Freitag, 24. September 2021
Waldheim
c. fabry, 18:21h
"Da ist jemand an der Haustür.", raunte Tijan.
Merle kam dazu. "Ich habe gerade gesehen, wie jemand auf den Parkplatz gefahren ist."
"Wer kommt denn um diese Zeit noch hier vorbei?" fragte Lucy.
Sie war schon auf dem Weg in die Küche, um die gusseiserne Bratpfanne zu holen, die hatte wenigstens richtig Wumms. Doch dann erinnerte sie sie an das, was Tina ihr vor ein paar Jahren erzählt hatte. Ihre um eine Dekade ältere Schwester hatte auch einmal mit einer Jugendgruppe in diesem Selbstversorger-Haus mitten im Wald übernachtet. Das lag mittlerweile zwölf Jahre zurück.
"Wir hatten eine tolle Chorfreizeit. Die Kinder lagen schon in den Betten und wir Teamer waren gerade dabei, alles an Chips und Bier aus den Ecken zu holen, um den Abend gemütlich ausklingen zu lassen. Da kratzte plötzlich jemand an der Haustür und mir fiel auf, dass ich mich ein paar Minuten vorher gewundert hatte, dass ein Auto vorgefahren war. Ich hab mir gedacht, dass die vielleicht jemand aus dem Dorf noch mal mit seinem Hund im Wald war, habe gar nicht drüber nachgedacht, dass das in der Dunkelheit ziemlich sinnlos ist. Wir haben dann gesehen, dass die Gestalt wieder weg huschte. In unseren Köpfen liefen alle nur erdenklichen Horrorfilme ab, Freitag der Dreizehnte und so.
Sandra hat dann aus dem Fenster an der Frontseite des Hauses geguckt und gesehen, dass da immer noch ein fremdes Auto stand. Ich fühlte mich verantwortlich für die Sicherheit der Gruppe, habe mir den Schürhaken vom Kamin geschnappt und mich durch einen versteckten Kellereingang nach draußen geschlichen. Als ich zur Hälfte das Außengelände abgesucht hatte, sah ich einen Mann, der sich am Kellereingang zu
schaffen machte. Er war ganz in Schwarz gekleidet, mit einer Skimütze über dem Kopf, es war offensichtlich, dass er was Übles vorhatte. Ich bin von hinten auf ihn los und hab' im mehrmals eins übergezogen. Irgendwann kamen die anderen dazu und haben die Polizei angerufen. Und einen Krankenwagen. Als die Sanitäter dem Einbrecher die Maske runterzogen, haben wir ihn erkannt: es war Volker, unser Jugendreferent. Er wollte uns nur ein bisschen erschrecken, ein bisschen Spaß machen. Ich habe ihn ziemlich übel verletzt. Er hat seitdem Gleichgewichtsstörungen, Lähmungen und kann sich nicht mehr lange konzentrieren. Es war ein schrecklicher Unfall. Ich konnte doch nicht wissen, dass es nur ein Spaß war."
Nein, dachte Lucy, das wird mir nicht passieren. Wir leben nicht in einem Horrorfilm. Es gibt bestimmt eine vernünftige Erklärung.
Jetzt klopfte jemand am Kellereingang.
"Wer kann das sein?", fragte Tijan.
"Da macht sicher einer einen Spaß mit uns.", erwiderte Lucy mit gespielter Lässigkeit. "Wisst Ihr was? Mit dem machen wir uns jetzt einen Spaß. Wir machen sämtliche Lichter aus und verteilen uns im ganzen Haus. Entweder, er zieht irgendwann wieder ab, oder er gibt sich zu erkennen."
Alle fanden den Vorschlag originell. Einmal Verstecken im Dunkeln. Sie verteilten sich und warteten mucksmäuschenstill. Lucy stand in der Putzkammer und hörte nichts als den eigenen Atem. Sie war schon kurz davor, die Aktion abzubrechen, da hörte sie seltsame Geräusche von unten. Der versteckte Kellereingang hatte noch immer dieses antike Schloss, das jeder, der einen altmodischen Dietrich besaß, knacken konnte. Im Prinzip war das kein Drama, die Feuerschutztür, durch die man noch musste, war mit einem Sicherheitsschloss ausgestattet - aber die Tür war offen. Dann hörte sie deutlich Schritte auf der Kellertreppe, jetzt war gleich ihr Moment. Vorsichtig und leise drückte sie die Klinke nach unten und als der Eindringling auf Höhe der Besenkammer war, stürmte sich hinaus und warf sich auf ihn.
"Hab ihn!", brüllte sie aus Leibeskräften um die anderen dazu zu holen, aber sie hatte nicht mit deren Feigheit gerechnet. Sie wälzte sich mit dem Eindringling auf dem Boden und keuchte: "Wer bist du und was soll das?"
"Für Volker.", raunte der Einbrecher mit einer eindeutig weiblichen Stimme.
Das letzte was Lucy hörte war das Knacken im Kopf. Dann hörte alles auf.
Merle kam dazu. "Ich habe gerade gesehen, wie jemand auf den Parkplatz gefahren ist."
"Wer kommt denn um diese Zeit noch hier vorbei?" fragte Lucy.
Sie war schon auf dem Weg in die Küche, um die gusseiserne Bratpfanne zu holen, die hatte wenigstens richtig Wumms. Doch dann erinnerte sie sie an das, was Tina ihr vor ein paar Jahren erzählt hatte. Ihre um eine Dekade ältere Schwester hatte auch einmal mit einer Jugendgruppe in diesem Selbstversorger-Haus mitten im Wald übernachtet. Das lag mittlerweile zwölf Jahre zurück.
"Wir hatten eine tolle Chorfreizeit. Die Kinder lagen schon in den Betten und wir Teamer waren gerade dabei, alles an Chips und Bier aus den Ecken zu holen, um den Abend gemütlich ausklingen zu lassen. Da kratzte plötzlich jemand an der Haustür und mir fiel auf, dass ich mich ein paar Minuten vorher gewundert hatte, dass ein Auto vorgefahren war. Ich hab mir gedacht, dass die vielleicht jemand aus dem Dorf noch mal mit seinem Hund im Wald war, habe gar nicht drüber nachgedacht, dass das in der Dunkelheit ziemlich sinnlos ist. Wir haben dann gesehen, dass die Gestalt wieder weg huschte. In unseren Köpfen liefen alle nur erdenklichen Horrorfilme ab, Freitag der Dreizehnte und so.
Sandra hat dann aus dem Fenster an der Frontseite des Hauses geguckt und gesehen, dass da immer noch ein fremdes Auto stand. Ich fühlte mich verantwortlich für die Sicherheit der Gruppe, habe mir den Schürhaken vom Kamin geschnappt und mich durch einen versteckten Kellereingang nach draußen geschlichen. Als ich zur Hälfte das Außengelände abgesucht hatte, sah ich einen Mann, der sich am Kellereingang zu
schaffen machte. Er war ganz in Schwarz gekleidet, mit einer Skimütze über dem Kopf, es war offensichtlich, dass er was Übles vorhatte. Ich bin von hinten auf ihn los und hab' im mehrmals eins übergezogen. Irgendwann kamen die anderen dazu und haben die Polizei angerufen. Und einen Krankenwagen. Als die Sanitäter dem Einbrecher die Maske runterzogen, haben wir ihn erkannt: es war Volker, unser Jugendreferent. Er wollte uns nur ein bisschen erschrecken, ein bisschen Spaß machen. Ich habe ihn ziemlich übel verletzt. Er hat seitdem Gleichgewichtsstörungen, Lähmungen und kann sich nicht mehr lange konzentrieren. Es war ein schrecklicher Unfall. Ich konnte doch nicht wissen, dass es nur ein Spaß war."
Nein, dachte Lucy, das wird mir nicht passieren. Wir leben nicht in einem Horrorfilm. Es gibt bestimmt eine vernünftige Erklärung.
Jetzt klopfte jemand am Kellereingang.
"Wer kann das sein?", fragte Tijan.
"Da macht sicher einer einen Spaß mit uns.", erwiderte Lucy mit gespielter Lässigkeit. "Wisst Ihr was? Mit dem machen wir uns jetzt einen Spaß. Wir machen sämtliche Lichter aus und verteilen uns im ganzen Haus. Entweder, er zieht irgendwann wieder ab, oder er gibt sich zu erkennen."
Alle fanden den Vorschlag originell. Einmal Verstecken im Dunkeln. Sie verteilten sich und warteten mucksmäuschenstill. Lucy stand in der Putzkammer und hörte nichts als den eigenen Atem. Sie war schon kurz davor, die Aktion abzubrechen, da hörte sie seltsame Geräusche von unten. Der versteckte Kellereingang hatte noch immer dieses antike Schloss, das jeder, der einen altmodischen Dietrich besaß, knacken konnte. Im Prinzip war das kein Drama, die Feuerschutztür, durch die man noch musste, war mit einem Sicherheitsschloss ausgestattet - aber die Tür war offen. Dann hörte sie deutlich Schritte auf der Kellertreppe, jetzt war gleich ihr Moment. Vorsichtig und leise drückte sie die Klinke nach unten und als der Eindringling auf Höhe der Besenkammer war, stürmte sich hinaus und warf sich auf ihn.
"Hab ihn!", brüllte sie aus Leibeskräften um die anderen dazu zu holen, aber sie hatte nicht mit deren Feigheit gerechnet. Sie wälzte sich mit dem Eindringling auf dem Boden und keuchte: "Wer bist du und was soll das?"
"Für Volker.", raunte der Einbrecher mit einer eindeutig weiblichen Stimme.
Das letzte was Lucy hörte war das Knacken im Kopf. Dann hörte alles auf.
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