Freitag, 3. Januar 2020
Wut
Am Anfang war das Wort. Ganz leise, unausgesprochen, mehr so ein Gefühl.

„Das gibt‘s doch gar nicht! Und so was von Kirche! Da hört sich doch alles auf! Machen die einfach ein Konfirmanden-Event im Möbelhaus, ohne das vorher anzumelden, und dann steht mein Kind draußen in der Kälte, einfach vor die Tür gesetzt, nur weil diese Orgelpfeifen nicht anständig planen können. Sollte man alle rausschmeißen. Schmarotzerpack!“

Und das Wort war nicht mehr bei Gott. Gott war auch nicht das Wort, es war ein böses Wort. Ein Scheißgefühl.

„Ekelhaft, wenn die Weiber ihre blutenden Windeln einfach so in den Hausmüll meiern. Gibt doch extra diese Papiertüten dafür. Drecksweiber, widerliche! Und der Küster macht auch nix, die Sau!“

Alles Elend ist durch dasselbe gemacht und ohne dasselbe ist kein Elend gemacht, was entstanden ist.

„Diese beschissene Pastorin! Der würde ich am liebsten büschelweise die Haare ausreißen. Als wenn irgendjemand sonst den Verkündigungsengel besser spielen könnte als meine Joelina. Immer wird sie nach hinten gedrängt und die Kinder von Borchardts und Vennebecks haben jedes Mal Hauptrollen. Ist doch eh alles abgekartet, stecken alle unter einer Decke!“

In ihm war das Streben. Und das Streben war die dunkle Last der Menschen.

„Kein Ave Maria bei der Trauung? Hallo? Wessen Hochzeit ist das eigentlich? Dass die Pastöre mit ihren vorsintflutlichen Vorstellungen einem einfach jede Party im Leben versauen müssen. Als ob das irgendeinen interessiert, dass man in der Evangelischen Kirche nicht zu Maria betet. Will ja auch keiner beten. Wir wollen doch einfach nur ergreifende Musik, wenn Blumen streuen und Reis werfen schon verboten sind. Wenn das alles über die Bühne ist, trete ich aus. Spätestens nach der Kindstaufe. Sollen sehen, wo sie ihre Steuern herkriegen. Wenn sie ihre Pastöre nicht mehr bezahlen können, weht hier endlich mal ein anderer Wind!“

„Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat‘s nicht ergriffen.“ (Johannes 1, 5)

„Kirche ist wirklich der allerletzte Vermieter! Schaffen es noch nicht einmal einen Parkplatz für Anwohner frei zu halten. Überall stellen diese fußfaulen Weiber ihre bonbonfarbenen Knutschkugeln ab und ich muss meinen Großeinkauf ‘n halben Kilometer um den Block schleppen. Abschleppen lassen müsste man die, damit sie es endlich lernen!“

Und die Dunkelheit dringt in alle Ritzen, ergreift Besitz von jedem und die Macht über alle.

„Jetzt ist es also amtlich. Ich habe ja schon immer gewusst, dass der ein krummer Hund ist. Wie der schon immer rumläuft. Und wie der redet, als käme er direkt aus der Gosse. Und so einen hat man nun jahrelang auf Kinder losgelassen. Dem zeigen wir es jetzt. Der kriegt hier nie mehr ein Bein an die Erde.“
„Unfassbar. Dass der jahrelang damit durchgekommen ist. Wer weiß an wie vielen der sich am Ende vergangen hat. Immer schön auf Freizeiten gefahren und die kleinen Mädchen nachts am Strand verführt. Hat er wohl nicht mit gerechnet, dass mal eine auspackt. Jetzt kriegt er die Packung. Und nicht nur eine.“

Vor dem Gemeindehaus zogen die düsteren Gestalten immer engere Kreise um den Eingangsbereich. Hier war kein Entkommen mehr für den, dessen sie habhaft werden wollten. Trotz der farblichen Vielfalt ihrer Walkmäntel und Funktionsjacken stockten sie langsam zu einer graubraunschwarzen homogenen Masse, denn die Finsternis ihrer versteinerten Mienen breitete sich rauchschwadengleich über ihnen aus. Sie waren die selbst beflügelten Racheengel mit der flammenden Rosenschere, dem donnernden Dachdeckerhammer, dem zornglühenden Gemüsemesser. Einige hatten sogar Fackeln dabei und wussten selbst nicht warum. Sie waren nur noch geballte Wut. Es hatte sich herumgesprochen in der Gemeinde, Rüdiger, der bärig-väterliche Diakon mit dem athletischen Kreuz und den hellbraunen Samtaugen war einer von diesen Subjekten. Lisa-Marie war am Samstag spät aus seinem Haus getreten, das Gesicht voller Tränen, ihre Lippen hatten nicht ein einziges Wort geformt, nur erstickte Schreie und sie hatte am ganzen Körper gezittert. Jetzt war er dran, das Schwein. Es ging ganz schnell. Hopp, zack, bumm und Rüdiger rührte sich nicht mehr. Sie waren schneller als Lisa-Maries Mutter, die sich beeilte zu erklären, dass die Lisa-Marie beim Rüdiger gewesen war, zum seelsorgerlichen Gespräch, weil, ja das war jetzt auch egal und überhaupt zu spät.

Und am Ende heißt es dann wieder: Man habe das alles nicht gewusst und das habe man so nicht gewollt und wer hätte denn ahnen können und man habe ja auch nur seine Pflicht getan.

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Samstag, 28. Dezember 2019
Oh Tannenbaum
Die Atemzüge vom Sofa waren schon seit einiger Zeit regelmäßig, die Kerzen aber höchstens zur Hälfte heruntergebrannt, endlich mal Gelegenheit, bei Festbeleuchtung zum Leben zu erwachen. Die Lebkuchenfrau sah sich um: da neben ihrem Mann hing immer noch der schwarze Engel, schön wie die Sünde, bunt bemalt wie die klare Winterdämmerung, glatt, schlank und glänzend.
„Frag ihn doch mal, wo er herkommt“, zischte sie ihrem Mann zu, der gelangweilt an seiner Goldkordel baumelte und ins Kerzenlicht blinzelte.
„Warum willst du das wissen?“, stöhnte er.
„Jetzt frag schon!“
„Verzeihung, Sie sind wohl nicht von hier?“
Der Engel reagierte nicht, drehte sich nur leicht und schillernd im Kerzenlicht.
„Der redet nicht mit uns, ist sich wohl zu fein.“
Die Lebkuchenfrau nahm all ihren Mut zusammen: „Sie, schwarzer Engel, hatten Sie eine weite Reise oder sind Sie auch hier im Haus zum Leben erwacht?“
„Ach, Sie meinen mich.“, flüsterte der schwarze Engel. „Ich kam mit der Post. Und wo ich genau zum Leben erwacht bin, weiß ich nicht. Das hier ist mein zweites, früher war ich ein Tonträger für Musik, also nicht für dieses Gedudel, das der pupsende Schnarchsack da auf dem Sofa hört, etwas Flotteres, aber dann hatte die Platte irgendwann so viele Kratzer, dass sie eigentlich verbrannt werden sollte, zusammen mit Zigarettenkippen, Papierschnipseln, Kerzenresten, verdorbener Wurst und allerlei staubigem Unrat. Jemand rettete mich und wir wurden viele. Dann riss man uns auseinander und nun bin ich hier. Und Sie sind beide hier erweckt worden?“
„Ganz genau.“, erklärte der Lebkuchenmann steif. „Wir sind von hier. Waren nie woanders. Sind immer am Ort unserer Bestimmung geblieben.“
„Wer‘s glaubt.“, flüsterte der schwarze Engel und behielt für sich, dass das Lebkuchenpaar wohl sehr bald in irgendeinem Darm enden würde, während er selbst davon ausgehen konnte, wieder in Seidenpapier gewickelt in eine Kiste gelegt zu werden, um sich nach etwa einem Jahr wieder im Kerzenschein zu drehen. Das geradlinig gebackene Strichmännchen war ihm einfach zu blöd, aber das kurvige, wohlgerundete, weibliche Pendant verfügte über einen gewissen Charme und für die Restlaufzeit in der hiesigen Blaufichte wäre sie eine entzückende Gesprächspartnerin und wer wusste das schon, vielleicht auch etwas mehr.
„Sind Sie zusammen aus dem Ofen gekommen?“, fragte der schwarze Engel interessiert und zwinkerte der Lebkuchenfrau zu, der plötzlich ganz heiß wurde.
„Ja“, antwortete sie sanft. „Wir stammen vom selben Blech. Man sucht sich halt nicht aus, mit wem man sein Leben verbringt.“
„Das klingt ja gerade so, als sei es unabänderlich.“, säuselte der Lebkuchenmann und versetzte sich selbst zunehmend in Schwingung. Inspiriert von seinem Schwung verfiel die Lebkuchenfrau in denselben Rhythmus. Ganz außer sich vor Wonne bemerkte sie gar nicht, wie ihr von der aufsteigenden Feuchtigkeit ein Teil ihres Zuckergussrandes von der Hüfte fiel.
„Oh oh“, säuselte der Engel. „Sie übertreffen all meine Erwartungen, wer hätte gedacht, dass Sie so freigebig ihre Hüllen fallen lassen.“
„Aber nicht doch“, erwiderte die Lebkuchenfrau verschämt und ihr Mann wurde ebenfalls in Schwingung versetzt – vor Zorn über die dreiste Annäherung des Auswärtigen und auch durch den Rhythmus der anderen beiden.
Schon bald hatte der schwarze Engel sein Ziel erreicht. Der farblose, fahle Lebkuchenmann wankte ein ums andere Mal durch eine immer heftiger züngelnde Kerzenflamme, bis er schließlich ganz verkohlt war, sogar seine einst so strahlend weiße Zuckerkruste bestand nur noch aus dunkelbraunen Borken und am Ende war er zwischen Loch und Schädeldecke so dünn und mürbe, dass die Goldkordel den schmalen Steg durchschnitt und er berstend zu Boden ging.
„Oh“, entfuhr es der Lebkuchenfrau schuldbewusst, aber sie fühlte auch eine freudige Erregung in sich aufsteigen, weil nun nichts mehr zwischen ihr und dem bildschönen Exoten hing.
Der lächelte verstohlen und raunte: „Am Ende denken sowieso alle, dass es die Katze gewesen ist.“

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Freitag, 20. Dezember 2019
Spalter
Sozialarbeiter:
Das habt ihr nun davon. Hätte ich euch gleich sagen können, aber ihr wolltet ja nichts davon wissen. Nein, ihr wart so sehr damit beschäftigt den abgehalfterten Möchtegern-Alt-Achtundsechzigern in die faltigen Ärsche zu kriechen und ihr unreflektiertes, veraltetes Credo nachzuplappern, dass ihr gar nicht gemerkt habt, wie ihr genau das angerichtet habt, was ihr mit eurer und unserer Arbeit doch eigentlich verhindern solltet. Oh, wir sind zwar Diakonie, aber so Scheiße sind wir gar nicht, schließlich sind wir nicht Kirche, die gibt uns zwar einen Haufen Kohle, damit wir nicht pleite gehen, aber wir finden die genauso doof wie ihr, haha, blöde Pfaffen, die immer nur irre vor sich hinplappern, haben wir auch nichts mit am Hut, wir sind auch cool, wir fahren auch Motorrad und Religion hat bei uns keinen Platz.

Stadtjugendpfleger:
Jetzt ist es passiert. Den Jungs ist der Kragen geplatzt. Tagtäglich den bürgerlichen Wohlstand im Viertel vor Augen und sich selber nichts leisten können. Es reicht eben nicht, Öffnungszeiten für diese Zielgruppe anzubieten. Da hätte viel mehr passieren müssen. Fachkraftstunden für schulische Begleitung, Berufsfindung, Talentscouts und so weiter. Und diese ewiggestrigen Gemeindepädagogen, die wir von der Kirche geerbt haben. Kommen immer wieder an und wollen Konfirmandenarbeit machen. Als wenn die es nötig hätten. Die haben doch behütete Elternhäuser, Bildungschancen, Geld und tiefe Wurzeln. Aber schon klar, warum die sich die Konfis ins Haus holen wollen, dann haben sie die Hütte voll und trotzdem weniger Stress und um die Problembeladenen und Abgehängten kann sich dann das Jugendamt kümmern. Na schönen Dank auch. Christenpack.

Personalchef Diakonie:
Auch das noch. Und dann so kurz vor Weihnachten. Wir hätten uns die Jugendzentren nicht an die Backe heften sollen. Jetzt machen nicht nur die renitenten Pädagoginnen Stress, jetzt flippt auch noch deren Zielgruppe aus. Was machen die eigentlich den ganzen Tag? Wenn die vernünftig arbeiten würden, wäre das doch gar nicht passiert. Warum geraten zwei Jugendcliquen dermaßen erbittert aneinander? Das muss doch schon länger gegärt haben, das müssen die doch gemerkt haben. Wir müssen den ganzen Personalstamm auswechseln, das geht so nicht weiter. Wir brauchen Leute, die machen, was man ihnen sagt und nicht immer um jeden Preis ihre eigenen Ideen durchsetzen wollen. Teuer sind sie auch, diese übergeleiteten Gemeindepädagogen. Müssen wir irgendwie loswerden. Jetzt ist ja was richtig übles passiert. Vielleicht geht da mal was.

Sozialarbeiterin
Vor zwanzig, dreißig Jahren wäre das nicht passiert. Die wären überhaupt nicht auf die Idee gekommen, eine Gruppe Gleichaltriger anzugreifen. Die hätten mit denen zusammen im Jugendzentrum abgehangen, gefeiert und sich durcheinander geliebt. Damals, als der öffentliche Träger noch nicht dem Steuerungswahn verfallen war, als Jugendamtsmitarbeiter sich noch nicht einbildeten, vom Schreibtisch aus Angebote sinnvoll planen und initiieren zu können. Als die Leute mit Verantwortung noch nicht einer fünf mal aufgewärmten Ideologie hinterherhechelten, statt den Dingen ihren Lauf zu lassen. Überall hatten wir Einrichtungen, wo offene Angebote und Verbandsjugendarbeit sich mischten und dadurch auch die Klientel. Arme und Reiche, Sonderschüler und Gymnasiastinnen, Sportler und Bastelnerds, Hänger und Macher, Christen und Muslime, Atheisten und Esoteriker, Deutsche und Italiener, Kurden und Türken, Ökos und Konsumopfer… Alle gehörten dazu und kamen miteinander klar, feierten zusammen, stritten und verliebten sich, lernten von- und miteinander, interessierten sich füreinander. Und dann wurden Mittel gestrichen. Geld war knapp geworden und kleinen offenen Türen wurde das Personal verwehrt. Da, wo kirchliche Jugendzentren noch weiter liefen, wurde alles erkennbar Kirchliche untersagt, sonst wäre kein Geld mehr geflossen. Doch, man durfte schon noch Plakate aufhängen und auch mal die Räume für religiöse Veranstaltungen zur Verfügung stellen, aber Zusammenarbeit mit den Gemeinden, das wurde nicht gern gesehen und Fachkraftstunden durften da nicht mehr hineinfließen.

Und was kam dabei heraus? Die Jugendlichen blieben weg, die Jugendzentren wurden ihnen fremd, die Sozialarbeiter rödelten und wirbelten, um überhaupt noch irgendwen in die Häuser zu bekommen, kämpften um ihr Überleben, denn wo keine Besucher kommen, herrscht angeblich kein Bedarf und wo kein Bedarf herrscht…
Und am Ende kamen nur noch Einwanderer überwiegend muslimischen Glaubens in die Einrichtungen. Und dann kamen erst recht keine anderen Kids mehr, denn wer mal allein vorbei schaut und sieht, da sind nur Leute, die mir sehr fremd sind, der kommt nicht wieder.

Jetzt sitzen die Eingewanderten und Geflüchteten in den Jugendzentren. Bleiben schön unter sich. Kein Kontakt zu den Eingeborenen, kein Dialog der Religionen oder Kulturen, alles hübsch getrennt, bloß nichts vermischen, könnten sich ja Freundschaften entwickeln oder sogar so etwas Unerhörtes wie Liebe.

Aber Kirche doof finden: das ist der Moses und die Propheten, da geht nichts drüber und daran kommt man nicht vorbei, denn das haben die Verantwortlichen in ihrer wildesten und tollsten Lebenszeit gelernt und das sitzt, das Christenpack muss man kurz halten, sonst reißen die alles an sich, beherrschen alles und am Ende kommt das das Ungeheuerlichste von allem, dann segnen sie.

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Freitag, 13. Dezember 2019
Nachhaltig
Hatte sie das wirklich getan? Sie hätte sich ja – zumindest in ihren kühnsten Träumen – vorstellen können, in einem Verhörzimmer zu landen, zum Beispiel wegen Landfriedensbruchs oder vermeintlicher Werbung für eine terroristische Vereinigung, damals, als sie sich noch im Dunstkreis Polizeigewaltanfälliger Gruppen bewegt hatte. Aber jetzt saß sie hier wegen Körperverletzung, wegen eines Gewaltexzesses, von dem sie niemals geglaubt hätte, dass sie dazu fähig sei.
„Ich find's ganz toll, dass ihr heute Morgen alle hier seid“, hatte das Mädchen mit dem debilen Dauergrinsen die Fachkräfte begrüßt. Es war ja irgendwie frauenfeindlich, eine beinahe Dreißigjährige als Mädchen zu bezeichnen, aber Himmelherrgott, sollte sie bitte nicht so girly-like rumfiesteln, mit dieser künstlich hochgezogenen Stimme, als wolle sie ein Kätzchen anlocken oder Kleinkindern signalisieren, dass sie eine ganz liebe Tante war. Und dazu dieses eingefräste Grinsen, das immer exakt eine Sekunde vor dem Einsetzen des Sprechgesangs eingeschaltet wurde und sich dann wie in einem Krampf festsetzte wie bei einem Rechner, der sich aufhängte und auf keine Befehle mehr reagierte, die ganze Zeit das gleiche regungslose Bild. Grauenvoll.

Sie hätte das alles klaglos hingenommen, aber dann hatte sie das Pech, den falschen Workshop gewählt zu haben, wobei es sicher auch keinen richtigen Workshop gab, die anderen Referenten waren ebenfalls auf ihre ganz eigene Weise absonderlich. Aber hier, wo es um das faire Jugendhaus ging, wo sie darauf gehofft hatte, echte Ergebnisse zu erarbeiten, Ideen, Impulse für die Einrichtung vor Ort, wie man bei Jugendlichen ohne moralinsaures Genörgel ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit, Fairen Handel, Co2-Vermeidung, Müllvermeidung etc. erzeugen kann, wurde sie bitter enttäuscht.

Das Mädchen redete die ganze Zeit, als hätte sie eine Gruppe Konfirmanden vor sich, denen sie erst einmal die Angst vor dem Thema nehmen musste, nein, es sei gar nicht wichtig, alles richtig zu machen, es wäre schon toll, wenn man eine Sache verändern würde, und wer total gerne Fleisch isst, der macht das eben und fliegt dafür nicht in den Urlaub usw.

Dann kamen endlich die Kleinstgruppen, endlich musste sie dem Mädchen nicht mehr zuhören, dieser dürren, blutjungen Ziege, die vor allem sich selbst gern reden hörte. Und es hätte so gut werden können, gerade kam sie mit netten Kolleginnen in einen Austausch über den schwierigen Umgang mit diesem Thema und mit ein wenig Zeit hätte man vielleicht einen Punkt gefunden, an dem man ansetzen konnte. Aber das Mädchen schlich frustriert umher, weil sie niemanden mehr volllabern konnte, schon stand sie neben der Gruppe, schaute fragend in die Runde und eine viel zu nette Kollegin setzte sie in Kenntnis, über was hier gerade beraten wurde und schon hatte das Grinsemädchen wieder ganz viel zu sagen.

Und dann war es passiert. Das Saurierhirn hatte die Führung übernommen. Diese kleine Kackbratze bedrohte ihre Existenz. Sie musste sie ausschalten, um nicht totgelabert zu werden. Der wenig nachhaltige Weihnachtsstern im scheußlich vergoldeten Tontopf war das Mittel ihrer Wahl. Blitzschnell griff sie danach und zog der Grinsemieze eins über. Die ging sofort blutend zu Boden. Als sie erneut ausholte, hielten schon zwei Kolleginnen sie fest, jemand drittes setzte bereits einen Notruf ab und innerhalb von Minuten war sie von uniformierten Beamten in den Peterwagen geschoben worden.

Vielleicht hatte das Mädchen gemerkt, dass sie so nicht weitermachen konnte, dass da etwas nicht stimmte an ihrer Methode. Sie hoffte von Herzen, dass ihr Opfer wieder ganz gesund wurde, vor allem im Kopf und zwar nachhaltig.

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