Freitag, 21. Juni 2024
Spoiler 29
2/2012 - 2013
Am Ende der Sommerferien stand der Schulwechsel an, ein neues, aufregendes Kapitel für Viola, doch auch mit der Würdigung dieses wichtigen Ereignisses musste sie sich hinten anstellen, weil Louis‘ Einschulung bereits am kommenden Tag stattfand und natürlich unendlich mehr elterliche und großelterliche Aufmerksamkeit in Anspruch nahm als der schnöde Schulwechsel einer Zehnjährigen.

Viola ging – wie viele aus ihrem Grundschuljahrgang – zur nahegelegenen Gesamtschule und zu ihrem großen Glück landete auch Paula Husemann in ihrer Klasse. Sie fielen auf als ungewöhnliche Freundinnen: die natürliche, lebenslustige Paula und die aufgebrezelte, leicht affektierte Viola. Viele konnten sich keinen Reim darauf machen, was die beiden ungleichen Mädchen miteinander verband.
Viola übertrug die Strategie, die sie sich in ihrem Elternhaus angeeignet hatte auf den Umgang mit den männlichen Lehrern. Mal kokett, mal mit devot schmachtenden Blicken versuchte sie, die Gunst der Erwachsenen zu gewinnen. Das fiel nicht nur ihren Mitschülerinnen und Mitschülern auf, auch im Lehrerzimmer hörte man teils besorgte, teils abfällige Bemerkungen über die Zehnjährige mit der verfrühten sexuellen Entwicklung. Ein älterer Kollege ging sogar so weit, sie Violita zu nennen – in Anlehnung an Nabokovs Lolita.
Die Klassenlehrerin fragte sich schon bald, was im Leben des Mädchens falsch lief und da sie im fünften Schuljahr bei allen ihren Schützlingen einen Hausbesuch zum besseren Kennenlernen unternahm, traf es sich gut, dass der Name Ramöller im Alphabeth so weit hinten stand, dass sie keine Ausrede erfinden musste, um sich ein persönliches Bild von Violas Elternhaus zu machen.
Frau Westphal fuhr an einem klaren, sonnigen Nachmittag im Februar 2013 mit ihrem leuchtend roten Kleinwagen auf den mit Verbundpflaster versiegelten Hof des abgelegenen, bäuerlichen Anwesens. Äußerlich war hier alles in bester Ordnung: gerade Flächen, saubere Steine, nichts Schadhaftes oder Abgewetztes an den Gebäuden, gepflegte Beete, keine Halden aus Bauschutt oder Gerümpel, gepflegte Fahrzeuge, blank geputzte Fenster. Aber es war ja meistens so, dass sich die schlimmsten Schicksale hinter perfekten Fassaden ereigneten.
Sie hatte sich angemeldet und die aparte, freundliche Mutter des Mädchens öffnete ihr die Tür. Von dieser Frau hatte sich Viola das lasziv-verführerische nicht abgeschaut. Astrid bat sie herein, bot ihr Kaffee oder Tee an, es stand auch Gebäck auf dem Esstisch, dazu Wasser, Apfelsaft und Gläser. Alles war perfekt und schmeckte so wie es schmecken sollte. Nach dem Austausch einiger höflicher Belanglosigkeiten kam Frau Westphal auf den Punkt: „Frau Ramöller, bevor Viola dazu kommt, welchen Eindruck haben Sie, wie geht es ihr in der neuen Schule?“
„Gut, denke ich.“, erwiderte Astrid. „Sie hat ihre Freundinnen da, vor allem Paula Husemann, sie beklagt sich nicht, sie kommt überall gut mit, hin und wieder erzählt sie, wenn es etwas Interessantes im Unterricht gab, meistens mehr Schulhof-Geschichten, sie erledigte ihre Hausaufgaben und verabredete sich oft.“
„Ja, das ist ja alles sehr erfreulich.“, antwortete Frau Westphal. „Hat sie eigentlich ältere Geschwister oder Spielkameraden?“
„Weder noch.“, erklärte Astrid und fuhr dann misstrauisch fort: „Warum fragen Sie?“
„Weil ich nach einer Erklärung suche.“, gab Frau Westphal Auskunft. „Viola ist in mancherlei Hinsicht ihren Altersgenossinnen voraus.“
Astrid verstand das falsch, dachte, sie führten hier ein Gespräch über vermeintliche Hochbegabung und ihr Herz füllt sich mit Stolz und Freude.
„Mir ist das noch nicht aufgefallen.“, gab sie zu. „Aber wenn Sie es sagen.“
„Dann verhält sie sich zu Hause wie eine normale Zehnjährige?“
„Ja, ganz normal, Seil springen, Ball spielen, auf Bäume klettern, Barbie, Playmobil, Hexenküche, Verstecken, Bude bauen, Inlineskaten, Fahrrad fahren, Pferde streicheln. Was Mädchen in dem Alter eben so machen. Aber sie liest keine dicken Bücher oder erfindet technische Hilfsmittel.“
„So hatte ich das nicht gemeint.“, erklärte Frau Westphal und räusperte sich verlegen. „Es geht mehr um ihr Verhalten. Sie wirkt pubertär, flirtet mit den Lehrern, scheint mir sehr auf ihre Außenwirkung bedacht.“
„Ach, Sie halten sie für frühreif?“
„Ich weiß es nicht.“
„Wäre das denn so schlimm?“
„Im Prinzip nicht. Nur könnte es natürlich Reaktionen provozieren, die Viola überfordern.“
„Und was können wir da tun?“
„Nicht viel. Vielleicht genauer hinsehen, vorsichtig nachfragen. Viola wird ihre Gründe haben. Es könnte nicht schaden, die zu kennen.“
„Haben Sie denn eine Vorstellung, was für Gründe das sein könnten?“
„Nein. So gut kenne ich Ihre Tochter noch nicht. Aber so ganz allgemein kann es sein, dass sie irgendwo beobachtet hat, dass Frauen oder Mädchen auf diese Wiese ihre ziele leichter erreichen oder dass sie Vorbilder aus ihrem Umfeld oder aus den Medien nachahmt. Es kann daran liegen, dass ihre psychosexuelle Entwicklung ohne äußeren Anlass früher einsetzt als bei anderen Mädchen. Es kann aber auch sein, dass sie eine Beziehung geheim hält, die ihr nicht guttut oder dass sie älteren Jugendlichen etwas beweisen will, dazu gehören möchte. Wenn man weiß, woher es kommt, kann man ihr besser helfen, ihren eigenen Weg zu finden.“
Frau Westphal hätte gern Violas Vater kennengelernt, aber der war mit seiner Arbeit beschäftigt und unabkömmlich.
Und so sahen alle hin und warteten ab. Was konnte man schon tun?

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Freitag, 14. Juni 2024
Spoiler 28 - nichts für Kinder
1/ 2012
Mittlerweile wurden alle drei Kinder von Raimund und Astrid regelmäßig betreut: Viola in der OGS, Louis im letzten Kindergartenjahr und Annalena besuchte ebenfalls die Kita vor Ort, die das Betreuungsangebot inzwischen ausgeweitet hatte.
Louis machte den Eltern zunehmend Sorgen, weil er gelegentlich unter Luftnot litt.Was Astrid zunächst für sich auswachsenden Pseudokrupp gehalten hatte, erwies sich als Asthma Bronchiale, von dem niemand wusste, ob der Junge sein Leben lang damit zurechtkommen musste. Auf jeden Fall bekam er weiterhin den Löwenanteil der erwachsenen Aufmerksamkeit, Annalena belegte durch die altersbedingte größere Niedlichkeit den zweiten Platz und Viola funktionierte einfach. Der Einzige, der sie ganz besonders im Blick hatte, war der Vater, aber dies geschah auf eine beunruhigende Weise, auf die sie liebend gern verzichtet hätte. Manchmal ging er mit ihr ihr einkaufen – in den Discounter-Bekleidungsgeschäften in der Nähe gab es für unbedeutende Beträge niedliche Kinderkleidung mit Spitze oder Rüschen. Es gefil Raimund, seine Tochter mit aufreizenden Kleidchen, Spaghetti-Träger-Hemdchen oder knappen Shorts auszustatten und Viola hatte nichts dagegen, wenn ihre feine neue Kleidung die neidischen Blicke der Mitschülerinnen auf sich zog. Raimund überredete sie auch, Astrids Make-up und Nagellack zu benutzen oder ihr schulterlanges Haar wie ein Popstar zu frisieren.
Wegen der lackierten Fingernägel machte Astrid sich keine Gedanken und auch das Make-up am Wochenende hielt sie für kindliche Experimente – Kinder spielten ja gern einmal, dass sie schon erwachsen seien.

Wenn Raimund mit seiner Tochter allein war – und er war besonders spitzfindig darin, diese Situation immer wieder herbeizuführen, überredete er sie zu eigenartigen Rollenspielen: Sie war die Krankenschwester, er der Patient. Er begann mit Pflegeeinsätzen am Oberkörper, zum Beispiel dem Abhören seines Herzens mit dem Ohr, beim nächsten Mal waren es Bauchschmerzen, danach die Leiste und schließlich musste sie seinen Genitalbereich versorgen, der furchtbar geschwollen war und wehtat.
Von Anfang an verbot er ihr, irgendjemandem von ihren Spielen zu erzählen, das sei ihr Geheimnis und Leute könnten so etwas leicht falsch verstehen. „Die denken dann, das du ein böses und schmutziges Mädchen bist, obwohl wir beide doch nur Spaß zusammen haben. Aber wenn du keinem was erzählst, bleibt alles wie es ist. Und Mama darfst du auch nichts erzählen, die wird dann eifersüchtig, weil sie die echte Krankenschwester ist und wenn sie das hier rauskriegt, hat sie dich nicht mehr lieb.“

Zwar warnten Violas Instinkte sie vor jeder Steigerung der absonderlichen Spielchen ihres Vaters, aber sie wusste nicht, wie sie aus diesem rasenden Zug aussteigen sollte, ohne sich zu verletzen. Und immerhin hatte ihr Vater sie schon seit langem nicht mehr geschlagen, schenkte ihr nicht nur Kleidung, sondern auch andere Dinge, die sie sich wünschte: schöne Stifte, Sticker oder Modeschmuck.

In den Sommerferien gönnte die Familie sich einen Urlaub an der Nordsee. Zum Glück hatte Raimund hier kaum Gelegenheit, seine Tochter zu behelligen, weil sie alle fünf ununterbrochen auf engstem Raum zusammen waren. Außerdem war Astrid im Urlaub entspannter als sonst und in den Nächten zugänglicher für Raimunds Avancen. Nur beim Baden in der Nordsee forderte er Viola auf, mit ihm in den Wellen zu toben. Viola spielte mit, tat so, als finde sie Gefallen daran und dachte dabei an die Vorteile, die ihr dieses Verhalten verschaffte.

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Freitag, 7. Juni 2024
Spoiler 27
2010
Gegen Ende von Violas zweitem Schuljahr - Louis war inzwischen drein-ein-halb Jahre alt und besuchte ganztägig den Kindergarten - brachte Astrid ihr drittes Kind zur Welt. Geplant war das nicht. Es hatte sich vielmehr um einen Verhütungsunfall gehandelt. Im letzten Drittel der Schwangerschaft hatte Raimund den ständigen Verzicht auf sexuelle Aktivitäten satt. Er kompensierte dies zunächst mit Bordellbesuchen, empfand das aber abgesehen von den exorbitanten Kosten als zu riskant. Nichts wäre ihm peinlicher gewesen, als dabei erkannt und angeprangert zu werden.
Eines Abends fiel sein Blick auf die achtjährige Viola, die in ihrer Physiognomie und vor allem in den Gesichtszügen ihrer Mutter sehr ähnelte. Das erinnerte ihn an die Anfänge mit Astrid, die Verliebtheit, die Spannung, die freudige Erregung, die unschuldige, gegenseitige Anziehung. Er begann, sich schuldig zu fühlen, nicht nur für seine sexuellen Entgleisungen, sondern auch für die übertriebenen Zornausbrüche gegenüber seiner Tochter. Ihn plagte ein schlechtes Gewissen. Darum kniete er sich neben sie, senkte den Blick und sagte: "Ich war oft viel zu grob zu dir. Das wollte ich eigentlich nicht. Das soll auch nicht mehr vorkommen. Ich hab‘ dich ja lieb. Was hältst du davon, wenn wir morgen einen Ausflug machen? Nur wir beide?"
"Wohin denn?", fragte Viola skeptisch.
"In einen richtig tollen Freizeitpark."
"Ich weiß nicht."
"Du, das wird toll, da gibt es Zwergenwohnungen und Riesenhäuser, Fahrräder, die rückwärts fahren, Karussells und Rutschen und irre Schaukeln. Das wird ein Riesenspaß. Und da gibt‘s Eis und Limo und Pommes so viel du willst."
"Und Louis?"
"Der bleibt bei Oma."
"Na gut."

Es wurde tatsächlich ein schöner und aufregender Tag für Viola, wenn auch die innere Anspannung nie ganz nachließ, das fiel sogar Raimund auf und er war wild entschlossen, das Vertrauen seiner Tochter geduldig zurück zu gewinnen. Astrid war hocherfreut, dass er sich endlich um seine Älteste bemühte und konzentrierte sich entspannt auf ihre eigenen Bedürfnisse, während Ingrid Louis verhätschelte.

Im März 2010 wurde Annalena geboren. Für ein Jahr nahm Astrid die neue Elternzeit in Anspruch, danach wollte sie ihre berufliche Tätigkeit zunächst ausschließlich mit Nachtwachen fortsetzen.
In diesem Jahr nahm sie sich auch wieder mehr Zeit für ihre älteren Kinder, nahm bewusst Anteil an deren Sorgen und Nöten, ließ kein Fest und keinen Elternabend aus und gab beiden das Gefühl, dass sie besonders wichtig waren und sehr geliebt wurden.
Als sie im Frühling 2011 mit den Nachtwachen begann, konnte sie dieses Pensum nicht länger durchhalten. Schweren Herzens nahm sie die Unterstützung durch die Schwiegermutter in Anspruch.
Leider entging es der mütterlichen Aufmerksamkeit, dass die Großmutter ihre Fürsorge höchst ungerecht verteilte. Während sie Louis über die Maßen verhätschelte, versorgte sie Viola und Annalena nur mit dem Nötigsten: satt, sauber, trocken. Wenn Astrid Kapazitäten für ihre Kinder hatte, investierte sie die meiste Zeit in die Jüngste, bis Louis eifersüchtig seinen Anteil einforderte. Für Viola blieb dann kaum etwas übrig und als mittlerweile Neunjährige, die längst gelernt hatte, von sich selbst absehen zu können, steckte sie bereitwillig zurück.

Den Ausflug in den Freizeitpark hatte Raimund als Erfolg verbucht. Er begann, mit seiner Tochter zu flirten: anerkennende Bemerkungen über ihre Figur oder die Wahl eines Kleidungsstückes, verschwörerisches Grinsen, Klapse auf den Po, alberne Witze. Ging Viola darauf ein, fühlte sich für ihn alles gut und richtig an. Reagierte sie mit Trotz oder Zurückweisung, wurde er schnell ungehalten. Das machte dem Mädchen Angst, denn die Erinnerung an den Tritt im Wohnzimmer hatte sich unauslöschlich in ihr Gedächtnis gegraben. Sie spielte mit, um dem Schlimmsten zu entgehen, Raimund ordnete es als Zustimmung ein. Und so ging er immer ein bisschen weiter, die Bemerkungen wurden schlüpfriger, die Blicke lüsterner, die Berührungen intimer. Viola hatte keine Idee, wie sie sich ihm entziehen sollte, ihre Mutter war permanent unter Anspannung, die Großmutter ohnehin nicht auf ihrer Seite. Hinzu kam die große Unsicherheit, ob sie nicht selbst ihren Vater dazu ermutigte, so mit ihr umzugehen, dass sie irgend etwas falsch machte, von dem sie noch nicht wusste, was es war.

Paula war ihre Insel. Bei Husemanns gab es keine häusliche Gewalt und auch keine unangebrachten Bemerkungen oder sonstige Grenzüberschreitungen. Von den riskanten Gästen wurden Kinder fern gehalten und Paulas Eltern und ihre Großmutter gingen liebevoll und fürsorglich mit ihrem einzigen Nachkommen um, auch wenn sie ihre eigenen Dramen bewältigen mussten und hin und wieder übersahen, dass diese auch an dem Mädchen nicht spurlos vorbei gingen.
Aber nicht einmal Paula mochte Viola berichten, was sich in ihrem Elternhaus abspielte. Oft fehlten ihr die Worte und selbst wenn sie welche hatte, erschienen sie unsagbar. So ungeheuerlich, unglaublich hätten sie geklungen. Und so schwieg Viola und hoffte insgeheim, dass es allmählich genauso schleichend vorbei ging, wie es angefangen hatte.

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Freitag, 31. Mai 2024
Spoiler 26
2008
Für Viola war der 12. August 2008 ein denkwürdiges Datum. Auch für ihre Mutter war es etwas Besonderes, bei der Einschulung ihres erstgeborenen Kindes dabei zu sein.
Raimund hingegen überließ die Angelegenheit seiner Frau, steckte er doch mitten im Erntestress. Und Ingrid war nur geringfügig an den besonderen Meilensteinen, die die Lebensabschnitte ihrer Enkelin markierten, interessiert, seit es auch ein männliches Exemplar gab. Sie kümmerte sich hingebungsvoll um den kleinen Louis, für den die Veranstaltung nach ihrem Dafürhalten eine Tortur bedeutet hätte. Die Schwiegertochter war aus der Schusslinie und sie konnte das Ebenbild ihres Sohnes so oft an ihren Busen drücken und mit Küssen bedecken, wie es ihr gefiel.

Die Feierlichkeiten zur Einschulung waren bunt und lebendig, Viola war begeistert, dass neben den vielen bekannten Gesichtern aus der Kindergartenzeit auch so viele neue Erstklässler dort waren, dass sie Kinder wieder erblickte, die vor einem Jahr den Kindergarten verlassen hatten, dass es so viel zu entdecken gab und dass ihre Klassenlehrerin so nett war.
Astrid hatte sich nach reiflicher Überlegung entschlossen, mit Violas Schulstart wieder ihre berufliche Tätigkeit aufzunehmen und Louis für ein halbes Jahr der Obhut seiner Großmutter zu überlassen. Danach hatte sie einen Platz für ihn in einer Kindertagesstätte in Werther, bevor er als Dreijähriger ebenfalls im Kindergarten vor Ort unterkommen konnte. Darum hatte sie ihre Tochter für den offenen Ganztag angemeldet und hoffte, dass sie sich dort gut zurechtfand.

Tatsächlich war Viola in der Grundschule hoch zufrieden. In den Pausen und in der Betreuung erlebte sie herrliche neue und alte Spiele, traf viele Verabredungen und lernte ein bekanntes Gesicht aus dem Kindergarten näher kennen: Paula Husemann aus dem Gasthof Bierhoff, die Tochter von Raimunds alter Schulkameradin Sigrid Husemann. In der Kita hatten sie aneinander vorbeigesehen, doch hier in der OGS stellten sie plötzlich fest, dass sie an den gleichen Spielen und Bastelaktionen Freude hatten, über dieselben Dinge lachen konnten und meistens übereinstimmten, wenn es um Sympathie oder Antipathie gegenüber Mitschülerinnen und Mitschülern ging. Gemeinsam träumten sie sich in eine bessere Welt, denn bei beiden war es zu Hause von Zeit zu Zeit schwierig und belastend. Ihre Freundschaft half ihnen, dem Druck für eine Weile zu entkommen und Kräfte zu sammeln.

Viola überließ den größten Teil der mütterlichen Fürsorge ihrem kleinen Bruder. Ihrem Vater ging sie möglichst aus dem Weg, der Großmutter zu Hause ebenso. Die Großeltern in Halle waren weit weg, die Oma, schwer an Krebs erkrankt, starb bald und der Opa zog sich in seine Trauer zurück.

Raimund erfreute sich ebenso wie seine Mutter wesentlich mehr an seinem "Stammhalter" als an seiner Tochter und so blieb das Mädchen fürs Erste weitestgehend sich selbst überlassen.

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