Freitag, 24. Juni 2016
Löwengrube - abgeschlossener Kurzkrimi
c. fabry, 21:09h
Lärmend füllte sich das Gemeindehaus mit fröhlichen Kinderstimmen. Alle waren ganz aufgeregt, denn sie wollten unbedingt wissen, wie die Geschichte von Daniel in der Löwengrube ausging. Zum ersten Mal arbeitete das Kinder-Bibelwochen-Team mit Cliffhangern und das hatte sich offensichtlich bewährt. Sie freuten sich über Besucherzahlen wie in den Siebzigern.
Erleichtertes Aufatmen und große Aufregung fegten durch den Saal, als der Spannungsbogen zu Ende geführt wurde und der erfundene Babylonier den Kindern seine Beobachtungen von der wundersamen Rettung des jüdischen Propheten mitteilte. In altershomogenen Kleingruppen durften die Kinder das Erlebte nun verarbeiten.
Bei den Neun- und Zehnjährigen war heute jemand ausgefallen und so musste Marita Luna unterstützen, die unmöglich allein mit knapp zwanzig Kindern Löwenmasken basteln konnte. Sie tat das schweren Herzens, denn erstens hatte sie sich auf die interaktiven Spiele mit den Elf- bis Zwölfjährigen gefreut und außerdem wollte sie eigentlich Lars im Auge behalten, der ihr in den letzten Tagen ein bisschen zu zugewandt gegenüber der zwölfjährigen Lilly erschienen war.
Vor zwei Jahren war ihr Lars beim Jungschar-Wochenende aufgefallen. Wenn sich ein hübsches Mädchen beim Geländespiel verletzte, wurde sie ausgiebig getröstet, er nahm sie in den Arm und steckte ihr ein Bonbon zu. Wenn sich ein Junge weh getan hatte oder ein weniger süßes Mädchen, schickte er die Kinder zur Jugendreferentin: „Geh mal zu Marita, die hat bestimmt ein Pflaster für dich.“
Seitdem hielt sie ihn unter Beobachtung. Er war einer von den Kreativen, Fleißigen und Verantwortungsbewussten. Aber er war auch einer, den keiner so richtig ernst nahm, erst recht nicht die Mädchen oder jungen Frauen in seinem Alter. Die bewundernden Blicke der begeisterungsfähigen, kleinen Mädchen schienen ihn irgendwie anzumachen. Er war kein Idiot. Er wusste, dass erotische Annäherungsversuche gegenüber Kindern nicht nur verboten waren, sondern den Kindern auch tatsächlich großen Schaden zufügten. Er hatte schon mehrere Schulungen dazu mitgemacht. Aber sie traute ihm trotzdem nicht. Er war zwar nicht allein mit den Kindern, aber Daria war abgesehen von ihrer begrenzten Auffassungsgabe viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass sie sensibel für Grenzüberschreitungen gewesen wäre, die sie nicht persönlich betrafen.
Schon bald war Marita mit den Gedanken woanders, denn sie musste Löcher schneiden, Klebstofftuben von vertrockneten Pfropfen befreien, Streit um die beste Schere schlichten und fünfzehn Mal das Gleiche erklären. Nach zwanzig Minuten ging sie in den Toilettenraum, um die ersten Pinsel auszuwaschen, denn wenn die Kinder dies selbst taten, mussten sie hinterher stundenlang die Fliesen putzen.
„Nee“, hörte sie eine zarte zitternde Kinderstimme.
„Aber es ist doch alles nass da unten.“, hörte sie einen Erwachsenen beruhigend auf das Kind einreden.
„Verdammt, Lars und Lilly!“, dachte Marita und wollte direkt losstürmen, da sprach der Erwachsene weiter: „Wenn wir die Hose unterm Hände-Trockner föhnen, kriegt die Mama gar nicht mit, dass du dich nass gemacht hast.“
Das war Michael, Kindergottesdienst-Helfer seit mehr als zwanzig Jahren. Nur klang Michael nicht wirklich beruhigend, denn er hatte so ein seltsames Vibrato in der Stimme.
„Aber ich war das doch gar nicht.“, wimmerte das kleine Mädchen.
„Ja, aber das glaubt die Mama dir sicher nicht.“, erklärte Michael. „Komm, wir ziehen die Hose jetzt aus und ich mache sie trocken.“
Das Mädchen begann verzweifelt zu schluchzen. Marita löste sich aus ihrer Schockstarre und griff ein. Sie folgte dem Schluchzen hinter einer Toilettentür. Als sie versuchte sie zu öffnen, war sie verriegelt.“
„Michael!“, rief sie. „Komm da sofort raus.“
„Wir müssen hier nur gerade ein Malheur in Ordnung bringen:“, erwiderte er und versuchte vergeblich, seine Erregung zu verbergen.
„Ich kümmere mich darum.“, sagte Marita bestimmt. „Komm da sofort raus, du kannst dich doch als Mann nicht auf der Damentoilette herumtreiben.“
„Ich treibe mich nicht herum, ich versuche die Hose eines Mädchens zu trocknen. Ich kann das Mädchen jawohl schlecht auf die Männertoilette schleppen.“
„Jetzt mach die Tür auf!“
Eingeschüchtert von Maritas scharfem Ton drehte er schließlich an der Verriegelung. Sie riss die Tür auf und zog ihn an seinem T-Shirt aus der Kabine. Vor der Toilette stand das weinende Mädchen. Knopf und Reißverschluss ihrer Hose waren bereits offen.
„Sag mal spinnst du jetzt völlig?“, blaffte Michael Marita an.
Marita sammelte sich kurz und antwortete dann: „Gehst du jetzt bitte wieder in deine Kleingruppe? Wir besprechen das später.“, dann wandte sie sich an das Mädchen: „So Melissa, jetzt erzähl doch mal, wie das mit der nassen Hose passiert ist.“
„Das weiß ich auch nicht.“, schluchzte Melissa. „Auf einmal ist der Malbecher umgekippt und da war meine ganze Hose nass.“
„Ja, so was kann passieren, und ich glaube auch nicht, dass deine Mama dir das nicht glaubt. Weiß du denn was du für eine Größe hast?“
Melissa schüttelte schluchzend den Kopf.
„Na, ich tippe mal auf 134“, schätzte Marita. „Pass mal auf: Wir gehen jetzt nach nebenan in den Kindergarten und gucken, ob wir da eine Ersatz-Leggins in deiner Größe finden. Dann kannst du dich da in Ruhe umziehen und ich bin sicher, das kannst du auch alleine, oder?“
Melissa nickte.
„Wollen wir dann dahin gehen?“
Als das Kind mit einer trockenen Leggins und der eigenen Hose in einer Tragetasche ins Gemeindehaus zurückkehrte, eilte Michael ihr bereits entgegen.
„Den Michael muss ich euch jetzt mal entführen.“, sagte Marita zu den Kindern und nicht eine Stimme des Bedauerns erhob sich. Statt dessen krähte Vincent: „Dann kann er wenigstens keine Malbecher mehr um schmeißen.“ Zustimmendes Gelächter erhob sich.
Vor der Tür sagte Marita mit gedämpfter Stimme: „Ich denke, es ist besser, du gehst jetzt nach Hause. Ich werde allen anderen erzählen, dass es in der Familie einen kleinen Notfall gab. Ich komme nachher bei dir vorbei und dann reden wir.“
„Worüber denn?“, fauchte Michael.
Marita sah ihm fest in die Augen und antwortete:„Ich denke, das weißt du ganz genau.“
Erleichtertes Aufatmen und große Aufregung fegten durch den Saal, als der Spannungsbogen zu Ende geführt wurde und der erfundene Babylonier den Kindern seine Beobachtungen von der wundersamen Rettung des jüdischen Propheten mitteilte. In altershomogenen Kleingruppen durften die Kinder das Erlebte nun verarbeiten.
Bei den Neun- und Zehnjährigen war heute jemand ausgefallen und so musste Marita Luna unterstützen, die unmöglich allein mit knapp zwanzig Kindern Löwenmasken basteln konnte. Sie tat das schweren Herzens, denn erstens hatte sie sich auf die interaktiven Spiele mit den Elf- bis Zwölfjährigen gefreut und außerdem wollte sie eigentlich Lars im Auge behalten, der ihr in den letzten Tagen ein bisschen zu zugewandt gegenüber der zwölfjährigen Lilly erschienen war.
Vor zwei Jahren war ihr Lars beim Jungschar-Wochenende aufgefallen. Wenn sich ein hübsches Mädchen beim Geländespiel verletzte, wurde sie ausgiebig getröstet, er nahm sie in den Arm und steckte ihr ein Bonbon zu. Wenn sich ein Junge weh getan hatte oder ein weniger süßes Mädchen, schickte er die Kinder zur Jugendreferentin: „Geh mal zu Marita, die hat bestimmt ein Pflaster für dich.“
Seitdem hielt sie ihn unter Beobachtung. Er war einer von den Kreativen, Fleißigen und Verantwortungsbewussten. Aber er war auch einer, den keiner so richtig ernst nahm, erst recht nicht die Mädchen oder jungen Frauen in seinem Alter. Die bewundernden Blicke der begeisterungsfähigen, kleinen Mädchen schienen ihn irgendwie anzumachen. Er war kein Idiot. Er wusste, dass erotische Annäherungsversuche gegenüber Kindern nicht nur verboten waren, sondern den Kindern auch tatsächlich großen Schaden zufügten. Er hatte schon mehrere Schulungen dazu mitgemacht. Aber sie traute ihm trotzdem nicht. Er war zwar nicht allein mit den Kindern, aber Daria war abgesehen von ihrer begrenzten Auffassungsgabe viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass sie sensibel für Grenzüberschreitungen gewesen wäre, die sie nicht persönlich betrafen.
Schon bald war Marita mit den Gedanken woanders, denn sie musste Löcher schneiden, Klebstofftuben von vertrockneten Pfropfen befreien, Streit um die beste Schere schlichten und fünfzehn Mal das Gleiche erklären. Nach zwanzig Minuten ging sie in den Toilettenraum, um die ersten Pinsel auszuwaschen, denn wenn die Kinder dies selbst taten, mussten sie hinterher stundenlang die Fliesen putzen.
„Nee“, hörte sie eine zarte zitternde Kinderstimme.
„Aber es ist doch alles nass da unten.“, hörte sie einen Erwachsenen beruhigend auf das Kind einreden.
„Verdammt, Lars und Lilly!“, dachte Marita und wollte direkt losstürmen, da sprach der Erwachsene weiter: „Wenn wir die Hose unterm Hände-Trockner föhnen, kriegt die Mama gar nicht mit, dass du dich nass gemacht hast.“
Das war Michael, Kindergottesdienst-Helfer seit mehr als zwanzig Jahren. Nur klang Michael nicht wirklich beruhigend, denn er hatte so ein seltsames Vibrato in der Stimme.
„Aber ich war das doch gar nicht.“, wimmerte das kleine Mädchen.
„Ja, aber das glaubt die Mama dir sicher nicht.“, erklärte Michael. „Komm, wir ziehen die Hose jetzt aus und ich mache sie trocken.“
Das Mädchen begann verzweifelt zu schluchzen. Marita löste sich aus ihrer Schockstarre und griff ein. Sie folgte dem Schluchzen hinter einer Toilettentür. Als sie versuchte sie zu öffnen, war sie verriegelt.“
„Michael!“, rief sie. „Komm da sofort raus.“
„Wir müssen hier nur gerade ein Malheur in Ordnung bringen:“, erwiderte er und versuchte vergeblich, seine Erregung zu verbergen.
„Ich kümmere mich darum.“, sagte Marita bestimmt. „Komm da sofort raus, du kannst dich doch als Mann nicht auf der Damentoilette herumtreiben.“
„Ich treibe mich nicht herum, ich versuche die Hose eines Mädchens zu trocknen. Ich kann das Mädchen jawohl schlecht auf die Männertoilette schleppen.“
„Jetzt mach die Tür auf!“
Eingeschüchtert von Maritas scharfem Ton drehte er schließlich an der Verriegelung. Sie riss die Tür auf und zog ihn an seinem T-Shirt aus der Kabine. Vor der Toilette stand das weinende Mädchen. Knopf und Reißverschluss ihrer Hose waren bereits offen.
„Sag mal spinnst du jetzt völlig?“, blaffte Michael Marita an.
Marita sammelte sich kurz und antwortete dann: „Gehst du jetzt bitte wieder in deine Kleingruppe? Wir besprechen das später.“, dann wandte sie sich an das Mädchen: „So Melissa, jetzt erzähl doch mal, wie das mit der nassen Hose passiert ist.“
„Das weiß ich auch nicht.“, schluchzte Melissa. „Auf einmal ist der Malbecher umgekippt und da war meine ganze Hose nass.“
„Ja, so was kann passieren, und ich glaube auch nicht, dass deine Mama dir das nicht glaubt. Weiß du denn was du für eine Größe hast?“
Melissa schüttelte schluchzend den Kopf.
„Na, ich tippe mal auf 134“, schätzte Marita. „Pass mal auf: Wir gehen jetzt nach nebenan in den Kindergarten und gucken, ob wir da eine Ersatz-Leggins in deiner Größe finden. Dann kannst du dich da in Ruhe umziehen und ich bin sicher, das kannst du auch alleine, oder?“
Melissa nickte.
„Wollen wir dann dahin gehen?“
Als das Kind mit einer trockenen Leggins und der eigenen Hose in einer Tragetasche ins Gemeindehaus zurückkehrte, eilte Michael ihr bereits entgegen.
„Den Michael muss ich euch jetzt mal entführen.“, sagte Marita zu den Kindern und nicht eine Stimme des Bedauerns erhob sich. Statt dessen krähte Vincent: „Dann kann er wenigstens keine Malbecher mehr um schmeißen.“ Zustimmendes Gelächter erhob sich.
Vor der Tür sagte Marita mit gedämpfter Stimme: „Ich denke, es ist besser, du gehst jetzt nach Hause. Ich werde allen anderen erzählen, dass es in der Familie einen kleinen Notfall gab. Ich komme nachher bei dir vorbei und dann reden wir.“
„Worüber denn?“, fauchte Michael.
Marita sah ihm fest in die Augen und antwortete:„Ich denke, das weißt du ganz genau.“
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birgitdiestarke,
Freitag, 8. Juli 2016, 13:21
Ganz schön gefährlich so ein Kindergarten, sowohl für Angestellte als auch für Kinder ... ;o)
Ich wusste wohl, warum ich nur einmal dahin ging.
Ich wusste wohl, warum ich nur einmal dahin ging.
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c. fabry,
Freitag, 15. Juli 2016, 22:01
Nicht alle so
also ein bisschen sind meine Geschichten natürlich Räuberpistolen. Eigentlich morden Christen kaum, dazu fehlt ihnen der Schneid (denn finstere Seelen gibt es durchaus genug bei uns evangelischen Schwestern und Brüdern).
Es gibt viele tolle Kitas und sehr nette Leiterinnen und Mitarbeiterinnen, die eine wirklich gute Arbeit machen. Aber der gemeine Zickenterror ist schon noch vielfach verbreitet. Du hast als Kind also schon nach einem Besuch die Nase voll gehabt?
Es gibt viele tolle Kitas und sehr nette Leiterinnen und Mitarbeiterinnen, die eine wirklich gute Arbeit machen. Aber der gemeine Zickenterror ist schon noch vielfach verbreitet. Du hast als Kind also schon nach einem Besuch die Nase voll gehabt?
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c. fabry,
Samstag, 16. Juli 2016, 16:18
Kleiner Irrtum
Gestern war ich noch im Konfi-Camp-Koma. Dein Kommentar galt ja gar nicht dem Kita-Krimi, sondern dem aus der Kinderbibelwoche. Sowas wurde früher - an manchen Orten auch noch heute - in Gemeinden veranstaltet, aber für Kinder von etwa 5-12 Jahren; ist also ein etwas anderes Arbeitsfeld als der Kindergarten. Aber Päderasten können überall lauern - übrigens auch bei allen anderen Jugend- und Wohlfahrtsverbänden, Sportvereinen, Schulen etc., aber eben auch bei Kirchens
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