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Freitag, 27. Mai 2022
Wenn du Angst hast
c. fabry, 02:26h
Er verlor den Krieg.
Er hatte schreckliche Angst.
Er gewann viele Schlachten.
Er aß nur Gesottenes und Gebratenes.
Er holte alles aus sich heraus.
Er legte sich mit jedem an.
Er schubste andere von ihrem Platz.
Er nahm sich, was er wollte.
bilde Banden,
wenn du Angst hast beraubt zu werden,
sei gut zu anderen und schaffe Bündnisse,
wenn du Angst hast vor Vertreibung,
lerne, zu kämpfen,
wenn du Angst hast vor Krieg,
iss Obst und Gemüse und treibe regelmäßig Sport,
wenn du Angst hast vor schrecklichen Krankheiten,
trage Schutzkleidung und wasch dir die Hände,
wenn du Angst hast dich anzustecken,
lege einen Schutzpanzer an oder weiche aus,
wenn du Angst hast, verletzt zu werden,
laufe, laufe und bleib nicht stehen und dann versteck dich,
wenn du Angst hast, eingesperrt zu werden,
wasch dich statt zu duschen,
wenn du Sorge hast, dass Wasser knapp wird,
pachte Land und säe oder verkauf dich selbst mit allem, was du kannst,
wenn du dich vom Hungertod bedroht fühlst,
sammle Holz und entfache ein Feuer,
wenn du fürchtest zu erfrieren,
zünde ein Licht an,
wenn du Angst hast vor der Dunkelheit,
und jetzt lies diesen Text Zeile für Zeile von unten nach oben.
Er hatte schreckliche Angst.
Er gewann viele Schlachten.
Er aß nur Gesottenes und Gebratenes.
Er holte alles aus sich heraus.
Er legte sich mit jedem an.
Er schubste andere von ihrem Platz.
Er nahm sich, was er wollte.
bilde Banden,
wenn du Angst hast beraubt zu werden,
sei gut zu anderen und schaffe Bündnisse,
wenn du Angst hast vor Vertreibung,
lerne, zu kämpfen,
wenn du Angst hast vor Krieg,
iss Obst und Gemüse und treibe regelmäßig Sport,
wenn du Angst hast vor schrecklichen Krankheiten,
trage Schutzkleidung und wasch dir die Hände,
wenn du Angst hast dich anzustecken,
lege einen Schutzpanzer an oder weiche aus,
wenn du Angst hast, verletzt zu werden,
laufe, laufe und bleib nicht stehen und dann versteck dich,
wenn du Angst hast, eingesperrt zu werden,
wasch dich statt zu duschen,
wenn du Sorge hast, dass Wasser knapp wird,
pachte Land und säe oder verkauf dich selbst mit allem, was du kannst,
wenn du dich vom Hungertod bedroht fühlst,
sammle Holz und entfache ein Feuer,
wenn du fürchtest zu erfrieren,
zünde ein Licht an,
wenn du Angst hast vor der Dunkelheit,
und jetzt lies diesen Text Zeile für Zeile von unten nach oben.
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Freitag, 20. Mai 2022
Eins, zwei, drei
c. fabry, 11:38h
Eins, zwei, drei, vorbei. Das Anstrengende, aber auch das Schöne. Das Schöne, aber auch das Anstrengende. Vor mir liegt Anstrengendes und Schönes. Vor mir liegt Schönes und Anstrengendes ? bis es eines Tages geschafft ist. Dann kommt nur noch Schönes. Oder gar nichts mehr.
Fatale Fehlinterpretationen führen in schmerzreiche Sackgassen. Trotzdem laufen wir immer wieder sehenden Auges hinein. Denn ohne die Illusion, die Verheißung, die Hoffnung wäre alles Schöne nur hübsch, jedes Glück nur eine nette Applikation am tristen, schlichten, grauen Gewand des Alltags.
Thomas hätte es eigentlich wissen müssen. Melanie zog jedem die Socken aus - direkt bei der ersten Begegnung. Und auch in Dietmars Gesicht war es nicht zu übersehen: glänzende Augen, gerötete Wangen und dieses verräterische Vibrato in der Stimme.
Melanie hingegen erschien ausgeglichen, gepflegt, freundlich, aber unaufgeregt wie immer und sah ihn an mit dieser ungeteilten Aufmerksamkeit ihrer klaren Augen. Wer sie nicht kannte, hielt diese Reaktion für neutral, nahezu unbeteiligt, aber Thomas kannte sie schon lange, liebte und begehrte sie aus der Ferne. Der sportliche Dietmar mit dem freundlichen, gut geschnittenen Gesicht versetzte zahlreiche Frauen in Anspannung. Hier begann etwas, das Thomas um jeden Preis verhindern musste. Melanie war SEINE Freundin und hoffentlich eines Tages seine Geliebte, seine Lebensgefährtin, seine Frau.
Eigentlich wusste er, dass es nie passieren würde, aber sollte Dietmar ihm beweisen, dass es nicht an Melanies unverbrüchlicher Treue zu ihrem Ulli lag, sondern nur daran, dass sie an Thomas nicht in der Weise interessiert war, wie er es sich wünschte?
Nein, das würde er nicht ertragen. Dietmar musste in einem Licht erscheinen, das seine Schwachstellen offenbarte.
Aber wo genau lagen seine Schwachstellen? Der perfekte Thomas, war höchstens Allergiker und hatte eine kleine Charakterneurose in Bezug auf Sauberkeit. Putzfimmel hätte man früher dazu gesagt. Das würde Melanie nicht abschrecken. Es bedurfte drastischerer Maßnahmen.
Für Thomas würde es anstrengend werden. Für Dietmar wäre es für immer schön. So war Thomas doch eigentlich ein Erlöser. In dem Moment, als der Lebenshauch Dietmar verließ, wusste Thomas plötzlich, wie schnell alles gegen konnte.
Eins, zwei, drei - vorbei.
Fatale Fehlinterpretationen führen in schmerzreiche Sackgassen. Trotzdem laufen wir immer wieder sehenden Auges hinein. Denn ohne die Illusion, die Verheißung, die Hoffnung wäre alles Schöne nur hübsch, jedes Glück nur eine nette Applikation am tristen, schlichten, grauen Gewand des Alltags.
Thomas hätte es eigentlich wissen müssen. Melanie zog jedem die Socken aus - direkt bei der ersten Begegnung. Und auch in Dietmars Gesicht war es nicht zu übersehen: glänzende Augen, gerötete Wangen und dieses verräterische Vibrato in der Stimme.
Melanie hingegen erschien ausgeglichen, gepflegt, freundlich, aber unaufgeregt wie immer und sah ihn an mit dieser ungeteilten Aufmerksamkeit ihrer klaren Augen. Wer sie nicht kannte, hielt diese Reaktion für neutral, nahezu unbeteiligt, aber Thomas kannte sie schon lange, liebte und begehrte sie aus der Ferne. Der sportliche Dietmar mit dem freundlichen, gut geschnittenen Gesicht versetzte zahlreiche Frauen in Anspannung. Hier begann etwas, das Thomas um jeden Preis verhindern musste. Melanie war SEINE Freundin und hoffentlich eines Tages seine Geliebte, seine Lebensgefährtin, seine Frau.
Eigentlich wusste er, dass es nie passieren würde, aber sollte Dietmar ihm beweisen, dass es nicht an Melanies unverbrüchlicher Treue zu ihrem Ulli lag, sondern nur daran, dass sie an Thomas nicht in der Weise interessiert war, wie er es sich wünschte?
Nein, das würde er nicht ertragen. Dietmar musste in einem Licht erscheinen, das seine Schwachstellen offenbarte.
Aber wo genau lagen seine Schwachstellen? Der perfekte Thomas, war höchstens Allergiker und hatte eine kleine Charakterneurose in Bezug auf Sauberkeit. Putzfimmel hätte man früher dazu gesagt. Das würde Melanie nicht abschrecken. Es bedurfte drastischerer Maßnahmen.
Für Thomas würde es anstrengend werden. Für Dietmar wäre es für immer schön. So war Thomas doch eigentlich ein Erlöser. In dem Moment, als der Lebenshauch Dietmar verließ, wusste Thomas plötzlich, wie schnell alles gegen konnte.
Eins, zwei, drei - vorbei.
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Freitag, 13. Mai 2022
Kennen Sie den noch?
c. fabry, 14:15h
"Wo ist denn deine Mutter?"
"Von Putin überfallen."
"Und was macht dein Vater?"
"Von Putin überfallen."
"Hast du noch Geschwister?"
"Ja."
"Und wo sind die?"
"Von Putin überfallen."
"Und Deine Verwandten?"
"Von Putin überfallen."
"Was machst Du wenn Du groß bist?"
"Putin überfallen."
"Von Putin überfallen."
"Und was macht dein Vater?"
"Von Putin überfallen."
"Hast du noch Geschwister?"
"Ja."
"Und wo sind die?"
"Von Putin überfallen."
"Und Deine Verwandten?"
"Von Putin überfallen."
"Was machst Du wenn Du groß bist?"
"Putin überfallen."
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Samstag, 30. April 2022
Königstag
c. fabry, 01:20h
Es war wie immer. Wimpel in den Farben der Trikolore und in Orange flatterten zwischen den Häusern, Fahnen wehten im frischen Mittagswind, die Kälte und der Schlafmangel der vergangenen Nacht steckte ihm noch in den Knochen, vom Hafen tönte die gotterdammte Blaskapelle und der Geruch von Pommes und Loempia stieg ihm in die Nase. Später würde Bier dazu kommen, Pisse und bessere Livemusik.
Doch nichts war wie immer. Thijs hatte es erwischt, der würde nie wieder mit ihm um die Häuser ziehen. Bei der siebten Runde hatte es ihn aus der Kurve getragen und dann stand der Baum im Weg. Joris fragte sich seit diesem Moment, ob es seine Schuld war. Sie hatten sich ein kleines Rennen gegönnt. Joris hatte Thijs links überholt. Hatte er ihn damit abgedrängt? Das würde sicher ein Nachspiel haben. Alle würden glauben, dass es Absicht war, wegen Lieke. Es gab keinen, der nicht wusste, wie verrückt Joris nach Lieke war, der Freundin seines besten Freundes Thijs. Und Thijs war jetzt aus dem Weg. Und stand doch mehr als unüberwindbares Hindernis da als je zuvor.
Auf den Strecken sah man überall die Spuren der vergangenen Nacht. So laut wie heute waren sie noch nie gewesen. 365 Mopeds ohne Auspuff, sieben Runden in drei-ein-halb Stunden. Goedereede, Ouddorp und zurück, ein Höllenlärm zum Geburtstag des Königs, die Art der Jugend ihrem Regenten Respekt zu zollen, so die offizielle Lesart. Im Grunde war es einfach nur eine Mordsgaudi und ein Kräftemessen unter Heranwachsenden; weitaus harmloser als der Silvester-Wettstreit zwischen Scheweningen und Duindorp - eigentlich, doch diesmal hatte es hier einen Toten gegeben.
Sie hätten alle zu Hause bleiben können: Joris, Jasper, Derk, Adrian, Mats, Lieke, Lotte, Tess und Sanne. Wegen Thijs, der nicht mehr dabei sein konnte. Sie alle und die anderen 355. Aus Trauer, Betroffenheit oder wenigstens aus Pietät. Aber gerade wegen Thijs gingen sie feiern, so, als wäre er dabei, mitten unter ihnen.
Als die ersten Bierbecher schon in den Gassen lagen und die Dunkelheit ihren kühlen Mantel auf den brodelnden Dorfplatz legte, hatte Lieke längst Trost gefunden, in den Armen Adrians, natürlich, Adrian war ein richtiger Kerl, Kraftsportler und Surfer, nicht so ein dürres Klappmesser wie Joris, mehr so ein Prachtkerl wie Thijs einer gewesen war. Ob sie Adrian jetzt verdächtigen würden?
Lieke schielte rüber zu Joris, nicht so ein Arschloch wie Thijs eins gewesen war und auch nicht so ein aufgeblasener Aufschneider wie der laute Adrian. Sie hatte nur nicht die Kraft gehabt, ihn abzuweisen, als er sie geschnappt hatte. Genau wie damals bei Thijs. Dem war sie auch einfach so in die Falle gegangen. Und dann hatte er sie immer mehr behandelt wie einen lästigen kleinen Hund. Treu war er auch nicht gewesen, hatte ihr aber Angst gemacht, wenn sie nur mit einem anderen geredet hatte.
Gestern hatte sie all ihren Mut zusammengenommen. Und es war ganz leicht gewesen, die Bremsleitung durchzuknipsen. Zur Not ginge das auch ein zweites Mal. Aber vielleicht war das auch gar nicht nötig. Sie nahm noch einmal allen Mut zusammen, wand sich aus Adrians Klammergriff, lief Kreuz und quer über den Platz bis sie Joris gefunden hatte. Der saß traurig auf der Hafenmauer und kippte sein sechstes Bier. Sie stellte sich neben ihn und fragte: "Joris, kannst du mich nach Hause bringen? Ich hab' keinen Bock mehr."
Joris saß da wie vom Donner gerührt.
"Was ist mit Adrian?", fragte er.
"Adrian ist ein selbstverliebtes Arschloch.", erwiderte Lieke.
"Aber ich kann nicht mehr fahren. ", sagte Joris. "Ich hätte schon sechs Bier."
"Und wie kommst du nach Hause?"
"Zu Fuß."
"Kannst Du mich denn zu Fuß nach Hause bringen oder ist das ein zu großer Umweg?"
"Ist kein Umweg."
"Also machst du's?"
Joris stand auf.
"Komm!", sagte er.
Doch nichts war wie immer. Thijs hatte es erwischt, der würde nie wieder mit ihm um die Häuser ziehen. Bei der siebten Runde hatte es ihn aus der Kurve getragen und dann stand der Baum im Weg. Joris fragte sich seit diesem Moment, ob es seine Schuld war. Sie hatten sich ein kleines Rennen gegönnt. Joris hatte Thijs links überholt. Hatte er ihn damit abgedrängt? Das würde sicher ein Nachspiel haben. Alle würden glauben, dass es Absicht war, wegen Lieke. Es gab keinen, der nicht wusste, wie verrückt Joris nach Lieke war, der Freundin seines besten Freundes Thijs. Und Thijs war jetzt aus dem Weg. Und stand doch mehr als unüberwindbares Hindernis da als je zuvor.
Auf den Strecken sah man überall die Spuren der vergangenen Nacht. So laut wie heute waren sie noch nie gewesen. 365 Mopeds ohne Auspuff, sieben Runden in drei-ein-halb Stunden. Goedereede, Ouddorp und zurück, ein Höllenlärm zum Geburtstag des Königs, die Art der Jugend ihrem Regenten Respekt zu zollen, so die offizielle Lesart. Im Grunde war es einfach nur eine Mordsgaudi und ein Kräftemessen unter Heranwachsenden; weitaus harmloser als der Silvester-Wettstreit zwischen Scheweningen und Duindorp - eigentlich, doch diesmal hatte es hier einen Toten gegeben.
Sie hätten alle zu Hause bleiben können: Joris, Jasper, Derk, Adrian, Mats, Lieke, Lotte, Tess und Sanne. Wegen Thijs, der nicht mehr dabei sein konnte. Sie alle und die anderen 355. Aus Trauer, Betroffenheit oder wenigstens aus Pietät. Aber gerade wegen Thijs gingen sie feiern, so, als wäre er dabei, mitten unter ihnen.
Als die ersten Bierbecher schon in den Gassen lagen und die Dunkelheit ihren kühlen Mantel auf den brodelnden Dorfplatz legte, hatte Lieke längst Trost gefunden, in den Armen Adrians, natürlich, Adrian war ein richtiger Kerl, Kraftsportler und Surfer, nicht so ein dürres Klappmesser wie Joris, mehr so ein Prachtkerl wie Thijs einer gewesen war. Ob sie Adrian jetzt verdächtigen würden?
Lieke schielte rüber zu Joris, nicht so ein Arschloch wie Thijs eins gewesen war und auch nicht so ein aufgeblasener Aufschneider wie der laute Adrian. Sie hatte nur nicht die Kraft gehabt, ihn abzuweisen, als er sie geschnappt hatte. Genau wie damals bei Thijs. Dem war sie auch einfach so in die Falle gegangen. Und dann hatte er sie immer mehr behandelt wie einen lästigen kleinen Hund. Treu war er auch nicht gewesen, hatte ihr aber Angst gemacht, wenn sie nur mit einem anderen geredet hatte.
Gestern hatte sie all ihren Mut zusammengenommen. Und es war ganz leicht gewesen, die Bremsleitung durchzuknipsen. Zur Not ginge das auch ein zweites Mal. Aber vielleicht war das auch gar nicht nötig. Sie nahm noch einmal allen Mut zusammen, wand sich aus Adrians Klammergriff, lief Kreuz und quer über den Platz bis sie Joris gefunden hatte. Der saß traurig auf der Hafenmauer und kippte sein sechstes Bier. Sie stellte sich neben ihn und fragte: "Joris, kannst du mich nach Hause bringen? Ich hab' keinen Bock mehr."
Joris saß da wie vom Donner gerührt.
"Was ist mit Adrian?", fragte er.
"Adrian ist ein selbstverliebtes Arschloch.", erwiderte Lieke.
"Aber ich kann nicht mehr fahren. ", sagte Joris. "Ich hätte schon sechs Bier."
"Und wie kommst du nach Hause?"
"Zu Fuß."
"Kannst Du mich denn zu Fuß nach Hause bringen oder ist das ein zu großer Umweg?"
"Ist kein Umweg."
"Also machst du's?"
Joris stand auf.
"Komm!", sagte er.
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