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Freitag, 7. April 2023
Furie
c. fabry, 10:31h
Ich hatte ihr nichts getan. Ich hatte ihr nichts weggenommen, sie weder beleidigt noch gedemütigt, nicht einmal hinter ihrem Rücken schlecht über sie geredet - außer vielleicht im ganz vertraulichen Rahmen.
Trotzdem fuhr sie regelmäßig Attacken gegen mich, als hätte ich sie von ihrem Platz geschubst. Ich war ja nicht einmal ein Alphaweibchen, das von allen heterosexuellen Geschlechtsgenossinnen wegen der unschlagbaren Konkurrenz gehasst wurde.
Jetzt stand sie vor mir mit diesem absurd langen und spitzen Küchenmesser in der Hand. Noch zeigte die Spitze zu Boden, aber der Arm war angespannt, ihr Blick wirkte entschlossen und aus ihren Augen sprühte der blanke Hass.
Natürlich war sie vollkommen irre, das war mir schon vor Jahren aufgefallen, in den ersten Sekunden unserer ersten Begegnung. Da war sofort dieses Jeglichen-Kontakt-unbedingt-vermeiden-Gefühl gewesen, aber in professionellen Zusammenhängen sind Ausweichmanöver selten von durchschlagendem Erfolg gekrönt. man muss sich stellen, sich wappnen, durchhalten und möglichst unbeschädigt aus dem Kontakt hervorgehen.
Dies war auch jetzt mein Plan. Ich bin keine Kämpferin. Aber ich sehe mich auch ungern als Opfer, zu dem ich unweigerlich würde, wenn ich nicht auf der Hut war.
Ich schlug mit der Hand vor die Stirn. „Oh, ich hab‘ was vergessen!“, stieß ich hervor und rannte aus dem Haus in Richtung der rettenden Sicherheit meiner privaten Fahrgastzelle.
Keuchend stürzte ich in mein Auto und verriegelte es. Und jetzt? Ich konnte doch nicht einfach wegfahren, dann war ich die Irre. Vielleicht hatte sie das Messer nur in der Hand gehabt, um die Küche aufzuräumen. Aber was würde ich behaupten, vergessen zu haben, wenn ich zurückkehrte? Vielleicht mein Mobiltelefon? Das hatte ich heute Vormittag noch nicht aus der Tasche gezogen und es hatte sich auch noch nicht gemuckst. Ich könnte ja in Bereitschaft sein. In einer Angelegenheit, über die ich nicht sprechen konnte. Ja, so wollte ich es begründen.
Ich kehrte zurück. Es war mir zwar nicht geheuer, aber vielleicht hatte ich mit dieser unerwarteten Reaktion Dampf aus dem Kessel genommen und sie hatte die Bluthunde ihrer Affekte zurückgepfiffen. Hoffentlich.
Sie wirkte etwas beherrschter, aber nicht weniger unheimlich. Das Messer lag auf der Theke, außerhalb ihrer Reichweite, sie saß auf einem Stuhl in mehreren Metern Abstand.
"Wir müssen reden.", sagte sie bestimmt.
"Wir tun doch nichts anderes erwiderte ich gleichmütig."
"Ich meine nichts Berufliches. Ich hatte gestern ein Gespräch mit Peter."
"Und inwiefern war das nicht beruflich?"
"Es ging um unsere Freundschaft."
"Wer ist wir?"
"Peter und ich."
"Aha."
"Es kann ja gar nicht sein, dass er sich mit dir zum Kaffee verabredet und für mich keine Zeit hat. Damit habe ich ihn konfrontiert. Und da meinte er, er suche sich selbst aus, mit wem er Kaffee trinke und dann hat er mich praktisch rausgeschmissen. Dafür kann es nur eine Erklärung geben."
"Und welche?"
"Du hast ihm irgendwelche Geschichten über mich erzählt."
"Was für Geschichten?", fragte ich ungläubig. Ich kam mir tatsächlich vor wie im falschen Film.
Ihre Atemfrequenz stieg, ihre Augen glommen wie Kohlen, sie nahm deutlich Fahrt auf.
"Irgendwas Kompromittierendes, das du dir ausgedacht hast." zischte sie
"Warum sollte ich das tun?"
"Um mich aus dem Weg zu räumen, damit du freie Bahn hast!", kreischte sie schnappte sich plötzlich das Messer und riss es in die Luft, um auf mich einzustechen.
Mein Verstand setzte aus und machte Platz für meine Urinstinkte. Es ging jetzt nur um eines: ums Überleben. Ich trat gegen ihr Schienbein und schützte meinen Oberkörper mit gekreuzten Armen. Vor Schmerz heulte sie wütend aus und begann unkoordiniert mit ihrer Waffe herumzufuchteln. Ein heftiger Handkantenschlag und das Messer fiel zu Boden. Ich hätte es wegkicken können und auf sie eindreschen, aber ich befand mich im Ausnahmezustand. Ich griff nach dem Küchengerät und rammte ihr die Klinge bis zum Heft in den Bauch. Dann sah ich zu, wie das Leben aus ihr herauslief. Der Rettungsdienst, ich musste den Rettungsdienst alarmieren, aber ich konnte nicht. Solange sie sich bewegte, war ich noch in Gefahr. Ich schaffte es erst, als sie das Bewusstsein verloren hatte. Da war es zu spät.
Ich hatte in Notwehr gehandelt, aber die Polizei glaubte mir nicht. Auch die Richterin hielt mich für eine kaltblütige Mörderin.
Fünfzehn Jahre für die Paranoia einer eifersüchtigen Furie. Außerdem keine Rehabilitation und keine Zukunft. Hätte ich mich doch bei der allerersten Begegnung von meinen Gefühlen leiten lassen.
Trotzdem fuhr sie regelmäßig Attacken gegen mich, als hätte ich sie von ihrem Platz geschubst. Ich war ja nicht einmal ein Alphaweibchen, das von allen heterosexuellen Geschlechtsgenossinnen wegen der unschlagbaren Konkurrenz gehasst wurde.
Jetzt stand sie vor mir mit diesem absurd langen und spitzen Küchenmesser in der Hand. Noch zeigte die Spitze zu Boden, aber der Arm war angespannt, ihr Blick wirkte entschlossen und aus ihren Augen sprühte der blanke Hass.
Natürlich war sie vollkommen irre, das war mir schon vor Jahren aufgefallen, in den ersten Sekunden unserer ersten Begegnung. Da war sofort dieses Jeglichen-Kontakt-unbedingt-vermeiden-Gefühl gewesen, aber in professionellen Zusammenhängen sind Ausweichmanöver selten von durchschlagendem Erfolg gekrönt. man muss sich stellen, sich wappnen, durchhalten und möglichst unbeschädigt aus dem Kontakt hervorgehen.
Dies war auch jetzt mein Plan. Ich bin keine Kämpferin. Aber ich sehe mich auch ungern als Opfer, zu dem ich unweigerlich würde, wenn ich nicht auf der Hut war.
Ich schlug mit der Hand vor die Stirn. „Oh, ich hab‘ was vergessen!“, stieß ich hervor und rannte aus dem Haus in Richtung der rettenden Sicherheit meiner privaten Fahrgastzelle.
Keuchend stürzte ich in mein Auto und verriegelte es. Und jetzt? Ich konnte doch nicht einfach wegfahren, dann war ich die Irre. Vielleicht hatte sie das Messer nur in der Hand gehabt, um die Küche aufzuräumen. Aber was würde ich behaupten, vergessen zu haben, wenn ich zurückkehrte? Vielleicht mein Mobiltelefon? Das hatte ich heute Vormittag noch nicht aus der Tasche gezogen und es hatte sich auch noch nicht gemuckst. Ich könnte ja in Bereitschaft sein. In einer Angelegenheit, über die ich nicht sprechen konnte. Ja, so wollte ich es begründen.
Ich kehrte zurück. Es war mir zwar nicht geheuer, aber vielleicht hatte ich mit dieser unerwarteten Reaktion Dampf aus dem Kessel genommen und sie hatte die Bluthunde ihrer Affekte zurückgepfiffen. Hoffentlich.
Sie wirkte etwas beherrschter, aber nicht weniger unheimlich. Das Messer lag auf der Theke, außerhalb ihrer Reichweite, sie saß auf einem Stuhl in mehreren Metern Abstand.
"Wir müssen reden.", sagte sie bestimmt.
"Wir tun doch nichts anderes erwiderte ich gleichmütig."
"Ich meine nichts Berufliches. Ich hatte gestern ein Gespräch mit Peter."
"Und inwiefern war das nicht beruflich?"
"Es ging um unsere Freundschaft."
"Wer ist wir?"
"Peter und ich."
"Aha."
"Es kann ja gar nicht sein, dass er sich mit dir zum Kaffee verabredet und für mich keine Zeit hat. Damit habe ich ihn konfrontiert. Und da meinte er, er suche sich selbst aus, mit wem er Kaffee trinke und dann hat er mich praktisch rausgeschmissen. Dafür kann es nur eine Erklärung geben."
"Und welche?"
"Du hast ihm irgendwelche Geschichten über mich erzählt."
"Was für Geschichten?", fragte ich ungläubig. Ich kam mir tatsächlich vor wie im falschen Film.
Ihre Atemfrequenz stieg, ihre Augen glommen wie Kohlen, sie nahm deutlich Fahrt auf.
"Irgendwas Kompromittierendes, das du dir ausgedacht hast." zischte sie
"Warum sollte ich das tun?"
"Um mich aus dem Weg zu räumen, damit du freie Bahn hast!", kreischte sie schnappte sich plötzlich das Messer und riss es in die Luft, um auf mich einzustechen.
Mein Verstand setzte aus und machte Platz für meine Urinstinkte. Es ging jetzt nur um eines: ums Überleben. Ich trat gegen ihr Schienbein und schützte meinen Oberkörper mit gekreuzten Armen. Vor Schmerz heulte sie wütend aus und begann unkoordiniert mit ihrer Waffe herumzufuchteln. Ein heftiger Handkantenschlag und das Messer fiel zu Boden. Ich hätte es wegkicken können und auf sie eindreschen, aber ich befand mich im Ausnahmezustand. Ich griff nach dem Küchengerät und rammte ihr die Klinge bis zum Heft in den Bauch. Dann sah ich zu, wie das Leben aus ihr herauslief. Der Rettungsdienst, ich musste den Rettungsdienst alarmieren, aber ich konnte nicht. Solange sie sich bewegte, war ich noch in Gefahr. Ich schaffte es erst, als sie das Bewusstsein verloren hatte. Da war es zu spät.
Ich hatte in Notwehr gehandelt, aber die Polizei glaubte mir nicht. Auch die Richterin hielt mich für eine kaltblütige Mörderin.
Fünfzehn Jahre für die Paranoia einer eifersüchtigen Furie. Außerdem keine Rehabilitation und keine Zukunft. Hätte ich mich doch bei der allerersten Begegnung von meinen Gefühlen leiten lassen.
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Samstag, 1. April 2023
Einsatzkrimi
c. fabry, 01:22h
Nach 15 Jahren Haft wegen Mordes, der doch in Wahrheit nur eine Tötung aus Notwehr gewesen war, was ihr aber niemand geglaubt hatte, verlangte sie eine angemessene Entschädigung, die man ihr verweigerte, was sie so wütend machte, dass sie sich zu einer Straftat hinreißen ließ, die erneut eine erhebliche Haftstrafe nach sich zog, die sie nicht annehmen wollte, weil sie bereits mit 15 Jahren unschuldig in Vorleistung gegangen sei, was man ihr jedoch nicht zugestand.
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Donnerstag, 23. März 2023
Verbrenner
c. fabry, 23:58h
Ein diabolisches Grinsen lag auf Volkers Gesicht, begleitet von einem irren Kichern. In der Hand hielt er noch den goldenen Engländer, den ihm der Aufsichtsrat eines großen Automobilkonzerns als originelle Auszeichnung hatte zukommen lassen. Für besondere Verdienste um die Branche.
Den kalten Schweiß auf seiner Stirn bemerkte er gar nicht, zu hoch der Adrenalin-Spiegel vom Dopamin ganz zu schweigen.
Der Robbi lag da ganz eigenartig und pittoresk dekoriert mit der Mischung aus arteriellem Hellrot und Venösem, tiefdunklem rotbraun, dazwischen ein paar Tupfer in rosa und grau. Da hatte der Volker ganze Arbeit geleistet. Er lobte sich selbst.
"Wir verbrennen ja keine Bücher, nur Treibstoff. Und brennen sollst du, Robbi, wie die altvorderen Könige, du Fortschrittsbremse."
Er dachte tatsächlich, er käme damit durch. Hatte die Rechnung aber ohne Anna-Lena, Steffi, Marco und Nancy gemacht.
Dumm gelaufen, Volker.
Den kalten Schweiß auf seiner Stirn bemerkte er gar nicht, zu hoch der Adrenalin-Spiegel vom Dopamin ganz zu schweigen.
Der Robbi lag da ganz eigenartig und pittoresk dekoriert mit der Mischung aus arteriellem Hellrot und Venösem, tiefdunklem rotbraun, dazwischen ein paar Tupfer in rosa und grau. Da hatte der Volker ganze Arbeit geleistet. Er lobte sich selbst.
"Wir verbrennen ja keine Bücher, nur Treibstoff. Und brennen sollst du, Robbi, wie die altvorderen Könige, du Fortschrittsbremse."
Er dachte tatsächlich, er käme damit durch. Hatte die Rechnung aber ohne Anna-Lena, Steffi, Marco und Nancy gemacht.
Dumm gelaufen, Volker.
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Samstag, 18. März 2023
Nicht sein
c. fabry, 02:44h
Wer hat dich so geschlagen?
Alle.
Wie, alle?
Jeder.
Und warum?
Weil ich nicht bin wie ich sein soll.
Wie bist du denn nicht?
Schön, schlank, amüsant, effizient.
Wärst du gern so?
Vielleicht.
Was wäre dein größter Wunsch?
Meine Ruhe.
Die bekam sie dann schon bald. Aber so was von. Und alle zuckten mit den Schultern. Also jeder. Und jede. Sie war eben nicht wie sie sein sollte. Dann ist man besser nicht. So sieht das jeder. Und jede. Bis er selber dran ist. Oder sie. Guten Abend.
Alle.
Wie, alle?
Jeder.
Und warum?
Weil ich nicht bin wie ich sein soll.
Wie bist du denn nicht?
Schön, schlank, amüsant, effizient.
Wärst du gern so?
Vielleicht.
Was wäre dein größter Wunsch?
Meine Ruhe.
Die bekam sie dann schon bald. Aber so was von. Und alle zuckten mit den Schultern. Also jeder. Und jede. Sie war eben nicht wie sie sein sollte. Dann ist man besser nicht. So sieht das jeder. Und jede. Bis er selber dran ist. Oder sie. Guten Abend.
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