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Samstag, 12. Februar 2022
Brandstifter - MATZE
c. fabry, 10:48h
Seine Einkaufstüte war nicht besonders voll. Was brauchte man auch schon, um für einen einzigen Menschen Essen zu kochen, der nicht einmal schwer körperlich arbeitete? Der Wohnwagen war nicht schlecht, hier hatte er alles, was er brauchte, abgesehen davon, dass Katja ihm fehlte und natürlich die Kinder, aber das hier war ja nur eine Übergangslösung. Er schloss die Tür, setzte Wasser auf und begann Tomaten und Zwiebeln zu hacken. Die Gasflamme verbreitete augenblicklich eine wohlige Wärme, die Heizung musste er erst nach dem Kochen anschmeißen.
Wie sollte es nun weiter gehen? Sein Putzjob mit 25 Stunden war eine gute Grundlage, aber er brauchte dringend zusätzliche Geldquellen, jetzt, wo Katjas Erbe aufgebraucht war. Vielleicht würde sich etwas ergeben, wenn sie vom "Reset" endlich den Raum für das Werkzeuglager bekämen, dann würden sie über weitere Spenden einen Werkzeugpark anlegen und ihre Dienste als mobile Hausmeister anbieten. Matze war handwerklich nicht ungeschickt, da würde einiges rein kommen und am Ende würde vielleicht einer sagen, dass er ganz bei ihm anfangen könnte. Dann würde er wieder eine ordentliche Wohnung mieten, die Kinder zurück holen und wenn Katja aus der Klinik entlassen wurde, könnten sie endlich wieder eine richtige Familie sein, so wie noch vor ein paar Wochen.
Die gebratenen Tomaten zischten und dufteten und in der Bratpfanne ereigneten sich kleine Explosionen und Verpuffungen. Einmal klang es so, als klopfe jemand an die Tür. Matze rief ?herein?, aber als niemand kam, zuckte er mit den Schultern und streute die Nudeln ins kochende Wasser. Schön warm war es hier drin und hell. Irgendwie zu warm, fand er plötzlich und entschloss sich, zu lüften. Die Tür ließ sich nicht mehr öffnen. Er schaffte es noch, ein Fenster einzutreten, doch dadurch ging alles nur schneller. Er wollte noch nach Katja rufen, aber da war keine Luft mehr zum Atmen.
Fortsetzung Sonntag
Wie sollte es nun weiter gehen? Sein Putzjob mit 25 Stunden war eine gute Grundlage, aber er brauchte dringend zusätzliche Geldquellen, jetzt, wo Katjas Erbe aufgebraucht war. Vielleicht würde sich etwas ergeben, wenn sie vom "Reset" endlich den Raum für das Werkzeuglager bekämen, dann würden sie über weitere Spenden einen Werkzeugpark anlegen und ihre Dienste als mobile Hausmeister anbieten. Matze war handwerklich nicht ungeschickt, da würde einiges rein kommen und am Ende würde vielleicht einer sagen, dass er ganz bei ihm anfangen könnte. Dann würde er wieder eine ordentliche Wohnung mieten, die Kinder zurück holen und wenn Katja aus der Klinik entlassen wurde, könnten sie endlich wieder eine richtige Familie sein, so wie noch vor ein paar Wochen.
Die gebratenen Tomaten zischten und dufteten und in der Bratpfanne ereigneten sich kleine Explosionen und Verpuffungen. Einmal klang es so, als klopfe jemand an die Tür. Matze rief ?herein?, aber als niemand kam, zuckte er mit den Schultern und streute die Nudeln ins kochende Wasser. Schön warm war es hier drin und hell. Irgendwie zu warm, fand er plötzlich und entschloss sich, zu lüften. Die Tür ließ sich nicht mehr öffnen. Er schaffte es noch, ein Fenster einzutreten, doch dadurch ging alles nur schneller. Er wollte noch nach Katja rufen, aber da war keine Luft mehr zum Atmen.
Fortsetzung Sonntag
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Freitag, 11. Februar 2022
Brandstifter - WUTBÜRGER
c. fabry, 09:17h
"Jetzt kriegt er endlich, was er verdient!" "Hat wohl geglaubt, er kann unsere Gutmütigkeit unendlich ausnutzen, der Betrüger." "Hartmut hat doch erzählt, dass er schon dabei war, die Kirche auszuräumen, sollte auch alles in den Keller, dann wären das schöne Pult und der Jesus aus dem 16. Jahrhundert jetzt auch reif für die Mulde." "Hat alles absaufen lassen, die Drecksau und hätte immer so weiter gemacht." ?Ich hab? ja nix übrig für die Kirche, aber Hartmut und Sonja, das sind echt nette Leute, dass man denen so übel mitgespielt hat, damit dürfen die nicht durchkommen." "Feuer bekämpft man mit Wasser und Wasser bekämpft man mit Feuer."
Fortsetzung Samstag
Fortsetzung Samstag
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Freitag, 4. Februar 2022
# Eiskalter Januar - Kurzkrimi in vier Teilen - 4. Hoffnung
c. fabry, 19:04h
Er würde jämmerlich ertrinken, vielleicht vorher schon erfrieren, denn seine Zähne klapperten fürchterlich, er spürte seine Finger schon nicht mehr, was angesichts der Verletzungen, die er sich beim Durchtrennen der Handfesseln zugezogen hatte, der einzige Vorteil in seiner Lage war. Wie kam man eigenständig aus dem Schlick, wenn man mit einem Fuß eingesunken war? Da gab es doch einen Trick. Hinlegen, um das Gewicht günstiger zu verteilen. Und dann über die Seite rollen. Schuhe stecken lassen. Und dann kleine, schnelle Schritte, um aus dem Treibsand-Gebiet herauszukommen, ohne direkt wieder einzusinken. Er brauchte ein Weile, aber es ging voran. Langsam konnte er das Bein wieder aus dem Schlamm ziehen. Den Schuh musste er verloren geben, den anderen zog er auch aus. Dann richtete er sich vorsichtig auf, spürte, ob der Sand ihn an der gewählten Stelle trug, und lief nun mit kleinen, kurzen, aber zügigen Schritten auf ein paar kleine Lichter zu, die aus dem Ortskern von Horumersiel hinüber schienen.
Da war wieder Hoffnung, ein Triumph-Gefühl, er war dem Schicksal von der Schippe gesprungen oder hatte dem Tod ein Schnippchen geschlagen oder umgekehrt. Solche Spitzfindigkeiten waren ihm jetzt egal, Hauptsache, er erreichte das rettende Ufer und menschliche Behausungen, in denen er sich rasch Hilfe holen konnte. Noch ein paar Schritte und er hatte den rettenden Deich erreicht. Er rannte die Steigung hinauf und spürte den eisigen Wind auf seiner bereits ausgekühlten, feuchten Haut. Die nasse Kleidung tat ihr Übriges. Er zitterte gegen den Kältetod an, klapperte mit den Zähnen und stolperte den Deich entlang, seinen Rettern entgegen.
Plötzlich nahm er von hinten Geräusche wahr. Er konnte sie nicht einordnen, aber sie wurden nicht vom Wind verursacht. So etwas wie Hufgetrappel, aber im falschen Rhythmus, und dumpfer. War ihm da eine Schafherde auf den Fersen, weil er vom Leithammel als Bedrohung eingestuft worden war? Das wäre ja jämmerlich, wenn er nach all den Torturen von den Symbolen christlicher Opferbereitschaft und Schicksalsergebenheit zu Tode getrampelt würde. Über den Haufen gerannt von den Lämmern Gottes. Die Rache der Lämmer. Ihm schoss nur noch Schwachsinn durch den Kopf. Verdammt, er musste sich konzentrieren. Vielleicht einfach runter vom Deich, Richtung Straße, über den Zaun und er wäre sicher vor den aufgescheuchten Tieren. Er schoss den Hang hinunter, kletterte hektisch über den Schafdraht, zum Glück keine Stacheln und kein Strom, dachte er, rannte nun auf der Straße, langsam wurde ihm wieder wärmer, er dachte auch gar nicht mehr an das Risiko eines Muskelrisses, er wollte sich nur noch in Sicherheit bringen.
Das Getrappel war immer noch zu hören. Und es kam näher.
Schließlich hörte er Stimmen. Kein Geblöke, menschliche Stimmen. Männliche Stimmen aus rauen Kehlen.
"Gleich haben wir ihn!", hörte er.
"Los Bruni, zieh der Ratte eins über."
Die Schritte kamen bedrohlich nahe. "Gleich", dachte Jan, "Gleich haut der Stinkmorchelkopf mir mit seinem Baseballschläger den Schädel ein. Aber ich will nicht! Ich will nicht!"
Er holte alles aus sich heraus, was noch da war. Seine Lunge brannte wie Feuer. Wütendes Bellen ertönte, kam näher. Von der Seite kamen zwei deutsche Schäferhunde angesprungen. Wo hatten sie die beiden Tölen denn bisher versteckt gehalten? Im Kofferraum? Das war das Ende. Nazis mit Nazihunden auf den Fersen, denen konnte nicht einmal der sportliche Jan entkommen. Er machte noch einen verzweifelten Schritt, stolperte über ein Schlagloch und fiel hin. Er stand nicht wieder auf. Wie ein gejagtes Wildtier ergab er sich in ein Schicksal, er war nur noch Beute. Gleich würden die Hunde ihn zerreißen und er war das Lamm, das die Schmerzen ertrug. Es würde nicht lange dauern.
Aber die Hunde kamen nicht zu ihm. Er hörte aufgeregtes Stimmengewirr. "Ruf deine Scheiß Köter zurück, du Sau!"
"Fuck, die Bestie hat mich gebissen! Das wird teuer!"
"Au! Scheiße, was ist das?"
"Taser.", antwortete eine ruhige, friesische Männerstimme. "Eigentlich für die Schafe, wenn die ausbüxen. Geht aber auch für Lumpenhunde."
Der Hundebesitzer ging auf Jan zu.
"Mensch bist du nicht der Pastor?"
"Ja", stieß Jan hervor.
"Ich bin der Hanno vom Hansenhof. Kannst du mit diese neumodischen Telefone umgehen? Ich hab dem Burschen da seins abgenommen."
"Ja", antwortete Jan, "aber warum?"
"Kannst doch mal die Polizei rufen."
"Stimmt.", sagte Jan. "Das geht sogar ohne PIN."
Hanno reichte ihm das Mobiltelefon und Jan wischte über die Schaltfläche, bis "Notruf" auf dem Display erschien, dann wählte er. Die Verfolger hatte der Bauer mit dem Elektroschocker vorläufig außer Gefecht gesetzt und darüber hinaus hielten seine Hunde sie in Schach. Als er merkte, dass Jan kaum sprechen konnte, nahm er ihm das Smartphone ab und gab der Polizei die Position und die Sachlage durch, soweit er sie beurteilen konnte.
"Wir brauchen auch einen Rettungswagen für Maxi.", stöhnte Jan. "Er liegt in unserer Kate."
Es dauerte nur fünf Minuten da war der Kontaktbereichsbeamte vor Ort und half, die Angreifer in Schach zu halten.
"So ganz richtig war das aber nicht, was du da gemacht hast, Hanno.", sagte er.
"Goldrichtig war das.", widersprach der. "Nothilfe. Ging nicht anders. Sind richtig schwere Jungs. Guck dir die mal an."
"Trotzdem. Mit Waffen und so, das ist Sache der Polizei. Gewaltmonopol des Staates und so."
"Ja ja. Jetzt schnack mal nich' so geschwollen. Wenn man euch braucht, seid ihr nie da, alles muss man selber machen und hinterher wisst ihr alles besser. Ich hab die ja nur eingefangen und nicht kaputt gemacht. Wenn deine Kollegen da sind, könnt ihr auch gerne ohne mich weitermachen. Ich reiß mich da nich' drum."
Zehn Minuten später rückten weitere Polizisten und mehrere Rettungswagen an. Im Krankenhaus erkundigte Jan sich nach Maxis Befinden. Sie durften ihm nichts sagen, nur dass er am Leben war und auch nicht lebensgefährlich verletzt. Er würde wieder auf die Beine kommen. Jan hoffte sehr, dass der Heranwachsende durch diese Erfahrung zu Verstand käme. Er glaubte aber nicht daran. Nicht mehr. Er hoffte, dass der Junge eine Chance hatte, jemand musste an seine Fähigkeiten glauben, am Ball bleiben. Aber er wollte sich nicht mehr um das verlorene Schaf kümmern. Da mussten jetzt andere ran.
Auch bei der der Beerdigung. Maxis Oma musste ein Kollege unter die Erde bringen.
ENDE
Da war wieder Hoffnung, ein Triumph-Gefühl, er war dem Schicksal von der Schippe gesprungen oder hatte dem Tod ein Schnippchen geschlagen oder umgekehrt. Solche Spitzfindigkeiten waren ihm jetzt egal, Hauptsache, er erreichte das rettende Ufer und menschliche Behausungen, in denen er sich rasch Hilfe holen konnte. Noch ein paar Schritte und er hatte den rettenden Deich erreicht. Er rannte die Steigung hinauf und spürte den eisigen Wind auf seiner bereits ausgekühlten, feuchten Haut. Die nasse Kleidung tat ihr Übriges. Er zitterte gegen den Kältetod an, klapperte mit den Zähnen und stolperte den Deich entlang, seinen Rettern entgegen.
Plötzlich nahm er von hinten Geräusche wahr. Er konnte sie nicht einordnen, aber sie wurden nicht vom Wind verursacht. So etwas wie Hufgetrappel, aber im falschen Rhythmus, und dumpfer. War ihm da eine Schafherde auf den Fersen, weil er vom Leithammel als Bedrohung eingestuft worden war? Das wäre ja jämmerlich, wenn er nach all den Torturen von den Symbolen christlicher Opferbereitschaft und Schicksalsergebenheit zu Tode getrampelt würde. Über den Haufen gerannt von den Lämmern Gottes. Die Rache der Lämmer. Ihm schoss nur noch Schwachsinn durch den Kopf. Verdammt, er musste sich konzentrieren. Vielleicht einfach runter vom Deich, Richtung Straße, über den Zaun und er wäre sicher vor den aufgescheuchten Tieren. Er schoss den Hang hinunter, kletterte hektisch über den Schafdraht, zum Glück keine Stacheln und kein Strom, dachte er, rannte nun auf der Straße, langsam wurde ihm wieder wärmer, er dachte auch gar nicht mehr an das Risiko eines Muskelrisses, er wollte sich nur noch in Sicherheit bringen.
Das Getrappel war immer noch zu hören. Und es kam näher.
Schließlich hörte er Stimmen. Kein Geblöke, menschliche Stimmen. Männliche Stimmen aus rauen Kehlen.
"Gleich haben wir ihn!", hörte er.
"Los Bruni, zieh der Ratte eins über."
Die Schritte kamen bedrohlich nahe. "Gleich", dachte Jan, "Gleich haut der Stinkmorchelkopf mir mit seinem Baseballschläger den Schädel ein. Aber ich will nicht! Ich will nicht!"
Er holte alles aus sich heraus, was noch da war. Seine Lunge brannte wie Feuer. Wütendes Bellen ertönte, kam näher. Von der Seite kamen zwei deutsche Schäferhunde angesprungen. Wo hatten sie die beiden Tölen denn bisher versteckt gehalten? Im Kofferraum? Das war das Ende. Nazis mit Nazihunden auf den Fersen, denen konnte nicht einmal der sportliche Jan entkommen. Er machte noch einen verzweifelten Schritt, stolperte über ein Schlagloch und fiel hin. Er stand nicht wieder auf. Wie ein gejagtes Wildtier ergab er sich in ein Schicksal, er war nur noch Beute. Gleich würden die Hunde ihn zerreißen und er war das Lamm, das die Schmerzen ertrug. Es würde nicht lange dauern.
Aber die Hunde kamen nicht zu ihm. Er hörte aufgeregtes Stimmengewirr. "Ruf deine Scheiß Köter zurück, du Sau!"
"Fuck, die Bestie hat mich gebissen! Das wird teuer!"
"Au! Scheiße, was ist das?"
"Taser.", antwortete eine ruhige, friesische Männerstimme. "Eigentlich für die Schafe, wenn die ausbüxen. Geht aber auch für Lumpenhunde."
Der Hundebesitzer ging auf Jan zu.
"Mensch bist du nicht der Pastor?"
"Ja", stieß Jan hervor.
"Ich bin der Hanno vom Hansenhof. Kannst du mit diese neumodischen Telefone umgehen? Ich hab dem Burschen da seins abgenommen."
"Ja", antwortete Jan, "aber warum?"
"Kannst doch mal die Polizei rufen."
"Stimmt.", sagte Jan. "Das geht sogar ohne PIN."
Hanno reichte ihm das Mobiltelefon und Jan wischte über die Schaltfläche, bis "Notruf" auf dem Display erschien, dann wählte er. Die Verfolger hatte der Bauer mit dem Elektroschocker vorläufig außer Gefecht gesetzt und darüber hinaus hielten seine Hunde sie in Schach. Als er merkte, dass Jan kaum sprechen konnte, nahm er ihm das Smartphone ab und gab der Polizei die Position und die Sachlage durch, soweit er sie beurteilen konnte.
"Wir brauchen auch einen Rettungswagen für Maxi.", stöhnte Jan. "Er liegt in unserer Kate."
Es dauerte nur fünf Minuten da war der Kontaktbereichsbeamte vor Ort und half, die Angreifer in Schach zu halten.
"So ganz richtig war das aber nicht, was du da gemacht hast, Hanno.", sagte er.
"Goldrichtig war das.", widersprach der. "Nothilfe. Ging nicht anders. Sind richtig schwere Jungs. Guck dir die mal an."
"Trotzdem. Mit Waffen und so, das ist Sache der Polizei. Gewaltmonopol des Staates und so."
"Ja ja. Jetzt schnack mal nich' so geschwollen. Wenn man euch braucht, seid ihr nie da, alles muss man selber machen und hinterher wisst ihr alles besser. Ich hab die ja nur eingefangen und nicht kaputt gemacht. Wenn deine Kollegen da sind, könnt ihr auch gerne ohne mich weitermachen. Ich reiß mich da nich' drum."
Zehn Minuten später rückten weitere Polizisten und mehrere Rettungswagen an. Im Krankenhaus erkundigte Jan sich nach Maxis Befinden. Sie durften ihm nichts sagen, nur dass er am Leben war und auch nicht lebensgefährlich verletzt. Er würde wieder auf die Beine kommen. Jan hoffte sehr, dass der Heranwachsende durch diese Erfahrung zu Verstand käme. Er glaubte aber nicht daran. Nicht mehr. Er hoffte, dass der Junge eine Chance hatte, jemand musste an seine Fähigkeiten glauben, am Ball bleiben. Aber er wollte sich nicht mehr um das verlorene Schaf kümmern. Da mussten jetzt andere ran.
Auch bei der der Beerdigung. Maxis Oma musste ein Kollege unter die Erde bringen.
ENDE
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Freitag, 28. Januar 2022
# Eiskalter Januar - Kurzkrimi in vier Teilen - 3. Das Meer
c. fabry, 14:47h
Geistesgegenwärtig positionierte er sich mit dem Rücken zum Waschtisch und bekam das Messer mit den gefesselten Händen zu fassen. Er verbarg es so gut es ging, indem er es zwischen Hände und Rücken schob und spürte, wie er sich leicht dabei verletzte. Seine Vorsicht bewährte sich, denn Maxi trieb ihn vor sich her in die Wohnküche. Dort angekommen verpasste der Jugendliche ihm einen Tritt in die Kniekehlen, sodass er zu Boden ging. Er spielte die devote Geisel, seine einzige Chance, seinen erbarmungslosen Wärter in Sicherheit zu wiegen.
"Wo ist das Brennholz?" fragte der Junge.
Jan gab drängende Geräusche von sich, um zu verdeutlichen, dass er sich mit zugeklebtem Mund kaum würde verständlich machen können.
"Ja, is ja gut.", sagte Maxi, riss mit einem schmerzhaften Ruck das Klebeband vom Mund des Pfarrers und sah ihn erwartungsvoll an.
"Im Holzschuppen, gleich hinterm Haus." keuchte Jan.
"Alles klar." sagte Maxi.
Jan wollte die Gunst des Augenblicks nutzen und versuchen, den Heranwachsenden zur Vernunft zu bringen: "Hast du dir mal...", setzte er an. "überlegt", wollte er noch sagen und dann improvisieren, aber der Knabe klebte ihm schon wieder das Gaffertape auf den Mund. "Das reicht Pastor.", sagte er. "Du hast für immer ausgequatscht. Bleib hier liegen und rühr dich nicht, sonst lass ich mir vor deinem Abgang noch ne kleine Zugabe einfallen."
Maxi schnappte sich den Holzkorb und ging in den Garten. Er würde eine Weile brauchen, denn es war mittlerweile dunkel geworden und hier hinterm Deich leuchtete keine Straßenlaterne oder Reklame den von dichten Weiden umsäumten Garten aus. Verzweifelt hantierte Jan mit dem Messer. Er musste blitzschnell sein. Schließlich gelang es ihm, das Klebeband an seinen Händen zu durchtrennen. Er legte sich wieder hin und verbarg die gesprengten Fesseln hinter seinem Rücken.
Maxi kam zurück, schob einen Hocker vor den Kaminofen und begann, Holz aufzuschichten; nicht sehr fachmännisch, aber äußerst konzentriert. Darum hatte er auch keine Augen für seine Geisel. Jan nutzte die Gelegenheit, griff nach dem Schürhaken und schlug seinem Wärter damit kräftig auf den Schädel. Maxi jaulte auf und fuhr herum. Jans Gehirn war längst in den Sauriermodus übergegangen: keinerlei Hemmungen, keine Bedenken, er wollte das hier einfach nur überleben, darum schlug er direkt wieder zu, gezielt auf die Schädeldecke über dem schmerz- und wutverzerrten Gesicht. Er sah in die nach oben rollenden Augen, die anzeigten, dass in Maxis Kopf das Licht ausging. Vielleicht war er tot, vielleicht brauchte er ärztliche Hilfe, vielleicht kam er gleich wieder zu sich. Jan war alles egal, er wollte nur möglichst schnell heraus aus der Gefahrenzone. Mit dem Rasiermesser zerschnitt er seine Fußfesseln, riss sich den Klebestreifen vom Mund und rannte ohne Jacke in die friesisch-winterliche Witterung. Er begann zu rennen, spürte, dass er nicht sofort Vollgas geben konnte, dafür waren seine Muskeln nicht warm genug und das fortgeschrittene Alter trug sein Übriges dazu bei. Er dachte nicht nach, spürte aber instinktiv, dass er erst warm werden musste, wenn er sich nicht mit einem plötzlichen Muskelriss selbst seiner letzten Überlebenschance berauben wollte. Er hatte keinen Plan, er wollte nur möglichst weit weg vom Haus. Jan rannte, wo er rennen konnte, quer über den Deich in die Dunkelheit, gegen den kalten Wind und den eisigen Nieselregen, der seine Gesichtshaut peinigte wie tausend Nadelstiche. Auf einmal gab der Boden unter seinen Füßen nach, er fiel hin, steckte im Schlick, wurde nass und kalt, wollte aufstehen und spürte, wie er tiefer einsank. "Verdammt!", dachte er. "Jetzt bin ich den Nazis entkommen, damit die Mordsee mich fressen kann." Schluchzer der Verzweiflung und der Wut entfuhren seinen Eingeweiden. Das konnte doch nicht alles gewesen sein. Er hatte doch noch so viel vor. Er blinzelte in die Dunkelheit. Das Wasser stieg.
Fortsetzung folgt am nächsten Freitag.
"Wo ist das Brennholz?" fragte der Junge.
Jan gab drängende Geräusche von sich, um zu verdeutlichen, dass er sich mit zugeklebtem Mund kaum würde verständlich machen können.
"Ja, is ja gut.", sagte Maxi, riss mit einem schmerzhaften Ruck das Klebeband vom Mund des Pfarrers und sah ihn erwartungsvoll an.
"Im Holzschuppen, gleich hinterm Haus." keuchte Jan.
"Alles klar." sagte Maxi.
Jan wollte die Gunst des Augenblicks nutzen und versuchen, den Heranwachsenden zur Vernunft zu bringen: "Hast du dir mal...", setzte er an. "überlegt", wollte er noch sagen und dann improvisieren, aber der Knabe klebte ihm schon wieder das Gaffertape auf den Mund. "Das reicht Pastor.", sagte er. "Du hast für immer ausgequatscht. Bleib hier liegen und rühr dich nicht, sonst lass ich mir vor deinem Abgang noch ne kleine Zugabe einfallen."
Maxi schnappte sich den Holzkorb und ging in den Garten. Er würde eine Weile brauchen, denn es war mittlerweile dunkel geworden und hier hinterm Deich leuchtete keine Straßenlaterne oder Reklame den von dichten Weiden umsäumten Garten aus. Verzweifelt hantierte Jan mit dem Messer. Er musste blitzschnell sein. Schließlich gelang es ihm, das Klebeband an seinen Händen zu durchtrennen. Er legte sich wieder hin und verbarg die gesprengten Fesseln hinter seinem Rücken.
Maxi kam zurück, schob einen Hocker vor den Kaminofen und begann, Holz aufzuschichten; nicht sehr fachmännisch, aber äußerst konzentriert. Darum hatte er auch keine Augen für seine Geisel. Jan nutzte die Gelegenheit, griff nach dem Schürhaken und schlug seinem Wärter damit kräftig auf den Schädel. Maxi jaulte auf und fuhr herum. Jans Gehirn war längst in den Sauriermodus übergegangen: keinerlei Hemmungen, keine Bedenken, er wollte das hier einfach nur überleben, darum schlug er direkt wieder zu, gezielt auf die Schädeldecke über dem schmerz- und wutverzerrten Gesicht. Er sah in die nach oben rollenden Augen, die anzeigten, dass in Maxis Kopf das Licht ausging. Vielleicht war er tot, vielleicht brauchte er ärztliche Hilfe, vielleicht kam er gleich wieder zu sich. Jan war alles egal, er wollte nur möglichst schnell heraus aus der Gefahrenzone. Mit dem Rasiermesser zerschnitt er seine Fußfesseln, riss sich den Klebestreifen vom Mund und rannte ohne Jacke in die friesisch-winterliche Witterung. Er begann zu rennen, spürte, dass er nicht sofort Vollgas geben konnte, dafür waren seine Muskeln nicht warm genug und das fortgeschrittene Alter trug sein Übriges dazu bei. Er dachte nicht nach, spürte aber instinktiv, dass er erst warm werden musste, wenn er sich nicht mit einem plötzlichen Muskelriss selbst seiner letzten Überlebenschance berauben wollte. Er hatte keinen Plan, er wollte nur möglichst weit weg vom Haus. Jan rannte, wo er rennen konnte, quer über den Deich in die Dunkelheit, gegen den kalten Wind und den eisigen Nieselregen, der seine Gesichtshaut peinigte wie tausend Nadelstiche. Auf einmal gab der Boden unter seinen Füßen nach, er fiel hin, steckte im Schlick, wurde nass und kalt, wollte aufstehen und spürte, wie er tiefer einsank. "Verdammt!", dachte er. "Jetzt bin ich den Nazis entkommen, damit die Mordsee mich fressen kann." Schluchzer der Verzweiflung und der Wut entfuhren seinen Eingeweiden. Das konnte doch nicht alles gewesen sein. Er hatte doch noch so viel vor. Er blinzelte in die Dunkelheit. Das Wasser stieg.
Fortsetzung folgt am nächsten Freitag.
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