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Freitag, 13. Dezember 2019
Nachhaltig
c. fabry, 11:31h
Hatte sie das wirklich getan? Sie hätte sich ja – zumindest in ihren kühnsten Träumen – vorstellen können, in einem Verhörzimmer zu landen, zum Beispiel wegen Landfriedensbruchs oder vermeintlicher Werbung für eine terroristische Vereinigung, damals, als sie sich noch im Dunstkreis Polizeigewaltanfälliger Gruppen bewegt hatte. Aber jetzt saß sie hier wegen Körperverletzung, wegen eines Gewaltexzesses, von dem sie niemals geglaubt hätte, dass sie dazu fähig sei.
„Ich find's ganz toll, dass ihr heute Morgen alle hier seid“, hatte das Mädchen mit dem debilen Dauergrinsen die Fachkräfte begrüßt. Es war ja irgendwie frauenfeindlich, eine beinahe Dreißigjährige als Mädchen zu bezeichnen, aber Himmelherrgott, sollte sie bitte nicht so girly-like rumfiesteln, mit dieser künstlich hochgezogenen Stimme, als wolle sie ein Kätzchen anlocken oder Kleinkindern signalisieren, dass sie eine ganz liebe Tante war. Und dazu dieses eingefräste Grinsen, das immer exakt eine Sekunde vor dem Einsetzen des Sprechgesangs eingeschaltet wurde und sich dann wie in einem Krampf festsetzte wie bei einem Rechner, der sich aufhängte und auf keine Befehle mehr reagierte, die ganze Zeit das gleiche regungslose Bild. Grauenvoll.
Sie hätte das alles klaglos hingenommen, aber dann hatte sie das Pech, den falschen Workshop gewählt zu haben, wobei es sicher auch keinen richtigen Workshop gab, die anderen Referenten waren ebenfalls auf ihre ganz eigene Weise absonderlich. Aber hier, wo es um das faire Jugendhaus ging, wo sie darauf gehofft hatte, echte Ergebnisse zu erarbeiten, Ideen, Impulse für die Einrichtung vor Ort, wie man bei Jugendlichen ohne moralinsaures Genörgel ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit, Fairen Handel, Co2-Vermeidung, Müllvermeidung etc. erzeugen kann, wurde sie bitter enttäuscht.
Das Mädchen redete die ganze Zeit, als hätte sie eine Gruppe Konfirmanden vor sich, denen sie erst einmal die Angst vor dem Thema nehmen musste, nein, es sei gar nicht wichtig, alles richtig zu machen, es wäre schon toll, wenn man eine Sache verändern würde, und wer total gerne Fleisch isst, der macht das eben und fliegt dafür nicht in den Urlaub usw.
Dann kamen endlich die Kleinstgruppen, endlich musste sie dem Mädchen nicht mehr zuhören, dieser dürren, blutjungen Ziege, die vor allem sich selbst gern reden hörte. Und es hätte so gut werden können, gerade kam sie mit netten Kolleginnen in einen Austausch über den schwierigen Umgang mit diesem Thema und mit ein wenig Zeit hätte man vielleicht einen Punkt gefunden, an dem man ansetzen konnte. Aber das Mädchen schlich frustriert umher, weil sie niemanden mehr volllabern konnte, schon stand sie neben der Gruppe, schaute fragend in die Runde und eine viel zu nette Kollegin setzte sie in Kenntnis, über was hier gerade beraten wurde und schon hatte das Grinsemädchen wieder ganz viel zu sagen.
Und dann war es passiert. Das Saurierhirn hatte die Führung übernommen. Diese kleine Kackbratze bedrohte ihre Existenz. Sie musste sie ausschalten, um nicht totgelabert zu werden. Der wenig nachhaltige Weihnachtsstern im scheußlich vergoldeten Tontopf war das Mittel ihrer Wahl. Blitzschnell griff sie danach und zog der Grinsemieze eins über. Die ging sofort blutend zu Boden. Als sie erneut ausholte, hielten schon zwei Kolleginnen sie fest, jemand drittes setzte bereits einen Notruf ab und innerhalb von Minuten war sie von uniformierten Beamten in den Peterwagen geschoben worden.
Vielleicht hatte das Mädchen gemerkt, dass sie so nicht weitermachen konnte, dass da etwas nicht stimmte an ihrer Methode. Sie hoffte von Herzen, dass ihr Opfer wieder ganz gesund wurde, vor allem im Kopf und zwar nachhaltig.
„Ich find's ganz toll, dass ihr heute Morgen alle hier seid“, hatte das Mädchen mit dem debilen Dauergrinsen die Fachkräfte begrüßt. Es war ja irgendwie frauenfeindlich, eine beinahe Dreißigjährige als Mädchen zu bezeichnen, aber Himmelherrgott, sollte sie bitte nicht so girly-like rumfiesteln, mit dieser künstlich hochgezogenen Stimme, als wolle sie ein Kätzchen anlocken oder Kleinkindern signalisieren, dass sie eine ganz liebe Tante war. Und dazu dieses eingefräste Grinsen, das immer exakt eine Sekunde vor dem Einsetzen des Sprechgesangs eingeschaltet wurde und sich dann wie in einem Krampf festsetzte wie bei einem Rechner, der sich aufhängte und auf keine Befehle mehr reagierte, die ganze Zeit das gleiche regungslose Bild. Grauenvoll.
Sie hätte das alles klaglos hingenommen, aber dann hatte sie das Pech, den falschen Workshop gewählt zu haben, wobei es sicher auch keinen richtigen Workshop gab, die anderen Referenten waren ebenfalls auf ihre ganz eigene Weise absonderlich. Aber hier, wo es um das faire Jugendhaus ging, wo sie darauf gehofft hatte, echte Ergebnisse zu erarbeiten, Ideen, Impulse für die Einrichtung vor Ort, wie man bei Jugendlichen ohne moralinsaures Genörgel ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit, Fairen Handel, Co2-Vermeidung, Müllvermeidung etc. erzeugen kann, wurde sie bitter enttäuscht.
Das Mädchen redete die ganze Zeit, als hätte sie eine Gruppe Konfirmanden vor sich, denen sie erst einmal die Angst vor dem Thema nehmen musste, nein, es sei gar nicht wichtig, alles richtig zu machen, es wäre schon toll, wenn man eine Sache verändern würde, und wer total gerne Fleisch isst, der macht das eben und fliegt dafür nicht in den Urlaub usw.
Dann kamen endlich die Kleinstgruppen, endlich musste sie dem Mädchen nicht mehr zuhören, dieser dürren, blutjungen Ziege, die vor allem sich selbst gern reden hörte. Und es hätte so gut werden können, gerade kam sie mit netten Kolleginnen in einen Austausch über den schwierigen Umgang mit diesem Thema und mit ein wenig Zeit hätte man vielleicht einen Punkt gefunden, an dem man ansetzen konnte. Aber das Mädchen schlich frustriert umher, weil sie niemanden mehr volllabern konnte, schon stand sie neben der Gruppe, schaute fragend in die Runde und eine viel zu nette Kollegin setzte sie in Kenntnis, über was hier gerade beraten wurde und schon hatte das Grinsemädchen wieder ganz viel zu sagen.
Und dann war es passiert. Das Saurierhirn hatte die Führung übernommen. Diese kleine Kackbratze bedrohte ihre Existenz. Sie musste sie ausschalten, um nicht totgelabert zu werden. Der wenig nachhaltige Weihnachtsstern im scheußlich vergoldeten Tontopf war das Mittel ihrer Wahl. Blitzschnell griff sie danach und zog der Grinsemieze eins über. Die ging sofort blutend zu Boden. Als sie erneut ausholte, hielten schon zwei Kolleginnen sie fest, jemand drittes setzte bereits einen Notruf ab und innerhalb von Minuten war sie von uniformierten Beamten in den Peterwagen geschoben worden.
Vielleicht hatte das Mädchen gemerkt, dass sie so nicht weitermachen konnte, dass da etwas nicht stimmte an ihrer Methode. Sie hoffte von Herzen, dass ihr Opfer wieder ganz gesund wurde, vor allem im Kopf und zwar nachhaltig.
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