit zum Backen. Ihr Keller war bei einem Wolkenbruch voller Wasser gelaufen und so bat sie Allerleirauh zum zweiten Mal, das Teebrot zu backen und wenn es in ihrem Backofen saftiger würde, dann sei das ja keine schlechte Sache.
Diesmal ersetzte das Mädchen nicht nur die Milch durch Buttermilch sondern knetete Butter unter das Mehl, bevor sie den Teig ansetzte. Für das Sommerfest wählte sie das silbergraue, weich fließende Satinkleid, das ihre Haut streichelte und ihre Sinnlichkeit betonte. Das Brot wickelte sie diesmal in das Leinentuch mit der Haspel-Applikation. Beim Händeschütteln nach dem Gottesdienst glitten die Blicke des Pfarrers über ihren ganzen Körper. Als er sich später etwas Brot vom Buffet holte und es kostete, staunte er: „Das ist nicht nur wieder so saftig wie beim letzten Mal, das schmeckt auch viel aromatischer. Hat die Kantorin ein anderes Mehl verwendet oder hat am Ende jemand Anderes dieses köstliche Brot gebacken?“
Es entging ihm nicht, dass es wieder Allerleirauh war, die das Tuch an sich nahm, in das das Brot eingeschlagen gewesen war.
Am Montag in der Chorprobe nahm die Kantorin sich Allerleirauh zur Brust: „Diesmal hast Du ganz bestimmt etwas Anderes hinein getan. Der Herr Pfarrer schöpft schon Verdacht.“
„Nein“, log das Mädchen. „Vielleicht lag es an der hohen Luftfeuchtigkeit.“
Die Kantorin gab sich zufrieden und erklärte: „Zur Weihnachtsfeier backe ich es jedenfalls wieder.“
Als die Adventszeit zu Ende ging und die Weihnachtsfeier näher kam, erwischte die Kantorin ein hartnäckiger Magen-Darm-Infekt. Und so buk Allerleirauh zum dritten Mal das köstliche Teebrot. Diesmal gab sie neben Buttermilch und Butter auch ein wenig Zucker hinzu, mit der Süße wollte sie sich in sein Herz stehlen. Das fertige Brot schlug sie ein in das Leinentuch mit dem Ring, der ihre Initialen umrahmte. Sie trug das dunkelblaue Etuikleid, dessen Lurexfäden so glitzerten wie ein funkelnder Sternenhimmel. Das passte zum festlichen Anlass und ganz besonders zu Weihnachten.
Der Pfarrer lobte das Brot in höchsten Tönen, diese Süße, sei ihm nie zuvor aufgefallen. Und er saß den ganzen Abend neben ihr, ihre Beine berührten sich unter dem Tisch und sie neckten sich und scherzten miteinander, so dass die Wangen des Mädchen zu glühen begannen und der Pfarrer seine helle Freude daran hatte.
Das Brot wurde diesmal nicht alle, zu viel köstliches Gebäck stand auf der Tafel und als es ans Aufräumen ging, bemerkte der Pfarrer: „Das Tuch, in dem das Brot eingewickelt ist, trägt ja Deine Initialen, Alexis!“
„Das ist ja auch mein Tuch.“, erwiderte Allerleirauh.
„Dann hast Du wohl auch dieses köstliche Brot diesmal gebacken?“
„Ja.“, antwortete das Mädchen. „Schon zum dritten Mal.“
„Wir sollten es unbedingt aufessen, bevor es trocken wird, dafür ist es zu schade. Was hältst du davon, es mal in Verbindung mit Rotwein zu probieren?“
„Wir haben hier keinen Rotwein.“
„Ich habe welchen im Keller. Komm, ich lad' dich ein.“
Und die Königstochter schwebte wie auf Wolken ins Pfarrhaus, die Pfarrersgattin war mit den Kindern zu ihrer kranken Mutter gereist und so kam es, wie es kommen musste: erst Brot und Wein und danach das Blutopfer, er schrie und sie weinte und der Fleck auf dem weißen Laken war riesig und sie konnte sich gar nicht erklären, was da gerade passiert war und warum es gerade ihr passiert war.
„Hör zu, Alexis.“, sagte er, als er wieder zu Atem kam. „Das, was hier gerade mit uns beiden geschehen ist, das war zwar wunderschön, aber davon darf keiner erfahren, wirklich niemand, sonst darf ich nie wieder als Pfarrer arbeiten. Das verstehst du doch, oder?“
Alexis sprach nicht mehr. Sie verstummte wie Allerleirauh, nachdem sie vom Vater geflohen war. Und der Pfarrer bekam es mit der Angst zu tun. Früher oder später würde jemandem auffallen, wie verstört das Mädchen war. Früher oder später würde irgendein Gesprächstherapeut die Wahrheit aus ihr herausholen und dann wäre sein Leben zu Ende. Wozu dieses Opfer? Das Mädchen war nicht stark genug gewesen, das tat ihm leid, aber das war jetzt nicht mehr zu ändern. Sie würde es in diesem Leben ohnehin nicht mehr schaffen. Aber er, er hatte noch so viel vor...
Allerleirauhs Leben endete im Wald, dort wo der Pfarrer sie einst aufgelesen hatte. Er ging zur Polizei, nachdem er die vor zwölf Stunden Verstorbene vom Ast eines Baumes herabhängend gefunden hatte, zufällig beim allmorgendlichen Spaziergang. Für die Todeszeit hatte er ein Alibi: Die Kantorin war bei ihm gewesen, um das Zusammenspiel von Teebrot und Rotwein zu erproben.
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al bern,
Sonntag, 17. Juni 2018, 04:10
Hab meinen Text sowohl hier, als auch in meinem Blog entfernt.
Vergewaltigungen find ich nicht witzig.
Hätte Deinen Kommentar aber stehen gelassen, wusste nur nicht, dass, wenn ich meinen Kommentar lösche, alle nachfolgenden auch weg sind.
Jetzt kannste nicht mal meine Antwort auf Deine Antwort lesen.
Vergewaltigungen find ich nicht witzig.
Hätte Deinen Kommentar aber stehen gelassen, wusste nur nicht, dass, wenn ich meinen Kommentar lösche, alle nachfolgenden auch weg sind.
Jetzt kannste nicht mal meine Antwort auf Deine Antwort lesen.
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c. fabry,
Sonntag, 17. Juni 2018, 12:59
Dass ich Deine Antwort dann nicht lesen kann, ist schade, aber es tut gut, dass Du die Texte gelöscht hast, passten nicht zu meiner Tagesform, also vielen Dank. Bist schon ein Guter.
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al bern,
Sonntag, 17. Juni 2018, 16:21
Naja, hier die Kurzform:
Aus Deinem Text war/ist für mich nicht erkennbar, dass es sich um eine Vergewaltigung einer Vierzehnjährigen handeln soll.
Aus Deinem Text war/ist für mich nicht erkennbar, dass es sich um eine Vergewaltigung einer Vierzehnjährigen handeln soll.
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c. fabry,
Sonntag, 17. Juni 2018, 21:10
Intentionen von Autorinnen oder Autoren erschließen sich mir auch nicht immer. Hat sich etwas mit dem persönlichen Zugang zu einem Thema zu tun. Danke für die Rückmeldung.
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al bern,
Sonntag, 17. Juni 2018, 23:09
Warum ...
sind deine Bücher nicht bei Kindle unlimited?
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c. fabry,
Montag, 18. Juni 2018, 01:33
???
Da bin ich offengestanden überfragt. Das Portal auf dem ich veröffentliche, ist neobooks. Die Bücher gibt's bei jedem Buchhändler um die Ecke zu bestellen (e-books kann man ja auch über den Buchhandel beziehen), das einzige in Druckversion, das aktuelle, kann man überall via print-on-demand bestellen, dauert dann 2 Wochen. Aber e-book ist natürlich billiger. Und es geht auch über Amazon - ich dachte immer, die machen alles mit Kindle.
Hab' das mal eben recherchiert. Mich gibt's bei Kindle, muss man aber schon sehr gezielt suchen, unter e-books - Krimis und Thriller und da dann in den blau unterstrichenen Links unter: und weitere Bücher bei Kindle unlimited.
Hab' das mal eben recherchiert. Mich gibt's bei Kindle, muss man aber schon sehr gezielt suchen, unter e-books - Krimis und Thriller und da dann in den blau unterstrichenen Links unter: und weitere Bücher bei Kindle unlimited.
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al bern,
Montag, 18. Juni 2018, 02:49
Ich hab dich heute gesucht, aber als "unlimited" sah ich dich nicht.
Dann hätte ich dich glatt gelesen. ;O)
Nur als 99-cent-Artikel hab ich dich gefunden und ehrlich, da verstehe ich die Preisgestaltung nicht, das schreckt mich eher ab, wenn ich dich nicht von hier "kennen" würde.
Unlimited ist ja ein Angebot von Amazon, für 10 € im Monat soviele unlimited Bücher im Monat auszuleihen wie man will.
Gibt höchst unterschiedliche Qualitäten, beispielsweise Harry Potter (den ich nicht mag) ist auch dabei.
Denke, das wäre fürs bekannt werden ideal und ein paar Cent gibts auch, soviel ich weiß.
Dann hätte ich dich glatt gelesen. ;O)
Nur als 99-cent-Artikel hab ich dich gefunden und ehrlich, da verstehe ich die Preisgestaltung nicht, das schreckt mich eher ab, wenn ich dich nicht von hier "kennen" würde.
Unlimited ist ja ein Angebot von Amazon, für 10 € im Monat soviele unlimited Bücher im Monat auszuleihen wie man will.
Gibt höchst unterschiedliche Qualitäten, beispielsweise Harry Potter (den ich nicht mag) ist auch dabei.
Denke, das wäre fürs bekannt werden ideal und ein paar Cent gibts auch, soviel ich weiß.
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c. fabry,
Montag, 18. Juni 2018, 13:06
Ich dachte,
99 Cent für ein E-book kann man mal riskieren, diese 5,99-Nummern schrecken eher ab. Bevor man das Buch kauft, kann man ja 10 % Leseprobe schmökern. Wenn man nicht bekannt ist, muss man sich gratis oder zu Schleuderpreisen feilbieten.
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al bern,
Montag, 18. Juni 2018, 13:16
Da denk ich Anders.
Also gratis ist okay.
Aber bei 99 Cent fehlt mir die eigene Wertschätzung des Schreibers und mich persönlich schreckt das ab.
Meine Frau hat das übrigens ganz unabhängig von mir, auch so geäußert.
"Das kann nichts gescheites sein" so nach dem Stil.
Es gibt ja Fortsetzungsromane für 99 Cent, da wird halt jedes Kapitel oder so separat abgerechnet. Aber nen ganzen Roman?
Und dann als gebundene Ausgabe 13-14 €?
Tschuldigung, aber das passt einfach nicht.
Also 4,99, um die 5 € Grenze nicht zu überschreiten, sind aus meiner Sicht da schon eher gerechtfertigt und finde ich "eigentlich" immer noch zu billig.
Erst Recht, wenns sowieso nicht ums Geld verdienen geht.
Ist halt meine Meinung, mein Empfinden.
Also gratis ist okay.
Aber bei 99 Cent fehlt mir die eigene Wertschätzung des Schreibers und mich persönlich schreckt das ab.
Meine Frau hat das übrigens ganz unabhängig von mir, auch so geäußert.
"Das kann nichts gescheites sein" so nach dem Stil.
Es gibt ja Fortsetzungsromane für 99 Cent, da wird halt jedes Kapitel oder so separat abgerechnet. Aber nen ganzen Roman?
Und dann als gebundene Ausgabe 13-14 €?
Tschuldigung, aber das passt einfach nicht.
Also 4,99, um die 5 € Grenze nicht zu überschreiten, sind aus meiner Sicht da schon eher gerechtfertigt und finde ich "eigentlich" immer noch zu billig.
Erst Recht, wenns sowieso nicht ums Geld verdienen geht.
Ist halt meine Meinung, mein Empfinden.
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