Donnerstag, 29. Dezember 2022
Zwölf überflüssige Morde mit absurden Weihnachtsaccessoires, Nr. 7
Stella schmollte. Pastor Hahnemann fand es auch noch besonders witzig, dass sie einen Stern spielte. So eine blöde Rolle. Als wenn es nicht schon schlimm genug war, beim Konfirmandenkrippenspiel mitwirken zu müssen. Eine hirnlose Tradition weihnachtlicher Backfischdemütigung. Sebastian spielte den Josef und hatte sich "aus pädagogischen Gründen", wie es Pastor Hahnemann formuliert hatte, die Maria an seiner Seite selbst erwählen dürfen. Natürlich hatte er Tabea ausgesucht. Alle waren scharf auf Tabea. Und Stella stand nun da, mit einem Stock an der Hand, auf dessen abgerundetem Ende ein goldener Pappstern mit Schweif prangte, der Komet von Bethlehem. Sie hatte nur einen Satz. "Seht mich an: Wo ich stehe, da findet ihr den Retter." Aber sie sah niemand an. Alle sahen nur Tabea an. Ganz besonders Sebastian. Der Verräter. Der Sternenstab war am oberen Ende abgerundet, wie bereits erwähnt. Nach unten lief er spitz zu. Er diente im Sommer als Rankhilfe. Der Stern stellte dem Josef ein Bein. Der Josef schlug lang hin. Der Stern stach zu. Mitten ins Herz. Das hatte er davon, dass er die falsche Maria gewählt hatte.
"Wie im wirklichen Leben.", dachte Stella noch. "Der echte Josef soll ja auch nicht alt geworden sein."

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Mittwoch, 28. Dezember 2022
Zwölf überflüssige Morde mit absurden Weihnachtsaccessoires, Nr. 6
Die Magenkrämpfe ließen nicht nach. Leander hatte ihr vor einer Stunde Heilerde verabreicht, weil das Sodbrennen nach der gestrigen Fressorgie unerträglich geworden war. Dieses Granulat, das man unzerkaut mit einem Glas Wasser herunter spülte, als würde man den Magen mit einer Trittschalldämmung versehen. Eklig, aber normalerweise hochwirksam. Nur diesmal blieb die gewünschte Wirkung aus. Stattdessen wurden die Krämpfe heftiger, die Schmerzen kaum zu ertragen.
Leander überlegte, ob er die Verpackung einfach über den Hausmüll entsorgen sollte, entschied sich dann aber dagegen, wer konnte schon mit Sicherheit sagen, dass man sich auf die Müllabfuhr verlassen konnte.
"Bin gleich wieder da.", rief er über die Schulter und machte sich auf zu einem Spaziergang. Den Karton mit dem Rattengift nahm er mit. Im Nachbarort stand gerade eine Mischmüllmulde herum, die frei zugänglich war. Dunkel war es auch schön, niemand würde ihn bemerken. Und wenn er wieder zu Hause war, wären Lenas Krämpfe vorbei.

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Dienstag, 27. Dezember 2022
Zwölf überflüssige Morde mit absurden Weihnachtsaccessoires, Nr. 5
Auf dem Tisch standen Sektflöten mit schalen Resten weihnachtlichen Champagners. In einem Glas befand sich ein Gegenstand, jedoch weder eine Olive noch ein Cocktailkirsche. Keller trat näher heran, um den Inhalt zu fixieren. Er identifizierte einen abgetrennten Finger und an dem Amputat steckte ein Siegelring.
"Das ist mal ein Statement.", meinte Keller und machte sich auf die Suche nach den restlichen 996 Promille des Schlossherrn. Seine Mörderin befand sich bereits in Polizeigewahrsam. "Seine Linie ist hiermit zu Ende." hatte sie noch gelallt, bevor sie in den komatösen Schlaf des alkoholischen Vollrausches gefallen war. Sie roch nach Scotch. Warum hatte sie den Finger nicht in hochprozentigem Alkohol eingelegt? Aber eigentlich erklärte sich das von selbst.

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Montag, 26. Dezember 2022
Zwölf überflüssige Morde mit absurden Weihnachtsaccessoires, Nr. 4
"Du verwöhnst mich doch immer wieder, als wäre ich deine Prinzessin.", hauchte Jennifer Hendrik entgegen, während sie zitternd vor freudiger Erregung den Gutschein in den Händen hielt: Geschenkgutschein für eine Schlittenfahrt. Sofort einzulösen.
"Du BIST meine Prinzessin.", erwiderte Hendrik und blickte verstohlen zur Seite, ob auch niemand mitbekam, dass er sich mit seiner jungen Assistentin für einen kurzen Moment von der Betriebsfeier abgesetzt hatte.
"Zieh dich warm an und geht schon mal nach unten. Ich komme gleich nach."
Jennifer schlüpfte in den Luxus-Webpelz vom letzten Jahr. Eine romantische Schlittenfahrt. Was würde Hendrik sich als nächstes einfallen lassen? Und wohin ging die Reise? In ein schnuckliges kleines Hotel? Mit Champagner und Verlobungsringen am Kaminfeuer? Hatte er es endlich geschafft, seiner Frau alles zu offenbaren?
Sie lief die Treppen hinunter, war so voller Leben, wie schon seit Wochen nicht mehr. Vor der Tür stand ein Motorschlitten mit Fahrer.
"Steigen Sie ein, Lady.", forderte der sie mit sonorer Stimme auf. Sie ließ sich auf die Sitzbank fallen und wollte sich gerade vorstellen, wie Hendrik jeden Augenblick neben ihr sitzen und sie umarmend mit ihr durch den nächtlichen Schnee brausen würde, da startete der Fahrer die Maschine und fuhr los.
"Warten Sie, warten sie, mein Freund, äh, mein Mann fehlt noch. Bitte kehren Sie um.", rief sie verzweifelt, denn der Fahrer schien sie nicht zu hören, fuhr weiter, brauste durch die Kurven, verließ die festen Wege, zischte über Felder und Wiesen, legte plötzlich einen merkwürdigen Hebel um, verließ den Schlitten mit einem beherzten Sprung und ließ ihn vor einen Baum rasen.
Hendriks Problem war gelöst.

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