Freitag, 4. März 2022
Eskalation
Der Seppl war der Herr über die Sandkiste. Eigentlich über das gesamte Außengelände der Kita. Wer draußen Seppels Autorität infrage stellte, kassierte Kloppe, wenn die Erzieherinnen gerade nicht hinsahen und wurde zu keinem anderen Kind mehr nach Hause eingeladen. Es herrschte ein Klima der Angst.
Dann kam Seppl in die Schule. Aber Niki hatte schneller seinen Platz eingenommen, als irgendjemand auf die Idee hätte kommen können, es einmal ohne Platzhirsch zu versuchen. Nur von Niki gab es keine Kloppe. Danach kam Leo. Leo war besonders gut darin, alles unter Kontrolle zu behalten, ohne dass es jemandem auffiel. Und Leo kam erst als Siebenjähriger in die Schule. Danach herrschte drei Jahre Machtvakuum, da kamen Juri, André und Konstantin, aber nur ganz kurz, Juri war schon fünf und kam bald in die Schule, André wurde von Konstantin verdrängt und Konstantin zog bald weg. Danach war Michi der Anführer, aber Michi hatte das alles nicht nötig, er wollte einfach nur spielen.

Nun wäre alles schön gewesen, aber leider gibt es zu viele kleine Jungen auf der Welt, die von ihren grausamen Vätern zu grausamen Männern erzogen werden. Der Boris schubste Michi aus der Sandkiste und es gab wieder einen, der prügelte und Ansagen machte. Als er zur Schule kam, folgten ihm drei blasse Gernegroße, bis sich schließlich der kleine Wolodja durchsetzte. Wolodja spielte sich nicht nur als Chef auf. Er hatte Spaß daran, anderen Schmerzen zuzufügen und den Mädchen die Röcke hochzuheben oder die Hosen herunter zu ziehen. Und er war perfekt darin, die Schuld immer auf andere abzuwälzen.

Als Wolodja in die Schule kam, hätte es besser werden können, aber leider war in der Zwischenzeit die Grundschule neben die Kita gezogen und nun kontrollierte er das Außengelände vom Schulhof aus. In den Pausen persönlich, während des Unterrichts hatte er seine Lakaien.

Dimi allerdings war immun gegen Wolodjas Umtriebe. Er beschützte erfolgreich die Korbschaukel, zusammen mit ein paar Mädchen und seinen besten Kumpels.

Wolodja sah sich das eine Weile an. Dabei wurde er immer zorniger. Er konnte nicht dulden, dass irgendjemand wagte, sich ihm zu widersetzen. Er sprach Drohungen aus: "Wenn ihr nicht macht, was ich sage, lasse ich euch aus der Schaukel schubsen."

Dimi und seine Clique lachten Wolodja aus. Was wollte er denn machen?

Wolodja schickte seine stärksten Lakaien an die Front. Als die Erzieherinnen nicht hinsahen, griffen sie von allen Seiten an, schubsten die Kinder aus der Korbschaukel.
"Wenn ihr petzt", sagten sie, "Gibt es Kloppe."
Dimi ließ sich nicht einschüchtern. Er lief zu den Erzieherinnen und berichtete, was passiert war. Die Erzieherinnen wussten nicht, was sie glauben sollten.
Sie versprachen, künftig besser aufzupassen.

Die verstärkte Präsenz des Kita-Personals empfand Wolodja als Provokation. Ein deutlicher Beweis, dass Dimi gepetzt hatte. Er holte zum Gegenschlag aus. Marek, Zoe und Peer mussten die Erzieherinnen mit ein bisschen Scheingezeter ablenken, drüben bei den Erdhöhlen. In der Zwischenzeit schubsten Neo, Lucie, Bruce und Marlon die Clique aus der Korbschaukel, spuckten ihre Opfer an und traten sie an empfindlichen Stellen. Blitzschnell ging das und ohne dass die Erzieherinnen auch nur das Leiseste bemerkten.
Sie richteten der Korbschaukel-Clique aus: "Beim nächsten Mal überlegt sich Wolodja eine Strafe für Euch, die ihr euch gar nicht vorstellen könnt."

Aber die anderen Kita-Kinder hatten alles genau beobachtet. Diesmal liefen sie zu den Erzieherinnen und berichteten, was sie gesehen hatten. Neo. Lucie, Bruce und Marlon mussten eine Woche lang zu Hause bleiben. Und zu Wolodjas Eltern kam das Jugendamt. Wolodja spielte das Unschuldslamm, das Opfer infamer Verleumdungen. Dann bereitete er seinen Gegenschlag vor.

Er schlich sich am Abend aus der elterlichen Wohnung und traf sich mit seinen Gefolgsleuten auf dem Außengelände der KiTa. Sie schnitten die Seile der Korbschaukel an, äußerst geschickt, sodass es nicht sofort auffiel.

Aber die Kita-Leitung war längst auf der Hut. Sie hatte den Wolodja drei Jahre lang beobachtet und es war ihr nicht entgangen, dass mit dem Jungen etwas nicht stimmte. Sie hatte eine Wildkamera installiert und die Beweise nun fotografisch festgehalten.

Wolodja war besiegt.

Aber Neo, Lucie, Bruce und Marlon saßen schon in den Startlöchern.

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Freitag, 25. Februar 2022
Grundpflege
"Warum sind Sie nicht einfach zu zweit zu ihm gegangen?"
"Bei dem Personalstand? Was denken Sie denn?"
"Erzählen Sie bitte noch einmal genau wie es war."
Sybille schweigt. Sie kann es nicht erzählen. Sie kann dann nicht mehr atmen. Aber sie erinnert sich genau.

Peters war ein schwerer Pflegefall. Im Kopf war er noch zu hundert Prozent beieinander, aber seit einem schweren Schlaganfall war er halbseitig gelähmt und dauerhaft bettlägerig. Eigentlich eine durch und durch hilflose Person, jemand der niemanden verfolgen, überfallen bedrohen kann. So denkt man. Aber Peters war perfide.

"Waschen Sie das ordentlich!", polterte er, wenn man die Reinigung seiner Genitalien eigentlich abgeschlossen hatte. Angeblich war da noch eine Ecke nicht sauber und dort war der Lappen noch nicht hingekommen, dann waren noch nicht alle Seifenreste beseitigt und schließlich musste man zwanzig Mal trockenrubbeln, bis er endlich zufrieden war.
"Glauben Sie ja nicht, dass Sie mich so abspeisen, können Fräulein, ich habe Kontakte, ich werde mich an geeigneter Stelle über Sie beschweren."

Ja. Peters hatte überall Kontakte. Als er noch seinen Teil zum Bruttosozialprodukt beigetragen hatte, war er als hoch dotierter Theologe tätig gewesen. Landeskirchenrat, ein Amt voller Würde, mit hohem Ansehen und noch höherem Gehalt.Verheiratet, drei Kinder, vier Enkel.

Dann war wieder so ein Tag gewesen und sie hatte es ein für alle mal satt gehabt, die perversen Gelüste dieses sadistischen Greises zu befriedigen.
"Seien Sie endlich still!", hatte sie gefaucht.
"Wie reden Sie denn mit mir?"
"So wie sie es verdienen. Sie führen sich hier auf wie ein mieser Kunde im Bordell. Ihr Schritt ist sauber und trocken, da gibt es nichts nachzuputzen. Mit mir machen Sie so was nicht mehr. Wie viele Sekretärinnen, Gemeindeschwestern, Konfirmandinnen, Vikarinnen und Jugendgruppenleiterinnen haben Sie in ihrem Leben schon vor Ihren Dreckskarren gespannt? Was glauben Sie, wie viele auspacken, wenn ich Ihr Gebaren hier öffentlich mache?"
"Sie setzten jetzt sofort Ihr Arbeit fort.", brüllte Peters. "Das wird ein Nachspiel haben, verlassen Sie sich darauf."
"Gar nichts wird passieren.", sagte Sybille ruhig. "Niemand wird Ihnen glauben. Es gibt keine Zeugen."
Das hätte sie besser für sich behalten, denn Peters wusste, dass sie eine Chance hatte damit durchzukommen und er wollte und konnte nicht verlieren. Darum zog er den nächsten Trumpf.
"Hilfe!", schrie er aus Leibeskräften. "Retten Sie mein Leben! Hilfe!"
Sybilles Gedanken rasten. Jeder würde glauben, dass sie ihm Gewalt angetan hatte. Er provozierte alle Pflegerinnen bis aufs Messer. Sie würde ihren Job verlieren und keinen neuen finden. Sie musste schnell handeln. Sie nahm ein Kissen vom Sessel und drückte es ihm mit aller Kraft aufs Gesicht. Er versuchte sich zu wehren, aber ein untrainierter Arm gegen die kräftigen Muskeln einer Pflegekraft reichte nicht, um sich zu befreien. Dann wich das Leben aus ihm, alle Muskeln erschlafften gleichzeitig. Sie hatte gewonnen und doch verloren.

Sybille atmet tief durch. "Dürfte ich es einfach aufschreiben?"

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Samstag, 19. Februar 2022
Männer 2 - gar kein Krimi
Männer sind kein adäquater Katzenersatz.
Aber sie können zweifellos besser Rücken kratzen.

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Freitag, 18. Februar 2022
Männer
Was bildet die sich eigentlich ein, diese Drecksfurie? Kann nicht mal?n Nagel einschlagen, aber will uns sagen, wo der Hammer hängt? Und jetzt schon zum zweiten Mal? Das gibt?s doch gar nicht. Die soll sich um ihre Hosenscheißer kümmern und uns in Ruhe lassen. Stellt immer nur Ansprüche und liefert gar nix. Aber Korinthen kacken wegen Maskenpflicht. Lächerlich! Wir sind alle geboostert und getestet, wir brauchen das nicht. Wenn sie mal sonst alles so genau nehmen würde. Das Materiallager sieht aus wie eine Messi-Garage. Und mal irgendwo mit anpacken? Fehlanzeige.
Erst dieser dreiste Berufsjugendliche und jetzt noch die blöde Kuh, die immer so tut als wäre sie auf Augenhöhe mit dem Pastor. Irgendwann reicht es auch mal. Wenn die uns hier Ärger macht, kann die aber was erleben, das lassen wir uns nicht gefallen. Das kann sie vielleicht mit ihren Konfirmanden machen aber nicht mit uns. Blöde Öko-Schlampe!

Jungs
Was bilden die sich eigentlich ein? Wieso sind die schon wieder die einzigen, die hier oben ohne durchs Haus laufen? Wir kriegen überall direkt eine Ansage, wenn die Medizinische mal ein bisschen rutscht, von wegen Nasenpimmel und die ranzigen Kerle stolzieren hier rum wie eine Kreuzung aus Trump, Putin, Dieter Bohlen und Kasper. Werde ich nie vergessen, wie die letztes Jahr beim Training rein gestürmt sind und uns angeranzt haben, dass wir leise sein sollen, weil sie sich zu irgendwas Besinnlichem treffen, als wären sie die Allerwichtigsten hier im Haus. Und wenn einer was sagt, pöbeln sie gleich rum. Müssten wir mal machen. Bekämen wir direkt Hausverbot.

Frauen
Ich glaube, ich bin im falschen Film. Haben die mich gerade wirklich kollektiv niedergebrüllt? Weil ich ihnen einen Mund-Nasen-Schutz angeboten habe? Blicken die nicht, dass das die aktuelle Rechtslage ist und ich gar keine andere Möglichkeit habe, als die Maskenpflicht im Haus durchzusetzen, um meine Zielgruppe zu schützen? Die sind erwachsen, haben Familien, einen Job oder sind schon im Ruhestand und führen sich auf wie Kleinkinder in der Trotzphase. Kindergartenvorgruppe. Aber ich lasse mich nicht anbrüllen. Soll die Gemeindeleitung sich drum kümmern. Die dürfen dann auch meinetwegen als letztes Mittel die Polizei einschalten.

Fassungslose
Woher kommt so viel Hass? Wie konnten wir nur ahnen, was für Leuten wir hier unter unserem Dach erlauben, sich zu treffen? Die waren doch immer ganz patent, haben alles repariert und für die meisten technischen Probleme eine Lösung gefunden. Hatten doch ihren Platz hier in der Gemeinde. Wie kann man so ausrasten, nur weil jemand darauf bestanden hat, dass die Regeln eingehalten werden? Zu mehreren eine einzelne Frau überfallen, beschimpfen, verprügeln und sich noch immer im Recht wähnen. Weil sie ihr die Schuld geben, dass das Presbyterium ein Ultimatum gestellt hat. Weil sie sich erlauben, sie dafür zu bestrafen. Was kommt als nächstes? Wenn sie aus der Haft entlassen sind, schlagen sie dann die Fenster des Gemeindehauses kaputt? Oder lauern sie einzelnen Mitgliedern des Presbyteriums auf? Geht das jetzt nahtlos so weiter? Ignoranz, Kränkung, Wut, Gewalt und Zerstörung. Dieser Teufelskreis aus dem es scheinbar kein Entkommen gibt. Wo sind wir falsch abgebogen? Und können wir noch zurück?

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