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Freitag, 2. April 2021
Vier Teile - 2. Das Außen
c. fabry, 13:30h
Wie sie schon wieder aussah! Nicht nur der desolate Zustand ihres Outfits, wo wirklich gar nichts zusammen passte. Dazu das meiste kraus, verwaschen und angeschmuddelt. Nein, auch der Gesichtsausdruck, die herabgezogenen Mundwinkel, die hektisch umherblickenden Augen, wie ein Tier, das man in die Enge getrieben hatte. Und so eine ließ man auf Kinder los. Schlimm genug, dass die Unterprivilegierten aus den prekären Verhältnissen hier zunehmend herumlungerten, wo man ständig aufpassen musste, dass die nichts mitgehen ließen und niemandem zu nahe traten, ohne sich dabei zu weit aus dem Fenster zu lehnen und sich damit den Stempel des Unsozialen einzufangen. Jesus war ja vor allem für die Entrechteten eingetreten. Wenn die Mittellosen nur nicht immer auch zu den Geistlosen und Unkultivierten gehörten, die wie Vierjährige nur um ihre eigenen Bedürfnisse kreisten - natürlich, weil sie nicht anders konnten, aber mein Gott, war das anstrengend!
Da brauchte man Mitarbeitende, die rund liefen, mit sich im Lot waren, halfen, den Laden am Laufen und zusammen zu halten. So eine Verstörte mit Altlasten und daraus resultierenden drohenden Totalausfällen, die zusätzlich ein Höchstmaß an Nächstenliebe einforderte, selbst aber nur unbrauchbares Stückwerk, lediglich Ansätze guten Willens zu bieten hatte, die machte die Arbeit unerträglich. Sie hing allen wie ein Mühlstein am Hals und hielt sich dabei selbst für die Lösung aller Probleme, für die streitbare und unbeugsame Anwältin der Kinder und Jugendlichen, für die Speerspitze der Bewegung der unerschrockenen Avantgarde. Und war doch nur eine dilettantische, dreckige Verliererin. Es mussten neue Aufgaben für sie gefunden werden; etwas, wo sie keinen Schaden anrichtete. Für unfähige Theologen gab es schließlich auch allerorten Parkplätze, warum nicht auch für pädagogische Fachkräfte, die doch nur gut die Hälfte kosteten?
"Was war denn mit Veronika los, dass die so eilig aus dem Haus gestürmt ist?", fragte Hella, während sie ganz nebenbei wie eine strickende Multitaskerin Serienbriefe eintütete.
"Ach", antwortete Sabine, "Ich habe ihr gerade erklärt, dass sie die Einladungen zu den Konfirmanden-Andachten unbedingt zum passenden Zeitpunkt raus schicken muss. Jahrelang hat sie die immer viel zu früh abgeschickt, dann hatten die Jugendlichen das schon wieder vergessen und in letzter Zeit gibt sie die immer auf den letzten Drücker in die Post, dann kommen die sehr kurzfristig oder sogar zu spät an. Ständig rufen verärgerte Eltern bei mir an."
?Bei mir auch auch.", seufzte Hella.
Henning betrat das Büro. "Was ist denn mit Veronika los?", fragte er und machte dabei große Augen. "Ich wollte etwas mit ihr wegen des neuen Konfi-Jahrgangs besprechen und sie schrie nur, das sie das schon wisse und lief weg. Dabei konnte sie gar nicht wissen, was ich ihr sagen wollte."
Sabine erklärte ihrem Kollegen die Sachlage. Er blickte betont betroffen. Etwas zu betont für Hellas Geschmack, die sich immer wieder fragte, ob sie eigentlich die Einzige war, die sich beruflich im Gemeindehaus aufhielt, ohne mit ernsthaften psychischen Problemen belastet zu sein.
Reinhard betrat das Büro. "Oh", nuschelte Sabine in ihre FFP2-Maske. "Vier sind einer zu viel, ich gehe dann mal."
"Nein.", sagte Reinhard entschieden. "Ich muss unbedingt mit Euch reden. Olivia rufe ich auch gleich an. Vielleicht können wir uns in den Saal setzen. Ich habe eben Veronika beim Einkaufen getroffen und bevor sie wieder hier auftaucht, würde ich gern mit Euch besprechen, wie wir mit unserem enger werdenden Finanzrahmen umgehen."
"Was hat das mit Veronika zu tun?", fragte Hella.
"Das", erklärte Reinhard herablassend, "wirst du spätestens erfahren, wenn du das Protokoll der nächsten Presbyteriums-Sitzung schreibst."
Jetzt ging es an Veronikas Stelle. War vielleicht nicht die schlechteste Lösung, dann musste man sich nicht mit ihr als Person auseinandersetzen, sondern konnte die Entscheidung auf die finanziellen Zwänge schieben. Sabine straffte die Schultern. Das würde unangenehm, aber sie würde es überleben.
Da brauchte man Mitarbeitende, die rund liefen, mit sich im Lot waren, halfen, den Laden am Laufen und zusammen zu halten. So eine Verstörte mit Altlasten und daraus resultierenden drohenden Totalausfällen, die zusätzlich ein Höchstmaß an Nächstenliebe einforderte, selbst aber nur unbrauchbares Stückwerk, lediglich Ansätze guten Willens zu bieten hatte, die machte die Arbeit unerträglich. Sie hing allen wie ein Mühlstein am Hals und hielt sich dabei selbst für die Lösung aller Probleme, für die streitbare und unbeugsame Anwältin der Kinder und Jugendlichen, für die Speerspitze der Bewegung der unerschrockenen Avantgarde. Und war doch nur eine dilettantische, dreckige Verliererin. Es mussten neue Aufgaben für sie gefunden werden; etwas, wo sie keinen Schaden anrichtete. Für unfähige Theologen gab es schließlich auch allerorten Parkplätze, warum nicht auch für pädagogische Fachkräfte, die doch nur gut die Hälfte kosteten?
"Was war denn mit Veronika los, dass die so eilig aus dem Haus gestürmt ist?", fragte Hella, während sie ganz nebenbei wie eine strickende Multitaskerin Serienbriefe eintütete.
"Ach", antwortete Sabine, "Ich habe ihr gerade erklärt, dass sie die Einladungen zu den Konfirmanden-Andachten unbedingt zum passenden Zeitpunkt raus schicken muss. Jahrelang hat sie die immer viel zu früh abgeschickt, dann hatten die Jugendlichen das schon wieder vergessen und in letzter Zeit gibt sie die immer auf den letzten Drücker in die Post, dann kommen die sehr kurzfristig oder sogar zu spät an. Ständig rufen verärgerte Eltern bei mir an."
?Bei mir auch auch.", seufzte Hella.
Henning betrat das Büro. "Was ist denn mit Veronika los?", fragte er und machte dabei große Augen. "Ich wollte etwas mit ihr wegen des neuen Konfi-Jahrgangs besprechen und sie schrie nur, das sie das schon wisse und lief weg. Dabei konnte sie gar nicht wissen, was ich ihr sagen wollte."
Sabine erklärte ihrem Kollegen die Sachlage. Er blickte betont betroffen. Etwas zu betont für Hellas Geschmack, die sich immer wieder fragte, ob sie eigentlich die Einzige war, die sich beruflich im Gemeindehaus aufhielt, ohne mit ernsthaften psychischen Problemen belastet zu sein.
Reinhard betrat das Büro. "Oh", nuschelte Sabine in ihre FFP2-Maske. "Vier sind einer zu viel, ich gehe dann mal."
"Nein.", sagte Reinhard entschieden. "Ich muss unbedingt mit Euch reden. Olivia rufe ich auch gleich an. Vielleicht können wir uns in den Saal setzen. Ich habe eben Veronika beim Einkaufen getroffen und bevor sie wieder hier auftaucht, würde ich gern mit Euch besprechen, wie wir mit unserem enger werdenden Finanzrahmen umgehen."
"Was hat das mit Veronika zu tun?", fragte Hella.
"Das", erklärte Reinhard herablassend, "wirst du spätestens erfahren, wenn du das Protokoll der nächsten Presbyteriums-Sitzung schreibst."
Jetzt ging es an Veronikas Stelle. War vielleicht nicht die schlechteste Lösung, dann musste man sich nicht mit ihr als Person auseinandersetzen, sondern konnte die Entscheidung auf die finanziellen Zwänge schieben. Sabine straffte die Schultern. Das würde unangenehm, aber sie würde es überleben.
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Freitag, 26. März 2021
Vier Teile - 1. Das Innen
c. fabry, 09:49h
Da kocht fast was über. Und wenn ich frage, was es ist, kann ich nicht einmal sagen, was es ist. Es koch einfach. Einfach so. Ich weiß auch nicht genau, woher es kommt. Alles nervt mich.
Wenn andere ihr Zeug liegen lassen, wo es für mich ohnehin schon so anstrengend ist, Ordnung zu halten.
Wenn ich das Gefühl habe, es bleibt immer mehr an mir hängen. Nach und nach wird immer mehr Verantwortung auf mich abgewälzt, dabei kann ich schon jetzt nicht mehr.
Und die, die mir wichtig sind, weichen zurück, denen bin ich egal. Die, die mich bestürmen, wollen immer etwas von mir: eine Auskunft, eine Leistung, ein offenes Ohr, Trost, Anerkennung, aber nie fragt jemand danach, was ich eigentlich brauche und wenn, dann tun es die falschen, die, die das nur aus Alibi-Gründen tun, damit sie, weil sie mir einmal geholfen haben, haufenweise Unterstützung und Engelsgeduld von mir einfordern können.
Da bin ich ja selber nicht anders. Will auch eine Hilfe für diejenigen sein, von denen ich mir Zuwendung wünsche und bin dann verbittert, wenn sie mein Hilfsangebot zurückweisen. Sie wollen meine Hilfe nicht. Sie wollen mich nicht. Weil sie ahnen, dass es schwierig für sie wird. Anstrengend. Und dass sie am Ende mehr geben müssen, als sie bekommen. Davor schützen sie sich.
Davor will ich mich auch schützen. Es bedroht meine emotionale Existenz, meine Seele und meine körperliche Gesundheit. Niemand kann immer nur geben. Man braucht auch neue Nahrung. Schlimm ist nur, dass man sie sich nicht holen kann. Man muss darauf warten, dass sie freiwillig geschenkt wird, unverhofft, aus heiterem Himmel. Man kann nur warten. Und hoffen. Und fasten. Und beten.
Und wenn das alles nichts hilft, muss man sterben. Dann ist es wohl Zeit. Wenn einem keiner mehr etwas zu geben hat, dann verhungert und verdurstet die Seele. Und der Körper zieht nach. Der Tod kommt dann von ganz allein. So wie der Schlaf bei unendlicher Erschöpfung.
Wenn andere ihr Zeug liegen lassen, wo es für mich ohnehin schon so anstrengend ist, Ordnung zu halten.
Wenn ich das Gefühl habe, es bleibt immer mehr an mir hängen. Nach und nach wird immer mehr Verantwortung auf mich abgewälzt, dabei kann ich schon jetzt nicht mehr.
Und die, die mir wichtig sind, weichen zurück, denen bin ich egal. Die, die mich bestürmen, wollen immer etwas von mir: eine Auskunft, eine Leistung, ein offenes Ohr, Trost, Anerkennung, aber nie fragt jemand danach, was ich eigentlich brauche und wenn, dann tun es die falschen, die, die das nur aus Alibi-Gründen tun, damit sie, weil sie mir einmal geholfen haben, haufenweise Unterstützung und Engelsgeduld von mir einfordern können.
Da bin ich ja selber nicht anders. Will auch eine Hilfe für diejenigen sein, von denen ich mir Zuwendung wünsche und bin dann verbittert, wenn sie mein Hilfsangebot zurückweisen. Sie wollen meine Hilfe nicht. Sie wollen mich nicht. Weil sie ahnen, dass es schwierig für sie wird. Anstrengend. Und dass sie am Ende mehr geben müssen, als sie bekommen. Davor schützen sie sich.
Davor will ich mich auch schützen. Es bedroht meine emotionale Existenz, meine Seele und meine körperliche Gesundheit. Niemand kann immer nur geben. Man braucht auch neue Nahrung. Schlimm ist nur, dass man sie sich nicht holen kann. Man muss darauf warten, dass sie freiwillig geschenkt wird, unverhofft, aus heiterem Himmel. Man kann nur warten. Und hoffen. Und fasten. Und beten.
Und wenn das alles nichts hilft, muss man sterben. Dann ist es wohl Zeit. Wenn einem keiner mehr etwas zu geben hat, dann verhungert und verdurstet die Seele. Und der Körper zieht nach. Der Tod kommt dann von ganz allein. So wie der Schlaf bei unendlicher Erschöpfung.
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Freitag, 19. März 2021
Lockdown-Challenges
c. fabry, 10:07h
MELLI: Neue Woche, neues Glück. Sportliche und musische Talente wurden unter Beweis gestellt. Ihr wart Held*innen des Stylings und diverser Performances. Erweist euch dieser Gruppe nun endgültig würdig, indem ihr etwas wahrhaft Großes vollbringt, gemäß dem Pfadfinder-Motto: Jeden Tag eine gute Tat. Erweist der Menschheit einen Dienst, der die Welt zumindest ein kleines bisschen besser macht. Und vergesst nicht, Euren Einsatz zu dokumentieren und zu posten. Mit Jesus Christus mutig voran!
ÖZGE: Kannst Du bitte, diese faschistoiden Jungschar-Sprüche unterlassen? ich kotz hier gleich ins Display! :-(
RAFI: Faschistoid? Allenfalls militaristisch.
ÖZGE: Schlimm genug. Auf jeden Fall zackig. Darauf reagiere ich algerisch.
DENNIS: Couscous oder Neinilewen?
ÖZGE: ???
MELLI: Dennis will wissen, ob du anfängst arabisch zu kochen oder arabisch zu morden.
ÖZGE: Ach so. Der Kalauer ist aber allgemein verstanden worden, oder?
MELLI: Ich denke doch.
RAFI: Yep.
DENNIS: Ja, klar. Allergisch, algerisch, da kann man schon mal die Wechstaben verbuchseln.
RAFI: Und was soll jetzt diese Challenge? Versteh ich nicht. Omas über die Straße oder Müll einsammeln?
ÖZGE: Auf jeden Fall keine Omas auf den Müll.
MELLI: Zum Beispiel, ja. Oder Geld spenden. Oder eine hässliche Wand mit einem Graffito verzieren. Oder eine Woche komplett auf Plastik verzichten.
*
RAFI: Hab? die Spülmaschine ausgeräumt. Mutter strahlt. Welt besser.
EMILY: Sexist.
RAFI: Wieso?
EMILY: Frag nicht.
*
RONNY: Katze gestreichelt. Ist jetzt total entspannt und findet alles schön.
RAFI: Muschi.
RONNY: Nee, die heißt Klara.
RAFI: Nicht die Katze.
RONNY: Doch. Die Katze heißt Klara.
RAFI: Ja, aber du bist die Muschi.
RONNY: Sexist.
RAFI: Ach leckt mich, Leute.
*
ÖZGE: Kaufe schon seit zwei Tagen nur noch bio, fair und regional. Komme ich jetzt in den Himmel?
MELLI: Bestimmt.
RAFI: Nee, in die Biotonne. Was machst Du eigentlich, Melli?
MELLI: Kommt noch.
EMILY: Bin unter die Förster gegangen. Hab? Erlen gepflanzt. Kommen mit langer Trockenheit, aber auch mit viel Nässe klar.
MELLI: Cool. Wo denn?
EMILY: In dem Waldstück oberhalb der Breeden, in dem die ganzen Fichten verreckt sind.
RAFI: Wie viele?
EMILY: Zehn, glaube ich.
*
MELLI: Die Woche ist fast um. Wie sieht?s aus, Dennis?
DENNIS: Brauch noch ein bisschen. Und selbst?
MELLI: Auch so.
*
DENNIS: Hab? der Menschheit einen großen Dienst erwiesen und sie von Gundula Benecke befreit.
RAFI: Cool. Wie das denn?
DENNIS: Unfall.
ÖZGE: Träum weiter. Ich werde nie vergessen, wie sie ?Lichter der Großstadt? kaputtinterpretiert hat und mir ne Fünf reingewürgt, weil ich das Gedicht angeblich nicht verstanden habe.
DENNIS: Nun sind die Lichter der Großstadt für immer erloschen.
MELLI: Wer ist das denn?
ÖZGE: Deutschlehrerin. Dumm, eingebildet, grausam und hässlich.
DENNIS: Und tot.
RONNY: Nee echt jetzt? Ich hatte die in Erdkunde. War auch gruselig.
DENNIS: Jetzt ist Schluss mit Gruseln. Ich finde, ich sollte als Einziger zehn Punkte kriegen.
RONNY: Ich hätte sie ja am Kartenständer aufgehängt.
DENNIS: Zu viele Spuren. Und für den Kartenständer war selbst die Benecke zu schwer.
ÖZGE: Ich hätte sie unter Strom gesetzt.
DENNIS: Auch nicht schlecht. Hätte auch tolle Bilder gegeben.
MELLI: Ich glaube, Dennis muss zum Therapeuten. Der kommt gar nicht mehr raus aus der Nummer.
DENNIS: ;-)
EMILY: Das ist jetzt nicht mehr witzig.
RONNY: Wieso nicht? Ich mach mir gerade in die Hose vor Lachen.
EMILY: Ich bin hier gerade in der Zedernstraße. Überall Polizei und ein Leichenwagen.
RONNY: Echt jetzt? Welche Nummer?
EMILY: Na bei Frau Benecke.
ÖZGE: Ach du Scheiße!
EMILY: Das Geländer vom Balkon hat sich selbstständig gemacht. Da muss jemand runtergekracht sein.
DENNIS: Schick mal Fotos.
EMILY: Geht?s noch?
DENNIS: Ist nur wegen der Punkte.
EMILY: Wegen welcher Punkte?
DENNIS: Für die Challenge.
MELLI: Dennis, du machst mir Angst.
DENNIS: Warum das denn? Die Menschheit muss nicht von dir befreit werden. Was war denn nun dein Beitrag?
MELLI: Wir können doch jetzt nicht einfach so weitermachen.
RONNY: Nee, mit solchen Spielchen will ich nichts zu tun haben.
Ronny hat die Gruppe verlassen.
ÖZGE: Dennis, du musst dringend zum Arzt. Und ich hab? echt keine Zeit für so kranke Scheiße.
Özge hat die Gruppe verlassen.
RAFI: Und ihr regt euch auf über Sexismus.
Rafi hat die Gruppe verlassen.
DENNIS: Spielverderber. Auf diese Freunde sollte man nicht setzen.
Dennis hat die Gruppe verlassen.
EMILY: Nur mal so aus Neugier: Was war denn nun dein Beitrag?
MELLI: Eigentlich Kuchen backen und verteilen. Jedem sein Anfangsbuchstabe.
EMILY: Und uneigentlich?
MELLI: Polizei informieren.
ÖZGE: Kannst Du bitte, diese faschistoiden Jungschar-Sprüche unterlassen? ich kotz hier gleich ins Display! :-(
RAFI: Faschistoid? Allenfalls militaristisch.
ÖZGE: Schlimm genug. Auf jeden Fall zackig. Darauf reagiere ich algerisch.
DENNIS: Couscous oder Neinilewen?
ÖZGE: ???
MELLI: Dennis will wissen, ob du anfängst arabisch zu kochen oder arabisch zu morden.
ÖZGE: Ach so. Der Kalauer ist aber allgemein verstanden worden, oder?
MELLI: Ich denke doch.
RAFI: Yep.
DENNIS: Ja, klar. Allergisch, algerisch, da kann man schon mal die Wechstaben verbuchseln.
RAFI: Und was soll jetzt diese Challenge? Versteh ich nicht. Omas über die Straße oder Müll einsammeln?
ÖZGE: Auf jeden Fall keine Omas auf den Müll.
MELLI: Zum Beispiel, ja. Oder Geld spenden. Oder eine hässliche Wand mit einem Graffito verzieren. Oder eine Woche komplett auf Plastik verzichten.
*
RAFI: Hab? die Spülmaschine ausgeräumt. Mutter strahlt. Welt besser.
EMILY: Sexist.
RAFI: Wieso?
EMILY: Frag nicht.
*
RONNY: Katze gestreichelt. Ist jetzt total entspannt und findet alles schön.
RAFI: Muschi.
RONNY: Nee, die heißt Klara.
RAFI: Nicht die Katze.
RONNY: Doch. Die Katze heißt Klara.
RAFI: Ja, aber du bist die Muschi.
RONNY: Sexist.
RAFI: Ach leckt mich, Leute.
*
ÖZGE: Kaufe schon seit zwei Tagen nur noch bio, fair und regional. Komme ich jetzt in den Himmel?
MELLI: Bestimmt.
RAFI: Nee, in die Biotonne. Was machst Du eigentlich, Melli?
MELLI: Kommt noch.
EMILY: Bin unter die Förster gegangen. Hab? Erlen gepflanzt. Kommen mit langer Trockenheit, aber auch mit viel Nässe klar.
MELLI: Cool. Wo denn?
EMILY: In dem Waldstück oberhalb der Breeden, in dem die ganzen Fichten verreckt sind.
RAFI: Wie viele?
EMILY: Zehn, glaube ich.
*
MELLI: Die Woche ist fast um. Wie sieht?s aus, Dennis?
DENNIS: Brauch noch ein bisschen. Und selbst?
MELLI: Auch so.
*
DENNIS: Hab? der Menschheit einen großen Dienst erwiesen und sie von Gundula Benecke befreit.
RAFI: Cool. Wie das denn?
DENNIS: Unfall.
ÖZGE: Träum weiter. Ich werde nie vergessen, wie sie ?Lichter der Großstadt? kaputtinterpretiert hat und mir ne Fünf reingewürgt, weil ich das Gedicht angeblich nicht verstanden habe.
DENNIS: Nun sind die Lichter der Großstadt für immer erloschen.
MELLI: Wer ist das denn?
ÖZGE: Deutschlehrerin. Dumm, eingebildet, grausam und hässlich.
DENNIS: Und tot.
RONNY: Nee echt jetzt? Ich hatte die in Erdkunde. War auch gruselig.
DENNIS: Jetzt ist Schluss mit Gruseln. Ich finde, ich sollte als Einziger zehn Punkte kriegen.
RONNY: Ich hätte sie ja am Kartenständer aufgehängt.
DENNIS: Zu viele Spuren. Und für den Kartenständer war selbst die Benecke zu schwer.
ÖZGE: Ich hätte sie unter Strom gesetzt.
DENNIS: Auch nicht schlecht. Hätte auch tolle Bilder gegeben.
MELLI: Ich glaube, Dennis muss zum Therapeuten. Der kommt gar nicht mehr raus aus der Nummer.
DENNIS: ;-)
EMILY: Das ist jetzt nicht mehr witzig.
RONNY: Wieso nicht? Ich mach mir gerade in die Hose vor Lachen.
EMILY: Ich bin hier gerade in der Zedernstraße. Überall Polizei und ein Leichenwagen.
RONNY: Echt jetzt? Welche Nummer?
EMILY: Na bei Frau Benecke.
ÖZGE: Ach du Scheiße!
EMILY: Das Geländer vom Balkon hat sich selbstständig gemacht. Da muss jemand runtergekracht sein.
DENNIS: Schick mal Fotos.
EMILY: Geht?s noch?
DENNIS: Ist nur wegen der Punkte.
EMILY: Wegen welcher Punkte?
DENNIS: Für die Challenge.
MELLI: Dennis, du machst mir Angst.
DENNIS: Warum das denn? Die Menschheit muss nicht von dir befreit werden. Was war denn nun dein Beitrag?
MELLI: Wir können doch jetzt nicht einfach so weitermachen.
RONNY: Nee, mit solchen Spielchen will ich nichts zu tun haben.
Ronny hat die Gruppe verlassen.
ÖZGE: Dennis, du musst dringend zum Arzt. Und ich hab? echt keine Zeit für so kranke Scheiße.
Özge hat die Gruppe verlassen.
RAFI: Und ihr regt euch auf über Sexismus.
Rafi hat die Gruppe verlassen.
DENNIS: Spielverderber. Auf diese Freunde sollte man nicht setzen.
Dennis hat die Gruppe verlassen.
EMILY: Nur mal so aus Neugier: Was war denn nun dein Beitrag?
MELLI: Eigentlich Kuchen backen und verteilen. Jedem sein Anfangsbuchstabe.
EMILY: Und uneigentlich?
MELLI: Polizei informieren.
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Freitag, 12. März 2021
Lockdown
c. fabry, 11:19h
So eine Scheiße. Wieso können wir nicht raus? Na wenigstens sind wir alle zusammen. Aber ich würde so gern mal wieder spazieren gehen, in der Sonne, durchs Gras laufen. Und der Lieferservice bringt immer nur diesen drögen, eintönigen Fraß, nichts Frisches, keine Vitamine, nichts mit Geschmack und Aroma.
Wo ist eigentlich Ronja? Die ist doch sonst immer die Erste morgens, die nach draußen will.
"Birk, hast du deine Schwester gesehen?"
"Wieso? Wir sind doch eh alle hier."
"Und wo ist Ronja dann?"
"Wahrscheinlich noch im Bett."
Das ist merkwürdig. Ronja schläft nie lange. Vielleicht ist sie krank. Ich seh? mal nach ihr.
Tatsache. Sie liegt noch im Bett. "Ronja, wach auf, die Sonne scheint." Na ja, bis zu uns dringt sie nicht ganz vor, aber man muss sein Kind ja irgendwie motivieren.
Oh Gott, sie ist ja ganz kalt! Und ganz starr! Und da ist ja Blut.
"Hilfe! Kommt alle her. Es ist was mit Ronja!"
"Was soll schon mit Ronja sein.", erwidert Tipi. Typisch. Sie lässt nie ein gutes Haar an ihr.
Birk kommt ins Schlafzimmer. "Was ist denn mit ihr?", fragt er besorgt. Ich will nicht, dass er seine Schwester so sieht. "Hol deine Mutter!", herrsche ich ihn an. "Schnell."
Elisabeth steht in der Tür. Sie zittert. Sie ahnt Schreckliches. Und es ist ja auch schrecklich. Da liegt ihr Kind, ihre einzige Tochter, kalt und starr und blutverschmiert.
Ein Schmerzensschrei entweicht ihrer Brust. "Ich weiß wer das war." flüstert sie. "Meine Schwester."
"Welche?", frage ich.
"Tipi natürlich. Wer sonst?"
"Wie kommst du darauf?"
"Sie hat Ronja schon immer gehasst. Schon als sie noch ganz klein war. Das niedliche Küken stahl ihr die Show. Tipi, die Schönste, von allen bewundert. Sie hatte Angst, dass Ronja ihr ihren Platz streitig macht. Sie hat sie gemobbt, alle anderen gegen sie aufgehetzt ihr nichts gegönnt. In letzter Zeit hat sie ständig behauptet, Ronja sei eine sexsüchtige Schlampe, die einfach jeden ranlässt, sogar ihren eigenen Vater und ihren Bruder."
Ich weiß ja, dass Tipi eine Bitch ist. Aber auch eine verdammt schöne. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie unserer kleinen Ronja eine Konkurrentin gesehen hat, nicht in so einem schüchternen Backfisch.
"Ich glaube nicht, dass Tipi damit etwas zu tun hat. Das muss ein Eindringling von außen gewesen sein.", sage ich.
"Typisch!", schreit Elisabeth hysterisch. "Alle Männer gehen meiner Schwester auf den Leim. Wer soll denn hier eingedrungen sein? Wir waren doch alle da und es ist alles verriegelt. - Tipi! Komm sofort hierher und sieh dir an, was du angerichtet hast!"
Kurz darauf kommt Tipi nach oben.
"WAS soll ich angerichtet haben?", fragt sie ihre Schwester schnippisch.
"Mein Kind." schluchzt Elisabeth. "Ronja ist tot."
"Das ist ja schrecklich.", antwortet Tipi kühl. "Aber was habe ich damit zu tun?"
"DU hast sie totgeschlagen.", schreit Elisabeth.
"So ein Quatsch!", verteidigt Tipi sich. "Ich habe ihr höchstens heute Nacht ein paar getickt, weil sie so laut geschnarcht hat. Und das in ihrem Alter. Unfassbar. Ich kann nicht schlafen, wenn jemand schnarcht. Ich kriege schon so die Motten, weil wir hier alle aufeinander hängen und nicht raus können."
"Gib es zu, du hast so lange zugeschlagen, bis du sie getötet hast."
"Ach was.", winkte Tipi ab. "Nur bis Ruhe war. Und jetzt reg dich nicht auf. Wird doch jetzt Frühling. Gibt bald wieder neue Küken."

Wo ist eigentlich Ronja? Die ist doch sonst immer die Erste morgens, die nach draußen will.
"Birk, hast du deine Schwester gesehen?"
"Wieso? Wir sind doch eh alle hier."
"Und wo ist Ronja dann?"
"Wahrscheinlich noch im Bett."
Das ist merkwürdig. Ronja schläft nie lange. Vielleicht ist sie krank. Ich seh? mal nach ihr.
Tatsache. Sie liegt noch im Bett. "Ronja, wach auf, die Sonne scheint." Na ja, bis zu uns dringt sie nicht ganz vor, aber man muss sein Kind ja irgendwie motivieren.
Oh Gott, sie ist ja ganz kalt! Und ganz starr! Und da ist ja Blut.
"Hilfe! Kommt alle her. Es ist was mit Ronja!"
"Was soll schon mit Ronja sein.", erwidert Tipi. Typisch. Sie lässt nie ein gutes Haar an ihr.
Birk kommt ins Schlafzimmer. "Was ist denn mit ihr?", fragt er besorgt. Ich will nicht, dass er seine Schwester so sieht. "Hol deine Mutter!", herrsche ich ihn an. "Schnell."
Elisabeth steht in der Tür. Sie zittert. Sie ahnt Schreckliches. Und es ist ja auch schrecklich. Da liegt ihr Kind, ihre einzige Tochter, kalt und starr und blutverschmiert.
Ein Schmerzensschrei entweicht ihrer Brust. "Ich weiß wer das war." flüstert sie. "Meine Schwester."
"Welche?", frage ich.
"Tipi natürlich. Wer sonst?"
"Wie kommst du darauf?"
"Sie hat Ronja schon immer gehasst. Schon als sie noch ganz klein war. Das niedliche Küken stahl ihr die Show. Tipi, die Schönste, von allen bewundert. Sie hatte Angst, dass Ronja ihr ihren Platz streitig macht. Sie hat sie gemobbt, alle anderen gegen sie aufgehetzt ihr nichts gegönnt. In letzter Zeit hat sie ständig behauptet, Ronja sei eine sexsüchtige Schlampe, die einfach jeden ranlässt, sogar ihren eigenen Vater und ihren Bruder."
Ich weiß ja, dass Tipi eine Bitch ist. Aber auch eine verdammt schöne. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie unserer kleinen Ronja eine Konkurrentin gesehen hat, nicht in so einem schüchternen Backfisch.
"Ich glaube nicht, dass Tipi damit etwas zu tun hat. Das muss ein Eindringling von außen gewesen sein.", sage ich.
"Typisch!", schreit Elisabeth hysterisch. "Alle Männer gehen meiner Schwester auf den Leim. Wer soll denn hier eingedrungen sein? Wir waren doch alle da und es ist alles verriegelt. - Tipi! Komm sofort hierher und sieh dir an, was du angerichtet hast!"
Kurz darauf kommt Tipi nach oben.
"WAS soll ich angerichtet haben?", fragt sie ihre Schwester schnippisch.
"Mein Kind." schluchzt Elisabeth. "Ronja ist tot."
"Das ist ja schrecklich.", antwortet Tipi kühl. "Aber was habe ich damit zu tun?"
"DU hast sie totgeschlagen.", schreit Elisabeth.
"So ein Quatsch!", verteidigt Tipi sich. "Ich habe ihr höchstens heute Nacht ein paar getickt, weil sie so laut geschnarcht hat. Und das in ihrem Alter. Unfassbar. Ich kann nicht schlafen, wenn jemand schnarcht. Ich kriege schon so die Motten, weil wir hier alle aufeinander hängen und nicht raus können."
"Gib es zu, du hast so lange zugeschlagen, bis du sie getötet hast."
"Ach was.", winkte Tipi ab. "Nur bis Ruhe war. Und jetzt reg dich nicht auf. Wird doch jetzt Frühling. Gibt bald wieder neue Küken."

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