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Freitag, 18. März 2022
Unter Wölfen
c. fabry, 15:23h
Er hielt sich dicht am Boden. Hier wo die Erde nahezu die gleichen Farbschattierungen aufwies wie sein graubraunes Fell, standen seine Chancen, nicht bemerkt zu werden, besonders gut. Es war ein fettes, altes Kaninchen. Es war langsam, schwerhörig und halbblind, das konnte gar nicht daneben gehen. Das durfte auch nicht daneben gehen, denn er brauchte dringend eine stärkende Mahlzeit. Seit drei Tagen schob er Hunger, genauso wie alle anderen. Dieses Kaninchen würde ihn satt machen und sein Mädchen dazu - zumindest vorerst. Dann hätte er wieder Kraft für weitere Strecken. Vielleicht ein Reh für das ganze Rudel, oder ein Schaf.
Der alte Klopfer kam immer näher. Seine Hinterläufe spannten sich an, sprungbereit, kraftvoll. Dann war die Beute so nah, dass er sie riechen konnte. Er schoss hervor, doch der Nager hatte ihn in letzter Minute gewittert und war blitzschnell in ein Erdloch geschlüpft. Das Tier würde heute nicht mehr heraus kommen.
Ermattet und verzweifelt drehte er sich um. Er sah in die Augen seines schwächsten Nachwuchses. Der hatte ihn die ganze Zeit über still beobachtet, hatte alles mitbekommen. Er hatte den alten Leitwolf in einem Moment der Schwäche erlebt, war Zeuge seines Versagens geworden. Ob er sich künftig weiter kleinhalten ließ? Er würde ihn aus dem Rudel jagen müssen, aber was, wenn er die anderen Wölfe spüren ließ, was er gesehen hatte? Wenn er keine Angst mehr hatte, keinen Respekt, wenn er aufbegehrte, obwohl er das schwächste Glied der Kette war?
Es half nichts. Er musste ihn ausschalten. So viel Kraft hatte er noch. Und dann gab es auch wieder Nahrung.
Der junge Wolf sah es in seinen Augen, aber er begriff zu spät. Der Leitwolf überlebte. Vorerst.
Der alte Klopfer kam immer näher. Seine Hinterläufe spannten sich an, sprungbereit, kraftvoll. Dann war die Beute so nah, dass er sie riechen konnte. Er schoss hervor, doch der Nager hatte ihn in letzter Minute gewittert und war blitzschnell in ein Erdloch geschlüpft. Das Tier würde heute nicht mehr heraus kommen.
Ermattet und verzweifelt drehte er sich um. Er sah in die Augen seines schwächsten Nachwuchses. Der hatte ihn die ganze Zeit über still beobachtet, hatte alles mitbekommen. Er hatte den alten Leitwolf in einem Moment der Schwäche erlebt, war Zeuge seines Versagens geworden. Ob er sich künftig weiter kleinhalten ließ? Er würde ihn aus dem Rudel jagen müssen, aber was, wenn er die anderen Wölfe spüren ließ, was er gesehen hatte? Wenn er keine Angst mehr hatte, keinen Respekt, wenn er aufbegehrte, obwohl er das schwächste Glied der Kette war?
Es half nichts. Er musste ihn ausschalten. So viel Kraft hatte er noch. Und dann gab es auch wieder Nahrung.
Der junge Wolf sah es in seinen Augen, aber er begriff zu spät. Der Leitwolf überlebte. Vorerst.
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Freitag, 11. März 2022
Entscheidung
c. fabry, 10:37h
Radweg, Grünstreifen, Kanal. Anouk, Jochen Kemper
ANOUK: Maggie! Maggie, wo hast du dich denn versteckt?
Jochen Kemper nähert sich mit dem Rad.
JOCHEN KEMPER: Probleme mit dem Babysitten?
ANOUK: Ich suche meine Katze.
JOCHEN KEMPER: Ach die kommt schon von alleine. Spätestens, wenn sie Hunger hat.
ANOUK: Kümmern Sie sich um ihre eigenen Angelegenheiten.
JOCHEN KEMPER: Na hör mal, du Rotzgöre! Wie redest du denn mit mir? Ihr wollt doch mit eurer Jugendgruppe weiter ins Gemeindehaus. Und ich gehöre immerhin zu Presbyterium.
ANOUK: Der Presbyter, der nie auf unserer Seite steht, auch nicht, wenn wir eindeutig im Recht sind.
JOCHEN KEMPER: Wer Rechte haben will, muss auch Pflichten erfüllen.
ANOUK: Ja genau. Zum Beispiel die Pflicht, das Rauchverbot durchzusetzen.
JOCHEM KEMPER: Ihr dürft sowieso nicht rauchen.
ANOUK: Ich spreche ja auch von den Kette rauchenden Alkoholikern aus dem Literaturkreis.
JOCHEN KEMPER: Wir sind keine Alkoholiker!
ANOUK: Die Betroffenen sind immer die Letzten, die es merken.
Anouk fokussiert plötzlich das Wasser. Offensichtlich ist die Katze in den Kanal gefallen und kann nicht heraus.
Jochen Kemper fasst sich plötzlich an die Brust, ringt nach Luft, kippt vom Rad.
Anouk beginnt, sich die Kleider vom Leib zu reißen und klettert eine der Leitern hinunter, die in den Kanal führen. Sie schwimmt auf die Katze zu, die panisch flieht.
ANOUK: Maggie, hab keine Angst, ich bin es doch, jetzt komm zu mir.
Anouk paddelt verzweifelt hinter der Katze her
ANOUK: Maggie, komm, ja, jetzt hab ich dich. Alles wird gut.
Anouk paddelt mit der Katze zur Leiter zurück. Und klettert mit dem verängstigten Tier ans Ufer.
ANOUK: Dumme, kleine Maggie. Ich lasse dich doch nicht ertrinken.
Jochen Kemper liegt neben seinem umgestürzten Fahrrad. Anouk starrt ihn an. Dann geht sie langsam zu ihrer Jacke und kramt das Mobiltelefon aus der Tasche.
ANOUK: Ja, Hallo? Ich bin hier am Mittellandkanal in Südhemmern, unterhalb der Brücke, die durchs Moor führt. Hier liegt jemand neben seinem Fahrrad, er ist bewusstlos? Nein, ich kann hier nicht bleiben, ich muss jemanden nach Hause bringen, der sich sonst erkältet.
Anouk legt auf, wickelt die Katze in ihren Pullover und schlüpft unbeholfen in die Jacke. Sie hält die Katze im rechten Arm, mit der Linken nimmt sie ihre restlichen Sachen, dann stellt sie sich kurz vor Jochen Kemper auf.
ANOUK: Ich konnte nicht eher anrufen. Ich musste zuerst Maggie retten. Maggie ist immer auf meiner Seite. Vielleicht werden sie ja gerettet. Wäre ich nicht hier gewesen, würden Sie hier alleine sterben.
Anouk geht ab. Jochen Kemper bleibt liegen.
ANOUK: Maggie! Maggie, wo hast du dich denn versteckt?
Jochen Kemper nähert sich mit dem Rad.
JOCHEN KEMPER: Probleme mit dem Babysitten?
ANOUK: Ich suche meine Katze.
JOCHEN KEMPER: Ach die kommt schon von alleine. Spätestens, wenn sie Hunger hat.
ANOUK: Kümmern Sie sich um ihre eigenen Angelegenheiten.
JOCHEN KEMPER: Na hör mal, du Rotzgöre! Wie redest du denn mit mir? Ihr wollt doch mit eurer Jugendgruppe weiter ins Gemeindehaus. Und ich gehöre immerhin zu Presbyterium.
ANOUK: Der Presbyter, der nie auf unserer Seite steht, auch nicht, wenn wir eindeutig im Recht sind.
JOCHEN KEMPER: Wer Rechte haben will, muss auch Pflichten erfüllen.
ANOUK: Ja genau. Zum Beispiel die Pflicht, das Rauchverbot durchzusetzen.
JOCHEM KEMPER: Ihr dürft sowieso nicht rauchen.
ANOUK: Ich spreche ja auch von den Kette rauchenden Alkoholikern aus dem Literaturkreis.
JOCHEN KEMPER: Wir sind keine Alkoholiker!
ANOUK: Die Betroffenen sind immer die Letzten, die es merken.
Anouk fokussiert plötzlich das Wasser. Offensichtlich ist die Katze in den Kanal gefallen und kann nicht heraus.
Jochen Kemper fasst sich plötzlich an die Brust, ringt nach Luft, kippt vom Rad.
Anouk beginnt, sich die Kleider vom Leib zu reißen und klettert eine der Leitern hinunter, die in den Kanal führen. Sie schwimmt auf die Katze zu, die panisch flieht.
ANOUK: Maggie, hab keine Angst, ich bin es doch, jetzt komm zu mir.
Anouk paddelt verzweifelt hinter der Katze her
ANOUK: Maggie, komm, ja, jetzt hab ich dich. Alles wird gut.
Anouk paddelt mit der Katze zur Leiter zurück. Und klettert mit dem verängstigten Tier ans Ufer.
ANOUK: Dumme, kleine Maggie. Ich lasse dich doch nicht ertrinken.
Jochen Kemper liegt neben seinem umgestürzten Fahrrad. Anouk starrt ihn an. Dann geht sie langsam zu ihrer Jacke und kramt das Mobiltelefon aus der Tasche.
ANOUK: Ja, Hallo? Ich bin hier am Mittellandkanal in Südhemmern, unterhalb der Brücke, die durchs Moor führt. Hier liegt jemand neben seinem Fahrrad, er ist bewusstlos? Nein, ich kann hier nicht bleiben, ich muss jemanden nach Hause bringen, der sich sonst erkältet.
Anouk legt auf, wickelt die Katze in ihren Pullover und schlüpft unbeholfen in die Jacke. Sie hält die Katze im rechten Arm, mit der Linken nimmt sie ihre restlichen Sachen, dann stellt sie sich kurz vor Jochen Kemper auf.
ANOUK: Ich konnte nicht eher anrufen. Ich musste zuerst Maggie retten. Maggie ist immer auf meiner Seite. Vielleicht werden sie ja gerettet. Wäre ich nicht hier gewesen, würden Sie hier alleine sterben.
Anouk geht ab. Jochen Kemper bleibt liegen.
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Freitag, 4. März 2022
Eskalation
c. fabry, 16:58h
Der Seppl war der Herr über die Sandkiste. Eigentlich über das gesamte Außengelände der Kita. Wer draußen Seppels Autorität infrage stellte, kassierte Kloppe, wenn die Erzieherinnen gerade nicht hinsahen und wurde zu keinem anderen Kind mehr nach Hause eingeladen. Es herrschte ein Klima der Angst.
Dann kam Seppl in die Schule. Aber Niki hatte schneller seinen Platz eingenommen, als irgendjemand auf die Idee hätte kommen können, es einmal ohne Platzhirsch zu versuchen. Nur von Niki gab es keine Kloppe. Danach kam Leo. Leo war besonders gut darin, alles unter Kontrolle zu behalten, ohne dass es jemandem auffiel. Und Leo kam erst als Siebenjähriger in die Schule. Danach herrschte drei Jahre Machtvakuum, da kamen Juri, André und Konstantin, aber nur ganz kurz, Juri war schon fünf und kam bald in die Schule, André wurde von Konstantin verdrängt und Konstantin zog bald weg. Danach war Michi der Anführer, aber Michi hatte das alles nicht nötig, er wollte einfach nur spielen.
Nun wäre alles schön gewesen, aber leider gibt es zu viele kleine Jungen auf der Welt, die von ihren grausamen Vätern zu grausamen Männern erzogen werden. Der Boris schubste Michi aus der Sandkiste und es gab wieder einen, der prügelte und Ansagen machte. Als er zur Schule kam, folgten ihm drei blasse Gernegroße, bis sich schließlich der kleine Wolodja durchsetzte. Wolodja spielte sich nicht nur als Chef auf. Er hatte Spaß daran, anderen Schmerzen zuzufügen und den Mädchen die Röcke hochzuheben oder die Hosen herunter zu ziehen. Und er war perfekt darin, die Schuld immer auf andere abzuwälzen.
Als Wolodja in die Schule kam, hätte es besser werden können, aber leider war in der Zwischenzeit die Grundschule neben die Kita gezogen und nun kontrollierte er das Außengelände vom Schulhof aus. In den Pausen persönlich, während des Unterrichts hatte er seine Lakaien.
Dimi allerdings war immun gegen Wolodjas Umtriebe. Er beschützte erfolgreich die Korbschaukel, zusammen mit ein paar Mädchen und seinen besten Kumpels.
Wolodja sah sich das eine Weile an. Dabei wurde er immer zorniger. Er konnte nicht dulden, dass irgendjemand wagte, sich ihm zu widersetzen. Er sprach Drohungen aus: "Wenn ihr nicht macht, was ich sage, lasse ich euch aus der Schaukel schubsen."
Dimi und seine Clique lachten Wolodja aus. Was wollte er denn machen?
Wolodja schickte seine stärksten Lakaien an die Front. Als die Erzieherinnen nicht hinsahen, griffen sie von allen Seiten an, schubsten die Kinder aus der Korbschaukel.
"Wenn ihr petzt", sagten sie, "Gibt es Kloppe."
Dimi ließ sich nicht einschüchtern. Er lief zu den Erzieherinnen und berichtete, was passiert war. Die Erzieherinnen wussten nicht, was sie glauben sollten.
Sie versprachen, künftig besser aufzupassen.
Die verstärkte Präsenz des Kita-Personals empfand Wolodja als Provokation. Ein deutlicher Beweis, dass Dimi gepetzt hatte. Er holte zum Gegenschlag aus. Marek, Zoe und Peer mussten die Erzieherinnen mit ein bisschen Scheingezeter ablenken, drüben bei den Erdhöhlen. In der Zwischenzeit schubsten Neo, Lucie, Bruce und Marlon die Clique aus der Korbschaukel, spuckten ihre Opfer an und traten sie an empfindlichen Stellen. Blitzschnell ging das und ohne dass die Erzieherinnen auch nur das Leiseste bemerkten.
Sie richteten der Korbschaukel-Clique aus: "Beim nächsten Mal überlegt sich Wolodja eine Strafe für Euch, die ihr euch gar nicht vorstellen könnt."
Aber die anderen Kita-Kinder hatten alles genau beobachtet. Diesmal liefen sie zu den Erzieherinnen und berichteten, was sie gesehen hatten. Neo. Lucie, Bruce und Marlon mussten eine Woche lang zu Hause bleiben. Und zu Wolodjas Eltern kam das Jugendamt. Wolodja spielte das Unschuldslamm, das Opfer infamer Verleumdungen. Dann bereitete er seinen Gegenschlag vor.
Er schlich sich am Abend aus der elterlichen Wohnung und traf sich mit seinen Gefolgsleuten auf dem Außengelände der KiTa. Sie schnitten die Seile der Korbschaukel an, äußerst geschickt, sodass es nicht sofort auffiel.
Aber die Kita-Leitung war längst auf der Hut. Sie hatte den Wolodja drei Jahre lang beobachtet und es war ihr nicht entgangen, dass mit dem Jungen etwas nicht stimmte. Sie hatte eine Wildkamera installiert und die Beweise nun fotografisch festgehalten.
Wolodja war besiegt.
Aber Neo, Lucie, Bruce und Marlon saßen schon in den Startlöchern.
Dann kam Seppl in die Schule. Aber Niki hatte schneller seinen Platz eingenommen, als irgendjemand auf die Idee hätte kommen können, es einmal ohne Platzhirsch zu versuchen. Nur von Niki gab es keine Kloppe. Danach kam Leo. Leo war besonders gut darin, alles unter Kontrolle zu behalten, ohne dass es jemandem auffiel. Und Leo kam erst als Siebenjähriger in die Schule. Danach herrschte drei Jahre Machtvakuum, da kamen Juri, André und Konstantin, aber nur ganz kurz, Juri war schon fünf und kam bald in die Schule, André wurde von Konstantin verdrängt und Konstantin zog bald weg. Danach war Michi der Anführer, aber Michi hatte das alles nicht nötig, er wollte einfach nur spielen.
Nun wäre alles schön gewesen, aber leider gibt es zu viele kleine Jungen auf der Welt, die von ihren grausamen Vätern zu grausamen Männern erzogen werden. Der Boris schubste Michi aus der Sandkiste und es gab wieder einen, der prügelte und Ansagen machte. Als er zur Schule kam, folgten ihm drei blasse Gernegroße, bis sich schließlich der kleine Wolodja durchsetzte. Wolodja spielte sich nicht nur als Chef auf. Er hatte Spaß daran, anderen Schmerzen zuzufügen und den Mädchen die Röcke hochzuheben oder die Hosen herunter zu ziehen. Und er war perfekt darin, die Schuld immer auf andere abzuwälzen.
Als Wolodja in die Schule kam, hätte es besser werden können, aber leider war in der Zwischenzeit die Grundschule neben die Kita gezogen und nun kontrollierte er das Außengelände vom Schulhof aus. In den Pausen persönlich, während des Unterrichts hatte er seine Lakaien.
Dimi allerdings war immun gegen Wolodjas Umtriebe. Er beschützte erfolgreich die Korbschaukel, zusammen mit ein paar Mädchen und seinen besten Kumpels.
Wolodja sah sich das eine Weile an. Dabei wurde er immer zorniger. Er konnte nicht dulden, dass irgendjemand wagte, sich ihm zu widersetzen. Er sprach Drohungen aus: "Wenn ihr nicht macht, was ich sage, lasse ich euch aus der Schaukel schubsen."
Dimi und seine Clique lachten Wolodja aus. Was wollte er denn machen?
Wolodja schickte seine stärksten Lakaien an die Front. Als die Erzieherinnen nicht hinsahen, griffen sie von allen Seiten an, schubsten die Kinder aus der Korbschaukel.
"Wenn ihr petzt", sagten sie, "Gibt es Kloppe."
Dimi ließ sich nicht einschüchtern. Er lief zu den Erzieherinnen und berichtete, was passiert war. Die Erzieherinnen wussten nicht, was sie glauben sollten.
Sie versprachen, künftig besser aufzupassen.
Die verstärkte Präsenz des Kita-Personals empfand Wolodja als Provokation. Ein deutlicher Beweis, dass Dimi gepetzt hatte. Er holte zum Gegenschlag aus. Marek, Zoe und Peer mussten die Erzieherinnen mit ein bisschen Scheingezeter ablenken, drüben bei den Erdhöhlen. In der Zwischenzeit schubsten Neo, Lucie, Bruce und Marlon die Clique aus der Korbschaukel, spuckten ihre Opfer an und traten sie an empfindlichen Stellen. Blitzschnell ging das und ohne dass die Erzieherinnen auch nur das Leiseste bemerkten.
Sie richteten der Korbschaukel-Clique aus: "Beim nächsten Mal überlegt sich Wolodja eine Strafe für Euch, die ihr euch gar nicht vorstellen könnt."
Aber die anderen Kita-Kinder hatten alles genau beobachtet. Diesmal liefen sie zu den Erzieherinnen und berichteten, was sie gesehen hatten. Neo. Lucie, Bruce und Marlon mussten eine Woche lang zu Hause bleiben. Und zu Wolodjas Eltern kam das Jugendamt. Wolodja spielte das Unschuldslamm, das Opfer infamer Verleumdungen. Dann bereitete er seinen Gegenschlag vor.
Er schlich sich am Abend aus der elterlichen Wohnung und traf sich mit seinen Gefolgsleuten auf dem Außengelände der KiTa. Sie schnitten die Seile der Korbschaukel an, äußerst geschickt, sodass es nicht sofort auffiel.
Aber die Kita-Leitung war längst auf der Hut. Sie hatte den Wolodja drei Jahre lang beobachtet und es war ihr nicht entgangen, dass mit dem Jungen etwas nicht stimmte. Sie hatte eine Wildkamera installiert und die Beweise nun fotografisch festgehalten.
Wolodja war besiegt.
Aber Neo, Lucie, Bruce und Marlon saßen schon in den Startlöchern.
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Freitag, 25. Februar 2022
Grundpflege
c. fabry, 11:51h
"Warum sind Sie nicht einfach zu zweit zu ihm gegangen?"
"Bei dem Personalstand? Was denken Sie denn?"
"Erzählen Sie bitte noch einmal genau wie es war."
Sybille schweigt. Sie kann es nicht erzählen. Sie kann dann nicht mehr atmen. Aber sie erinnert sich genau.
Peters war ein schwerer Pflegefall. Im Kopf war er noch zu hundert Prozent beieinander, aber seit einem schweren Schlaganfall war er halbseitig gelähmt und dauerhaft bettlägerig. Eigentlich eine durch und durch hilflose Person, jemand der niemanden verfolgen, überfallen bedrohen kann. So denkt man. Aber Peters war perfide.
"Waschen Sie das ordentlich!", polterte er, wenn man die Reinigung seiner Genitalien eigentlich abgeschlossen hatte. Angeblich war da noch eine Ecke nicht sauber und dort war der Lappen noch nicht hingekommen, dann waren noch nicht alle Seifenreste beseitigt und schließlich musste man zwanzig Mal trockenrubbeln, bis er endlich zufrieden war.
"Glauben Sie ja nicht, dass Sie mich so abspeisen, können Fräulein, ich habe Kontakte, ich werde mich an geeigneter Stelle über Sie beschweren."
Ja. Peters hatte überall Kontakte. Als er noch seinen Teil zum Bruttosozialprodukt beigetragen hatte, war er als hoch dotierter Theologe tätig gewesen. Landeskirchenrat, ein Amt voller Würde, mit hohem Ansehen und noch höherem Gehalt.Verheiratet, drei Kinder, vier Enkel.
Dann war wieder so ein Tag gewesen und sie hatte es ein für alle mal satt gehabt, die perversen Gelüste dieses sadistischen Greises zu befriedigen.
"Seien Sie endlich still!", hatte sie gefaucht.
"Wie reden Sie denn mit mir?"
"So wie sie es verdienen. Sie führen sich hier auf wie ein mieser Kunde im Bordell. Ihr Schritt ist sauber und trocken, da gibt es nichts nachzuputzen. Mit mir machen Sie so was nicht mehr. Wie viele Sekretärinnen, Gemeindeschwestern, Konfirmandinnen, Vikarinnen und Jugendgruppenleiterinnen haben Sie in ihrem Leben schon vor Ihren Dreckskarren gespannt? Was glauben Sie, wie viele auspacken, wenn ich Ihr Gebaren hier öffentlich mache?"
"Sie setzten jetzt sofort Ihr Arbeit fort.", brüllte Peters. "Das wird ein Nachspiel haben, verlassen Sie sich darauf."
"Gar nichts wird passieren.", sagte Sybille ruhig. "Niemand wird Ihnen glauben. Es gibt keine Zeugen."
Das hätte sie besser für sich behalten, denn Peters wusste, dass sie eine Chance hatte damit durchzukommen und er wollte und konnte nicht verlieren. Darum zog er den nächsten Trumpf.
"Hilfe!", schrie er aus Leibeskräften. "Retten Sie mein Leben! Hilfe!"
Sybilles Gedanken rasten. Jeder würde glauben, dass sie ihm Gewalt angetan hatte. Er provozierte alle Pflegerinnen bis aufs Messer. Sie würde ihren Job verlieren und keinen neuen finden. Sie musste schnell handeln. Sie nahm ein Kissen vom Sessel und drückte es ihm mit aller Kraft aufs Gesicht. Er versuchte sich zu wehren, aber ein untrainierter Arm gegen die kräftigen Muskeln einer Pflegekraft reichte nicht, um sich zu befreien. Dann wich das Leben aus ihm, alle Muskeln erschlafften gleichzeitig. Sie hatte gewonnen und doch verloren.
Sybille atmet tief durch. "Dürfte ich es einfach aufschreiben?"
"Bei dem Personalstand? Was denken Sie denn?"
"Erzählen Sie bitte noch einmal genau wie es war."
Sybille schweigt. Sie kann es nicht erzählen. Sie kann dann nicht mehr atmen. Aber sie erinnert sich genau.
Peters war ein schwerer Pflegefall. Im Kopf war er noch zu hundert Prozent beieinander, aber seit einem schweren Schlaganfall war er halbseitig gelähmt und dauerhaft bettlägerig. Eigentlich eine durch und durch hilflose Person, jemand der niemanden verfolgen, überfallen bedrohen kann. So denkt man. Aber Peters war perfide.
"Waschen Sie das ordentlich!", polterte er, wenn man die Reinigung seiner Genitalien eigentlich abgeschlossen hatte. Angeblich war da noch eine Ecke nicht sauber und dort war der Lappen noch nicht hingekommen, dann waren noch nicht alle Seifenreste beseitigt und schließlich musste man zwanzig Mal trockenrubbeln, bis er endlich zufrieden war.
"Glauben Sie ja nicht, dass Sie mich so abspeisen, können Fräulein, ich habe Kontakte, ich werde mich an geeigneter Stelle über Sie beschweren."
Ja. Peters hatte überall Kontakte. Als er noch seinen Teil zum Bruttosozialprodukt beigetragen hatte, war er als hoch dotierter Theologe tätig gewesen. Landeskirchenrat, ein Amt voller Würde, mit hohem Ansehen und noch höherem Gehalt.Verheiratet, drei Kinder, vier Enkel.
Dann war wieder so ein Tag gewesen und sie hatte es ein für alle mal satt gehabt, die perversen Gelüste dieses sadistischen Greises zu befriedigen.
"Seien Sie endlich still!", hatte sie gefaucht.
"Wie reden Sie denn mit mir?"
"So wie sie es verdienen. Sie führen sich hier auf wie ein mieser Kunde im Bordell. Ihr Schritt ist sauber und trocken, da gibt es nichts nachzuputzen. Mit mir machen Sie so was nicht mehr. Wie viele Sekretärinnen, Gemeindeschwestern, Konfirmandinnen, Vikarinnen und Jugendgruppenleiterinnen haben Sie in ihrem Leben schon vor Ihren Dreckskarren gespannt? Was glauben Sie, wie viele auspacken, wenn ich Ihr Gebaren hier öffentlich mache?"
"Sie setzten jetzt sofort Ihr Arbeit fort.", brüllte Peters. "Das wird ein Nachspiel haben, verlassen Sie sich darauf."
"Gar nichts wird passieren.", sagte Sybille ruhig. "Niemand wird Ihnen glauben. Es gibt keine Zeugen."
Das hätte sie besser für sich behalten, denn Peters wusste, dass sie eine Chance hatte damit durchzukommen und er wollte und konnte nicht verlieren. Darum zog er den nächsten Trumpf.
"Hilfe!", schrie er aus Leibeskräften. "Retten Sie mein Leben! Hilfe!"
Sybilles Gedanken rasten. Jeder würde glauben, dass sie ihm Gewalt angetan hatte. Er provozierte alle Pflegerinnen bis aufs Messer. Sie würde ihren Job verlieren und keinen neuen finden. Sie musste schnell handeln. Sie nahm ein Kissen vom Sessel und drückte es ihm mit aller Kraft aufs Gesicht. Er versuchte sich zu wehren, aber ein untrainierter Arm gegen die kräftigen Muskeln einer Pflegekraft reichte nicht, um sich zu befreien. Dann wich das Leben aus ihm, alle Muskeln erschlafften gleichzeitig. Sie hatte gewonnen und doch verloren.
Sybille atmet tief durch. "Dürfte ich es einfach aufschreiben?"
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