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Mittwoch, 8. April 2020
Verzweifelte Suche - Ein Antikrimi mit Peter Maro in mehreren Teilen - Teil 5
c. fabry, 11:03h
In der Wohnung fanden sich keine Hinweise auf ein Verbrechen. War er mit der wissenschaftlichen Mitarbeiterin durchgebrannt? Ich notierte mir den Namen, fotografierte vorsichtshalber die Ausdrucke und legte alles so zurück, wie ich es vorgefunden hatte. Danach machte ich mich auf den Weg zur Universität. Nadine Reuter hieß die Verfasserin der ausgedruckten Mails. Schnell fand ich heraus, in welchem Büro sie saß und klopfte an ihre Tür. Ich leistete dem freundlichen „Herein!“ Folge und sah vor mir eine sympathische, nicht mehr ganz junge Frau mit lässiger Kurzhaarfrisur in einem luftigen Leinenkleid.
„Was kann ich für sie tun?“, fragte sie mit angenehmer Stimme.
„Ich bin auf der Suche nach einer vermissten Person.“, erklärte ich. „Vielleicht können Sie helfen, dass sich das alles in Kürze aufklärt. Haben Sie irgendeine Ahnung wo Rüdiger Benrath sich gegenwärtig aufhält?“
Sie sah mich erschrocken an und antwortete zunächst gar nicht. Dann stand sie auf und ich stellte fest, dass sie zwar nicht umwerfend attraktiv war, aber dennoch über ansprechende weibliche Konturen verfügte. Etwas mehr Körperspannung hätte ihr gut getan, aber ich muss gerade reden.
„Nehmen Sie doch Platz.“, sagte sie und wies auf den Besucherstuhl vor ihrem Schreibtisch. Ich setzte mich und sie ließ sich auch wieder auf ihren Bürostuhl fallen. Sie atmete schnell. Dann endlich sammelte sie sich ein wenig und sagte: „Ich bin davon ausgegangen, dass Rüdiger zu Hause ist. Es ist ja gerade vorlesungsfreie Zeit und er hatte vor, der Uni eine Weile fernzubleiben, zumal er sich auf einen Wechsel vorbereitet. In einem halben Jahr nimmt er eine Forschungs- und Lehrtätigkeit in Berlin auf.“
„Könnte es denn sein, dass er nach Berlin gefahren ist?“
„Theoretisch könnte er überall hin gefahren sein, aber dann wüsste seine Frau ja davon. Die hat ihn doch sicher als vermisst gemeldet, oder?“
„Nicht direkt.“, erwiderte ich. „Es ist einer außenstehenden Person aufgefallen, dass er seit einiger Zeit verschwunden ist. Ich will nicht den Teufel an die Wand malen, aber ich bin nicht sicher, ob seine Frau mir die Wahrheit sagt. Sie hat mir gegenüber behauptet, er halte sich aus beruflichen Gründen im Ausland auf. Welches Ausland, wollte sie mir nicht verraten.“
„Das ist aber wirklich Quatsch.“, bemerkte Nadine Reuter. „Er beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit den gesellschaftlichen Auswirkungen der Wiedervereinigung, macht vergleichende Ost-West-Studien an unterschiedlichen Altersgruppen und so weiter. In welches Ausland sollte er dafür reisen? Korea?“
„Wissen Sie näheres über den Zustand seiner Ehe?“
Nadine Reuter fühlte sich sichtlich unwohl. Das war ein heikles Thema für sie, ganz dünnes Eis, denn sicher wünschte sie sich von Herzen, dass seine Ehe am Ende sei und durfte es sich um keinen Preis anmerken lassen, wenn sie nicht ihr Gesicht verlieren wollte. Sie schob ihre geheimen Leidenschaften in die Besenkammer und setzte ein betont sachliches Gesicht auf, als sie sagte: „Ich dachte er sei sehr zufrieden. Er erzählte gelegentlich von seiner Frau und das nur mit großem Respekt und Wohlwollen. Sie wollte ihn zwar nicht nach Berlin begleiten, weil das auch ein zeitlich begrenztes Forschungsprojekt ist und es sehr gut sein kann, dass er in zwei bis drei Jahren hierher zurückkehrt oder es ihn an noch eine andere Hochschule verschlägt. Seine Frau ist beruflich auch erfolgreich und wirft natürlich nicht sofort die Brocken hin, nur weil der Herr Ehegatte sich ein wenig beruflich verändern will.“
„Kennen Sie seine Frau persönlich?“
„Nicht wirklich. Ich habe sie mal kurz gesehen, als ich Rüdiger ein paar Bücher vorbei gebracht habe, aber normalerweise treffen wir uns nur in der Uni und seine Frau kommt hier nicht hin.“
„Hat er Feinde, Menschen, denen er im Weg ist?“
„Hier an der Hochschule gibt es schon Konkurrenten. Aber er hat nie dafür gesorgt, dass jemandem eine Beförderung verweigert wird oder dass jemand keine Stelle bekommt. Das einzige, das ich mir vorstellen könnte, wäre jemand, der im Studium gescheitert ist und Rüdiger dafür verantwortlich macht. Für sehr wahrscheinlich halte ich das aber nicht.“
„Sie kennen den Professor ja recht gut.“, versuchte ich mehr aus ihr herauszukitzeln. „Wo fährt er denn am liebsten hin, wenn er einfach mal seine Ruhe haben will? Es wäre ja immerhin möglich, dass er sich mit seiner Frau gestritten hat und Abstand gesucht hat.“
„Ach so.“, erwiderte die wissenschaftliche Mitarbeiterin. „Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Wenn er den Kopf frei bekommen will, fährt er gern ans Meer. Vorzugsweise nach Langeoog, aber nicht unbedingt ins Ausland.“
„Wissen Sie denn auch, wo er da vorzugsweise absteigt?“
„Ich glaube er ist so der Typ für Pensionen. Da muss er nichts mitschleppen, hat alles, was er braucht und zum Essen nutzt er die örtliche Gastronomie. Aber Sie können ja schlecht bei den Pensionen auf der Insel nachfragen, die werden Ihnen ja nicht verraten, wer bei ihnen wohnt. Oder sind Sie von der Polizei?“
„Nein, ich bin Privatdetektiv, aber glauben Sie mir, ich verstehe etwas von meinem Ruf. Wenn er auf Langeoog ist, werde ich ihn höchstwahrscheinlich ausfindig machen.“
„Würden Sie mich informieren, wenn Sie näheres wissen?“
Ich legte ihr meine Karte auf den Schreibtisch. „Rufen Sie mich ab Morgen Abend an, dann werde ich Sie an meinem aktuellen Kenntnisstand teilhaben lassen.“
Dankbar steckte sie die Karte ein.
Ein paar trickreiche Telefonate später kannte ich seinen Aufenthaltsort. Er war gerade unterwegs, konnte darum nicht ans Telefon kommen. Musste ich mich davon überzeugen, dass es auch wirklich der richtige Rüdiger Benrath war? Ich rief meine Auftraggeberin an und setzte sie in Kenntnis vom Stand meiner Ermittlungen.
„Oh bitte, fahren Sie morgen da hin und überprüfen Sie, ob er es auch wirklich ist. Das könnte ja ein Trick sein, um sein Verschwinden zu vertuschen.“
„Das wird aber teuer, Lady. Können Sie sich das leisten?“
„Ja, das ist es mir wert.“
„Aber es ist doch durchaus plausibel, dass er sich mit seiner Frau gestritten hat und zum Entspannen an seinen Sehnsuchtsort gefahren ist.“
„Aber warum hat seine Frau Sie dann angelogen und behauptet, er sei im Ausland?“
„Weil es ihr peinlich ist, dass sie einen Ehekrach hat und nicht genau weiß, wo er ist.“
„Das hätte sie sich doch aber denken können. Sie hätte ja auch sagen können, mein Mann brauchte mal eine kleine Auszeit und möchte dort auf keinen Fall gestört werden.“
„Und das wäre Ihnen nicht verdächtig vorgekommen?“
„Doch.“
„Sehen Sie.“
„Ich würde mich trotzdem wohler fühlen, wenn Sie nachsehen. Ich würde es ja selber machen, aber ich habe berufliche Verpflichtungen, denen ich nachkommen muss.“
„Gut, dann nehme ich den Auftrag an. Ich nehme die Fähre um 10.00 Uhr, werde also gegen 7.00 Uhr hier starten. Dann sollte ich gegen 11.00 Uhr am Ort sein und wenn er dann nicht in der Pension ist, werde ich den ganzen Tag über nach ihm Ausschau halten und ihn spätestens am Abend aufsuchen. Dann käme allerdings noch eine Übernachtung dazu.“
„Ja, dann ist das so.“
„Gut. Sie hören dann spätestens morgen Abend von mir.“
FORTSETZUNG FOLGT
„Was kann ich für sie tun?“, fragte sie mit angenehmer Stimme.
„Ich bin auf der Suche nach einer vermissten Person.“, erklärte ich. „Vielleicht können Sie helfen, dass sich das alles in Kürze aufklärt. Haben Sie irgendeine Ahnung wo Rüdiger Benrath sich gegenwärtig aufhält?“
Sie sah mich erschrocken an und antwortete zunächst gar nicht. Dann stand sie auf und ich stellte fest, dass sie zwar nicht umwerfend attraktiv war, aber dennoch über ansprechende weibliche Konturen verfügte. Etwas mehr Körperspannung hätte ihr gut getan, aber ich muss gerade reden.
„Nehmen Sie doch Platz.“, sagte sie und wies auf den Besucherstuhl vor ihrem Schreibtisch. Ich setzte mich und sie ließ sich auch wieder auf ihren Bürostuhl fallen. Sie atmete schnell. Dann endlich sammelte sie sich ein wenig und sagte: „Ich bin davon ausgegangen, dass Rüdiger zu Hause ist. Es ist ja gerade vorlesungsfreie Zeit und er hatte vor, der Uni eine Weile fernzubleiben, zumal er sich auf einen Wechsel vorbereitet. In einem halben Jahr nimmt er eine Forschungs- und Lehrtätigkeit in Berlin auf.“
„Könnte es denn sein, dass er nach Berlin gefahren ist?“
„Theoretisch könnte er überall hin gefahren sein, aber dann wüsste seine Frau ja davon. Die hat ihn doch sicher als vermisst gemeldet, oder?“
„Nicht direkt.“, erwiderte ich. „Es ist einer außenstehenden Person aufgefallen, dass er seit einiger Zeit verschwunden ist. Ich will nicht den Teufel an die Wand malen, aber ich bin nicht sicher, ob seine Frau mir die Wahrheit sagt. Sie hat mir gegenüber behauptet, er halte sich aus beruflichen Gründen im Ausland auf. Welches Ausland, wollte sie mir nicht verraten.“
„Das ist aber wirklich Quatsch.“, bemerkte Nadine Reuter. „Er beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit den gesellschaftlichen Auswirkungen der Wiedervereinigung, macht vergleichende Ost-West-Studien an unterschiedlichen Altersgruppen und so weiter. In welches Ausland sollte er dafür reisen? Korea?“
„Wissen Sie näheres über den Zustand seiner Ehe?“
Nadine Reuter fühlte sich sichtlich unwohl. Das war ein heikles Thema für sie, ganz dünnes Eis, denn sicher wünschte sie sich von Herzen, dass seine Ehe am Ende sei und durfte es sich um keinen Preis anmerken lassen, wenn sie nicht ihr Gesicht verlieren wollte. Sie schob ihre geheimen Leidenschaften in die Besenkammer und setzte ein betont sachliches Gesicht auf, als sie sagte: „Ich dachte er sei sehr zufrieden. Er erzählte gelegentlich von seiner Frau und das nur mit großem Respekt und Wohlwollen. Sie wollte ihn zwar nicht nach Berlin begleiten, weil das auch ein zeitlich begrenztes Forschungsprojekt ist und es sehr gut sein kann, dass er in zwei bis drei Jahren hierher zurückkehrt oder es ihn an noch eine andere Hochschule verschlägt. Seine Frau ist beruflich auch erfolgreich und wirft natürlich nicht sofort die Brocken hin, nur weil der Herr Ehegatte sich ein wenig beruflich verändern will.“
„Kennen Sie seine Frau persönlich?“
„Nicht wirklich. Ich habe sie mal kurz gesehen, als ich Rüdiger ein paar Bücher vorbei gebracht habe, aber normalerweise treffen wir uns nur in der Uni und seine Frau kommt hier nicht hin.“
„Hat er Feinde, Menschen, denen er im Weg ist?“
„Hier an der Hochschule gibt es schon Konkurrenten. Aber er hat nie dafür gesorgt, dass jemandem eine Beförderung verweigert wird oder dass jemand keine Stelle bekommt. Das einzige, das ich mir vorstellen könnte, wäre jemand, der im Studium gescheitert ist und Rüdiger dafür verantwortlich macht. Für sehr wahrscheinlich halte ich das aber nicht.“
„Sie kennen den Professor ja recht gut.“, versuchte ich mehr aus ihr herauszukitzeln. „Wo fährt er denn am liebsten hin, wenn er einfach mal seine Ruhe haben will? Es wäre ja immerhin möglich, dass er sich mit seiner Frau gestritten hat und Abstand gesucht hat.“
„Ach so.“, erwiderte die wissenschaftliche Mitarbeiterin. „Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Wenn er den Kopf frei bekommen will, fährt er gern ans Meer. Vorzugsweise nach Langeoog, aber nicht unbedingt ins Ausland.“
„Wissen Sie denn auch, wo er da vorzugsweise absteigt?“
„Ich glaube er ist so der Typ für Pensionen. Da muss er nichts mitschleppen, hat alles, was er braucht und zum Essen nutzt er die örtliche Gastronomie. Aber Sie können ja schlecht bei den Pensionen auf der Insel nachfragen, die werden Ihnen ja nicht verraten, wer bei ihnen wohnt. Oder sind Sie von der Polizei?“
„Nein, ich bin Privatdetektiv, aber glauben Sie mir, ich verstehe etwas von meinem Ruf. Wenn er auf Langeoog ist, werde ich ihn höchstwahrscheinlich ausfindig machen.“
„Würden Sie mich informieren, wenn Sie näheres wissen?“
Ich legte ihr meine Karte auf den Schreibtisch. „Rufen Sie mich ab Morgen Abend an, dann werde ich Sie an meinem aktuellen Kenntnisstand teilhaben lassen.“
Dankbar steckte sie die Karte ein.
Ein paar trickreiche Telefonate später kannte ich seinen Aufenthaltsort. Er war gerade unterwegs, konnte darum nicht ans Telefon kommen. Musste ich mich davon überzeugen, dass es auch wirklich der richtige Rüdiger Benrath war? Ich rief meine Auftraggeberin an und setzte sie in Kenntnis vom Stand meiner Ermittlungen.
„Oh bitte, fahren Sie morgen da hin und überprüfen Sie, ob er es auch wirklich ist. Das könnte ja ein Trick sein, um sein Verschwinden zu vertuschen.“
„Das wird aber teuer, Lady. Können Sie sich das leisten?“
„Ja, das ist es mir wert.“
„Aber es ist doch durchaus plausibel, dass er sich mit seiner Frau gestritten hat und zum Entspannen an seinen Sehnsuchtsort gefahren ist.“
„Aber warum hat seine Frau Sie dann angelogen und behauptet, er sei im Ausland?“
„Weil es ihr peinlich ist, dass sie einen Ehekrach hat und nicht genau weiß, wo er ist.“
„Das hätte sie sich doch aber denken können. Sie hätte ja auch sagen können, mein Mann brauchte mal eine kleine Auszeit und möchte dort auf keinen Fall gestört werden.“
„Und das wäre Ihnen nicht verdächtig vorgekommen?“
„Doch.“
„Sehen Sie.“
„Ich würde mich trotzdem wohler fühlen, wenn Sie nachsehen. Ich würde es ja selber machen, aber ich habe berufliche Verpflichtungen, denen ich nachkommen muss.“
„Gut, dann nehme ich den Auftrag an. Ich nehme die Fähre um 10.00 Uhr, werde also gegen 7.00 Uhr hier starten. Dann sollte ich gegen 11.00 Uhr am Ort sein und wenn er dann nicht in der Pension ist, werde ich den ganzen Tag über nach ihm Ausschau halten und ihn spätestens am Abend aufsuchen. Dann käme allerdings noch eine Übernachtung dazu.“
„Ja, dann ist das so.“
„Gut. Sie hören dann spätestens morgen Abend von mir.“
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Dienstag, 7. April 2020
Verzweifelte Suche - Ein Antikrimi mit Peter Margo in mehreren Teilen – Teil 4
c. fabry, 16:19h
Die Hitze war mittlerweile so massiv, dass die Luft sich wie Brei anfühlte. Ich schlief sehr schlecht in dieser Nacht, hatte wirre Träume, Frau Marowski mit ihrem Liebhaber, die mir immer wieder die Tür vor der Nase zuschlugen, bis ich schließlich doch in die Wohnung schlüpfte, wo ich die beiden dabei beobachtete, wie sie in der Küche Liebkosungen austauschten, während sie blutige Leichenteile verspeisten und ihnen der rote Saft aus den Mundwinkel rann, sie kauten, sie küssten sich, bissen wieder von den Leichenteilen ab und grinsten wahnsinnig. Ich schlich instinktiv zur Gefriertruhe im Schlafzimmer, öffnete den Deckel und ein gefrierbrandiger Rüdiger-Benrath-Kopf mit vor Entsetzen geweiteten Augen starrte mich an. Schreiend erwachte ich, spürte, wie ausgetrocknet Mund und Hals waren und holte mir aus der Küche ein großes Glas Wasser. Ich hatte vergessen das Fenster zu öffnen, um die kühlere Nachtluft einzulassen, daher die Alpträume. Überraschenderweise zog ein frischer Wind herein, bald konnte ich wieder einschlafen, bis ich schließlich von lautem Donner geweckt wurde. Draußen wurde es stürmisch und wenig später peitschte Regen in mein Schlafzimmer, ich musste das Fenster wieder schließen. Was für eine Nacht! Am Morgen fühlte ich mich, als hätte ich gerade eine mittelschwere Grippe überstanden. Aber es half ja nichts, ich musste arbeiten. Ich frühstückte, packte mein Werkzeug ein und fuhr mit dem öffentlichen Nahverkehr in die Berliner Straße, denn mein Auto hätte mir sonst leicht zum Verhängnis werden können.
Ich klingelte bei den Eheleuten und als erwartungsgemäß niemand öffnete, verschaffte ich mir Zugang zum Hausflur, indem ich bei der obersten Mietpartei klingelte und im Hausflur laut „Post!“, brüllte. Dann öffnete ich die Wohnungstür, die nicht außergewöhnlich gesichert war mit meinem Spezialwerkzeug. Ich schloss die Tür leise hinter mir und sah mich um. Alles war sehr geschmackvoll und bewusst platziert in dieser Wohnung. Es lag kaum etwas herum, aber wenn ich in die Schränke sah, stellte ich fest, dass hier noch immer viele Dinge vorhanden waren, die auf die Anwesenheit eines Mannes schließen ließen. Offiziell wohnte Rüdiger Benrath noch hier. Es fehlten aber auch Dinge, wie zum Beispiel eine zweite Zahnbürste oder ein Rasierer. Vermutlich war er verreist – oder seine Frau wollte es für alle Fälle plausibel erscheinen lassen.
Als ich ín einem der Schlafzimmer, in dem das Bett unberührt war, nur Männerkleidung im Schrank entdeckte, war mir klar, dass dies das Zimmer des Vermissten war. Ich öffnete die Nachttischschublade. Hier lagen ausgedruckte E-Mails – wie ich feststellte stammten sie alle von der gleichen Person, einer gewissen Kerstin Römermann, die sich grundsätzlich mit dem Vornamen verabschiedete und ihren Adressaten duzte. Die Mails waren banal, offensichtlich handelte es sich um eine wissenschaftliche Mitarbeiterin. Eine Mail dagegen, die erst wenige Wochen alt war enthielt als Text nur dieses seltsame Gedicht:
Alles, was ich Dir gern sagen würde:
In deinen Augen könnte ich versinken,
aber ich schaffe es oft nicht hineinzusehen, weil ich Angst habe, dann die Kontrolle zu verlieren.
Ich würde mich dir hemmungslos hingeben
mit Haut und Haaren
wenn ich dürfte
aber ich darf ja nicht.
Ich befürchte,
du wirst gerade zur Liebe meines Lebens
und wie ich mein Leben kenne,
wird es eine unglückliche Liebe,
was sonst.
Ich liebe deine sanfte Stimme
deine klugen Worte, mit Bedacht gewählt
deine anpackenden Hände, die aber auch so sanft berühren können
sanft wie deine Rede, mit der du meine Seele streichelst
festhalten möchte ich dich
und vorerst nicht mehr loslassen
und dann nur vorübergehend
zum Spazierengehen, Essen, Schlafen, Duschen, was weiß ich
aber immer wieder festhalten, aneinander kleben, den Rhythmus deines Herzens spüren,
den Duft deiner Haut riechen, dein Haar berühren, deine Wange an meiner spüren und meine Hände über deine festen Muskeln gleiten lassen.
Ich will mit dir reden, über Gott und die Welt, stundenlang
und danach zusammen schweigen, auch stundenlang
dabei in den Himmel blicken, über Felder, übers Meer, in die Flammen eines wärmenden Feuers,
und deine Hand halten
deine liebe Hand
ich will dich in mein Leben lassen
und ein Teil von dem deinen sein
wenigstens manchmal
am liebsten aber täglich
doch das kann ich dir alles nicht sagen,
nur, dass ich dich gern habe, dich schätze,
dass du etwas Besonderes bist, besonders wertvoll, ein Wunder.
Dass ich mich freue, dich zu sehen,
dass es nicht leicht wird ohne dich und
dass ich dich vermissen werde.
Dass ich dir alles Gute wünsche und Gottes Segen.
Aber dass es mir das Herz zerreißt, mich von dir zu verabschieden,
das muss ich wohl für mich behalten
und am Ende daran ersticken.
FORTSETZUNG FOLGT
Ich klingelte bei den Eheleuten und als erwartungsgemäß niemand öffnete, verschaffte ich mir Zugang zum Hausflur, indem ich bei der obersten Mietpartei klingelte und im Hausflur laut „Post!“, brüllte. Dann öffnete ich die Wohnungstür, die nicht außergewöhnlich gesichert war mit meinem Spezialwerkzeug. Ich schloss die Tür leise hinter mir und sah mich um. Alles war sehr geschmackvoll und bewusst platziert in dieser Wohnung. Es lag kaum etwas herum, aber wenn ich in die Schränke sah, stellte ich fest, dass hier noch immer viele Dinge vorhanden waren, die auf die Anwesenheit eines Mannes schließen ließen. Offiziell wohnte Rüdiger Benrath noch hier. Es fehlten aber auch Dinge, wie zum Beispiel eine zweite Zahnbürste oder ein Rasierer. Vermutlich war er verreist – oder seine Frau wollte es für alle Fälle plausibel erscheinen lassen.
Als ich ín einem der Schlafzimmer, in dem das Bett unberührt war, nur Männerkleidung im Schrank entdeckte, war mir klar, dass dies das Zimmer des Vermissten war. Ich öffnete die Nachttischschublade. Hier lagen ausgedruckte E-Mails – wie ich feststellte stammten sie alle von der gleichen Person, einer gewissen Kerstin Römermann, die sich grundsätzlich mit dem Vornamen verabschiedete und ihren Adressaten duzte. Die Mails waren banal, offensichtlich handelte es sich um eine wissenschaftliche Mitarbeiterin. Eine Mail dagegen, die erst wenige Wochen alt war enthielt als Text nur dieses seltsame Gedicht:
Alles, was ich Dir gern sagen würde:
In deinen Augen könnte ich versinken,
aber ich schaffe es oft nicht hineinzusehen, weil ich Angst habe, dann die Kontrolle zu verlieren.
Ich würde mich dir hemmungslos hingeben
mit Haut und Haaren
wenn ich dürfte
aber ich darf ja nicht.
Ich befürchte,
du wirst gerade zur Liebe meines Lebens
und wie ich mein Leben kenne,
wird es eine unglückliche Liebe,
was sonst.
Ich liebe deine sanfte Stimme
deine klugen Worte, mit Bedacht gewählt
deine anpackenden Hände, die aber auch so sanft berühren können
sanft wie deine Rede, mit der du meine Seele streichelst
festhalten möchte ich dich
und vorerst nicht mehr loslassen
und dann nur vorübergehend
zum Spazierengehen, Essen, Schlafen, Duschen, was weiß ich
aber immer wieder festhalten, aneinander kleben, den Rhythmus deines Herzens spüren,
den Duft deiner Haut riechen, dein Haar berühren, deine Wange an meiner spüren und meine Hände über deine festen Muskeln gleiten lassen.
Ich will mit dir reden, über Gott und die Welt, stundenlang
und danach zusammen schweigen, auch stundenlang
dabei in den Himmel blicken, über Felder, übers Meer, in die Flammen eines wärmenden Feuers,
und deine Hand halten
deine liebe Hand
ich will dich in mein Leben lassen
und ein Teil von dem deinen sein
wenigstens manchmal
am liebsten aber täglich
doch das kann ich dir alles nicht sagen,
nur, dass ich dich gern habe, dich schätze,
dass du etwas Besonderes bist, besonders wertvoll, ein Wunder.
Dass ich mich freue, dich zu sehen,
dass es nicht leicht wird ohne dich und
dass ich dich vermissen werde.
Dass ich dir alles Gute wünsche und Gottes Segen.
Aber dass es mir das Herz zerreißt, mich von dir zu verabschieden,
das muss ich wohl für mich behalten
und am Ende daran ersticken.
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Montag, 6. April 2020
Verzweifelte Suche - Ein Antikrimi mit Peter Margo in mehreren Teilen – Teil 3
c. fabry, 16:31h
Bereits nach zwanzig Minuten tauchte ein Typ der Kategorie A vor der Haustür auf, klingelte im ersten Stock und wurde prompt eingelassen. Wenig später stand Frau Marowski eng umschlungen mit ihm am Küchenfenster. Mehr musste ich zunächst nicht wissen. Der Besucher war mit dem Auto gekommen, falls ich es für erforderlich halten würde, ließe sich der Halter mit einem geschickten Anruf bei der Polizei ermitteln. Ich machte für diesen Tag Feierabend.
Am nächsten Morgen machte ich mich auf den Weg zur Universität und erkundigte mich in der Fakultät für Soziologie nach Professor Doktor Benrath. Die Vorlesungen hatten noch nicht wieder begonnen, darum war es nicht ungewöhnlich, dass er nicht anzutreffen war. Ein Forschungsfreisemester oder eine auswärtige Gastprofessur hatte er allerdings nicht. Es hatte zwar schon Konferenzen gegeben, aber wie mir die auskunftsfreudige Verwaltungsfachangestellte mitteilte, fehlten die Damen und Herren Professorinnen und Professoren häufig „aus Gründen“, dabei setzte sie ein Gesicht auf, das versnobtes, wissenschaftliches Personal aufs vortrefflichste karikierte. Dass Benrath nicht da sei, sei kaum verwunderlich, der betreffende Kollege würde im nächsten Semester ohnehin die Hochschule wechseln. Ich suchte noch einige Kolleginnen und Kollegen auf, die zufälligerweise da waren, tat jedes Mal so, als seien sie die erste Person, bei der ich mich erkundigte und sammelte so ein paar Informationen über Rüdiger Benrath, die mir bei meinen weiteren Recherchen hilfreich sein konnten. Trotzdem wusste niemand, wo er sich gegenwärtig aufhielt.
Nun hieß es, in die Offensive zu gehen. Ich erledigte den Tag über liegen gebliebenen Papierkram und machte mich am frühen Abend auf zur Wohnung in der Berliner Straße. Frau Marowski fragte über die Gegensprechanlage nach meinem Begehr und ich erklärte: „Margo mein Name, ich möchte zu Rüdiger Benrath. Wir waren mal Kollegen und ich bin gerade zufällig in der Nähe.“
Sie drückte auf den Summer und ließ mich ins Haus. Als ich im ersten Stock ankam, stand sie in der halb offenen Wohnungstür, sehr elegant, wenn auch leger in Freizeitkleidung.
Ich streckte ihr die Hand entgegen, um mich nach allen Regeln der Höflichkeit vorzustellen, sie ließ mich aber ins Leere laufen.
„Ich kenne Sie gar nicht und von einem Peter Margo hat mein Mann noch nie etwas erzählt. Er ist auch gar nicht zu Hause, er befindet sich gegenwärtig im Ausland.“
„Ach tatsächlich?“, fragte ich bemüht, freundliches Interesse zu signalisieren. „Wohin genau hat es ihn denn verschlagen?“
„Als Kollege müssten Sie das eigentlich wissen.“, erklärte Frau Marowski schnippisch und knallte mir die Wohnungstür vor der Nase zu. Das war mehr als verdächtig und ich wusste, dass ich am kommenden Tag ein wenig unkonventioneller würde vorgehen müssen, auch wenn ich dabei meine Lizenz riskierte.
FORTSETZUNG FOLGT
Am nächsten Morgen machte ich mich auf den Weg zur Universität und erkundigte mich in der Fakultät für Soziologie nach Professor Doktor Benrath. Die Vorlesungen hatten noch nicht wieder begonnen, darum war es nicht ungewöhnlich, dass er nicht anzutreffen war. Ein Forschungsfreisemester oder eine auswärtige Gastprofessur hatte er allerdings nicht. Es hatte zwar schon Konferenzen gegeben, aber wie mir die auskunftsfreudige Verwaltungsfachangestellte mitteilte, fehlten die Damen und Herren Professorinnen und Professoren häufig „aus Gründen“, dabei setzte sie ein Gesicht auf, das versnobtes, wissenschaftliches Personal aufs vortrefflichste karikierte. Dass Benrath nicht da sei, sei kaum verwunderlich, der betreffende Kollege würde im nächsten Semester ohnehin die Hochschule wechseln. Ich suchte noch einige Kolleginnen und Kollegen auf, die zufälligerweise da waren, tat jedes Mal so, als seien sie die erste Person, bei der ich mich erkundigte und sammelte so ein paar Informationen über Rüdiger Benrath, die mir bei meinen weiteren Recherchen hilfreich sein konnten. Trotzdem wusste niemand, wo er sich gegenwärtig aufhielt.
Nun hieß es, in die Offensive zu gehen. Ich erledigte den Tag über liegen gebliebenen Papierkram und machte mich am frühen Abend auf zur Wohnung in der Berliner Straße. Frau Marowski fragte über die Gegensprechanlage nach meinem Begehr und ich erklärte: „Margo mein Name, ich möchte zu Rüdiger Benrath. Wir waren mal Kollegen und ich bin gerade zufällig in der Nähe.“
Sie drückte auf den Summer und ließ mich ins Haus. Als ich im ersten Stock ankam, stand sie in der halb offenen Wohnungstür, sehr elegant, wenn auch leger in Freizeitkleidung.
Ich streckte ihr die Hand entgegen, um mich nach allen Regeln der Höflichkeit vorzustellen, sie ließ mich aber ins Leere laufen.
„Ich kenne Sie gar nicht und von einem Peter Margo hat mein Mann noch nie etwas erzählt. Er ist auch gar nicht zu Hause, er befindet sich gegenwärtig im Ausland.“
„Ach tatsächlich?“, fragte ich bemüht, freundliches Interesse zu signalisieren. „Wohin genau hat es ihn denn verschlagen?“
„Als Kollege müssten Sie das eigentlich wissen.“, erklärte Frau Marowski schnippisch und knallte mir die Wohnungstür vor der Nase zu. Das war mehr als verdächtig und ich wusste, dass ich am kommenden Tag ein wenig unkonventioneller würde vorgehen müssen, auch wenn ich dabei meine Lizenz riskierte.
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Montag, 6. April 2020
Verzweifelte Suche - Ein Antikrimi mit Peter Margo in mehreren Teilen – Teil 2
c. fabry, 01:46h
Ich musste verdammt früh aufstehen, wenn ich um 7.00 Uhr am Haus der zu beobachtenden Personen in Stellung gehen wollte. Ich schaffte es gerade mal so, mit einem Becher Kaffee zum Mitnehmen stand ich schließlich in der Berliner Straße und hatte die Wohnung der Eheleute Benrath und Marowski im Visier. Rüdiger Benrath und Olivia Marowski, um genau zu sein, bewohnten gemeinsam eine großzügige Fünfzimmer-Wohnung im ersten Stock eines etwa einhundert Jahre alten Mehrfamilien-Bürgerhauses mit großflächigen Sprossenfenstern und hohen Stuckdecken. In der Küche war Licht, ich konnte durch das Fenster aber nur die Silhouette der Frau erkennen, soweit stimmten meine Beobachtungen mit der meiner Klientin überein.
Gegen 7.30 Uhr verließ Frau Marowski die Wohnung und stieg in einen dunkelblauen Jaguar. Ich startete meine alte Klapperkiste und folgte ihr unauffällig. Sie fuhr quer durch die Stadt, bis sie schließlich den Wagen auf einem reservierten Mitarbeiterparkplatz einer größeren Anwaltskanzlei abstellte. Ich parkte in der Nähe, ging erst einmal in Ruhe frühstücken und drückte mich danach den gesamten Vormittag vor dem Gebäude herum. Gegen 13.00 Uhr verließ Frau Marowski das Haus mit einem Mann und einer Frau, offensichtlich zum gemeinsamen Mittagessen. Ich wartete etwa fünf Minuten, dann betrat ich die Kanzlei. Der Laden befasste sich überwiegend mit Vertragsrecht, da würde mir schon etwas einfallen. Ein Vorzimmer-Herr begrüßte mich freundlich und fragte, ob ich einen Termin habe.
„Nein.“, erwiderte ich. „Aber ich weiß schon zu wem ich will. Ich hätte gern die Frau Marowski gesprochen.“
„Die ist gegenwärtig zu Tisch.“
„Dann vielleicht mit ihrer Vertretung? Wissen Sie, die Frau Marowski wurde mir persönlich empfohlen, aber wenn sie jemand vertritt, ist das vielleicht ebenso gut.“
„Worum geht es denn bei Ihnen?“
„Ach, das würde ich lieber gern selbst mit dem zuständigen Rechtsbeistand erörtern, es ist nämlich etwas heikel.“
„Aber wenn ich wüsste, in welche Richtung Ihr Anliegen geht, könnte ich Sie dem passenden Mitarbeiter zuweisen.“
„Nun, es müsste ja nur jemand mit dem gleichen Spezialgebiet sein, wie die Frau Marowski.“
„So einfach ist das aber nicht. Jeder hat hier nicht nur ein Spezialgebiet. Die Frau Marowski zum Beispiel ist zuständig für Das Aufsetzen von Eheverträgen, Entwicklung und Überarbeitung von AGBs und dem Widerspruch gegen betrügerische Vertragspartner, die zum Beispiel durch Täuschung Verträge zustande kommen lassen, in denen die Verhältnismäßigkeit nicht mehr gegeben ist.“
„Also um einen Betrugsfall geht es bei mir auch.“
„Dann schicke ich Sie mal zu der Frau Ostenholt. Die ist schon aus der Pause zurück.“
Kurz darauf betrat ich ein steriles Büro mit grauem Tretford-Teppichboden, Armstühlen aus Metall mit gepolsterten und strapazierfähigem Textil bezogenen Sitzen, Büromöbeln mit Kirschholzfurnierimitat und weißen Lamellen vor den Fenstern, wie sie in Arztpraxen verwendet wurden. Frau Ostenholt war normal groß, schlank, ein wenig konservativ frisiert, geschminkt und gekleidet. Sie bot mir an, mich zu setzen und fragte nach meinem Anliegen.“
„Wissen Sie“, begann ich, „es ist mir etwas peinlich. Ich bin da einer billigen Betrugsmasche auf den Leim gegangen. Man hat mir einen Eintrag ins Branchenbuch angeboten, ich habe das nicht weiter geprüft, dachte, ja klar, Branchenbuch, da muss man ja drin stehen, hab die erforderlichen Daten eingetragen und das Formular abgeschickt. Sechs Wochen später kam die Rechnung: 600,- € für das laufende Jahr, Vertragsbindung für mindestens zwei Jahre. Keine Möglichkeit mehr vom Vertrag zurückzutreten, weil ich ihn ja schon vor sechs Wochen abgeschlossen hatte. Mein Bekannter empfahl mir, das Problem mit Frau Marowski zu lösen, die hole mich da raus, allein könne ich das nicht schaffen.“
„Ja, da hat Ihr Bekannter wohl Recht. Für Laien ist das ein Problem, für uns dagegen ein lösbares Problem. Wieso hat Sie Ihr Bekannter so besonders auf Frau Marowski verwiesen?“
„Er kennt sie wohl persönlich. Was meinen Sie? Ist sie so kompetent wie mein Bekannter behauptet hat?“
„Davon gehe ich aus. Ich kann Ihnen aber genauso weiterhelfen. Wenn Sie allerdings unbedingt möchten, dass Frau Marowski sich im Weiteren der Sache annimmt, kann ich die Angelegenheit auch an sie übergeben. Sie können mir Ihr Anliegen trotzdem vortragen.“
„Wie gut kennen Sie Ihre Kollegin?“
„Ich weiß, wie sie arbeitet.“
„Und wie ist sie sonst so?“
„Was tut das zur Sache?“
„Ich weiß gern mehr über einen Menschen, dem ich persönliche Angelegenheiten anvertraue. Ich muss ein gutes Gefühl bei einer Person haben. Seriös sollte sie sein, auch in privater Hinsicht. Ist sie verheiratet?“
„Allerdings.“
„Und was macht ihr Mann beruflich?“
„Woher soll ich das wissen?“
„Reden sie als Kolleginnen denn nicht miteinander?“
„Doch, schon, aber eben über berufliche Dinge.“
„Nie über Privates?“
„Gelegentlich. Frau Marowski ist da allerdings eher zurückhaltend. Da werden Sie auch bei den anderen Kolleginnen und Kollegen kein Glück haben, wenn sie etwas aus ihrem Privatleben erfahren wollen. Aber worum geht es Ihnen eigentlich? Um ihren Betrugsfall oder um meine Kollegin?“
„Natürlich um meinen Fall. Und vielleicht ist es besser, wenn ich Sie damit betraue. So kompliziert ist es auch gar nicht, nur ein bisschen peinlich, dass ich auf diese Betrüger hereingefallen bin.“
Ich holte in meinen Erzählungen noch etwas aus, hatte dann aber, oh Schreck, die Unterlagen vergessen und versprach, sie in den nächsten Tagen zu mailen oder persönlich vorbei zu bringen.
Frau Marowski trennte also Berufliches und Privates strikt voneinander. Niemand an ihrem Arbeitsplatz wusste etwas über ihren Mann. Auch dass er verschwunden war, schien hier niemandem aufgefallen zu sein. Ich entschloss mich, zunächst einmal herauszufinden, wo Rüdiger Benrath arbeitete und wählte den bequemsten Weg über die Bilder der Suchmaschine. Hier gab es so viele Fotos, die meisten ließen sich gleich eliminieren, insbesondere die von dem Schauspieler Martin Benrath, aber auch jene in Städten am anderen Ende der Republik. Schließlich hatte ich einen gefunden, der mir mehr als wahrscheinlich erschien. Ich schickte meiner Klientin einen Link zu dem Foto und fragte sie, ob das der Vermisste sei. Er war es. Ein Universitätsprofessor für Soziologie. Vermutlich war er verreist wegen eines Forschungsfreisemesters oder einer Gastprofessur im Ausland. Ich würde mich also morgen in die Heiligen Hallen der Wissenschaft begeben. Vorher fuhr ich vorsichtshalber noch einmal in der Berliner Straße vorbei und sah nach dem Rechten. Frau Marowski kam gerade mit einem Korb voller Lebensmittel nach Hause. Noch vor der Haustür zog sie ihr Mobiltelefon aus der Tasche und sprach mit jemandem. Dabei wirkte sie fröhlich und ausgelassen, fast wie ein frisch verliebter Teenager. Sogar auf die Entfernung hörte ich sie ein erwartungsfrohes „Bis gleich.“ in das Mikrophon rufen. Da würde ich wohl noch eine Weile auf meinem Posten bleiben müssen.
FORTSETZUNG FOLGT
Gegen 7.30 Uhr verließ Frau Marowski die Wohnung und stieg in einen dunkelblauen Jaguar. Ich startete meine alte Klapperkiste und folgte ihr unauffällig. Sie fuhr quer durch die Stadt, bis sie schließlich den Wagen auf einem reservierten Mitarbeiterparkplatz einer größeren Anwaltskanzlei abstellte. Ich parkte in der Nähe, ging erst einmal in Ruhe frühstücken und drückte mich danach den gesamten Vormittag vor dem Gebäude herum. Gegen 13.00 Uhr verließ Frau Marowski das Haus mit einem Mann und einer Frau, offensichtlich zum gemeinsamen Mittagessen. Ich wartete etwa fünf Minuten, dann betrat ich die Kanzlei. Der Laden befasste sich überwiegend mit Vertragsrecht, da würde mir schon etwas einfallen. Ein Vorzimmer-Herr begrüßte mich freundlich und fragte, ob ich einen Termin habe.
„Nein.“, erwiderte ich. „Aber ich weiß schon zu wem ich will. Ich hätte gern die Frau Marowski gesprochen.“
„Die ist gegenwärtig zu Tisch.“
„Dann vielleicht mit ihrer Vertretung? Wissen Sie, die Frau Marowski wurde mir persönlich empfohlen, aber wenn sie jemand vertritt, ist das vielleicht ebenso gut.“
„Worum geht es denn bei Ihnen?“
„Ach, das würde ich lieber gern selbst mit dem zuständigen Rechtsbeistand erörtern, es ist nämlich etwas heikel.“
„Aber wenn ich wüsste, in welche Richtung Ihr Anliegen geht, könnte ich Sie dem passenden Mitarbeiter zuweisen.“
„Nun, es müsste ja nur jemand mit dem gleichen Spezialgebiet sein, wie die Frau Marowski.“
„So einfach ist das aber nicht. Jeder hat hier nicht nur ein Spezialgebiet. Die Frau Marowski zum Beispiel ist zuständig für Das Aufsetzen von Eheverträgen, Entwicklung und Überarbeitung von AGBs und dem Widerspruch gegen betrügerische Vertragspartner, die zum Beispiel durch Täuschung Verträge zustande kommen lassen, in denen die Verhältnismäßigkeit nicht mehr gegeben ist.“
„Also um einen Betrugsfall geht es bei mir auch.“
„Dann schicke ich Sie mal zu der Frau Ostenholt. Die ist schon aus der Pause zurück.“
Kurz darauf betrat ich ein steriles Büro mit grauem Tretford-Teppichboden, Armstühlen aus Metall mit gepolsterten und strapazierfähigem Textil bezogenen Sitzen, Büromöbeln mit Kirschholzfurnierimitat und weißen Lamellen vor den Fenstern, wie sie in Arztpraxen verwendet wurden. Frau Ostenholt war normal groß, schlank, ein wenig konservativ frisiert, geschminkt und gekleidet. Sie bot mir an, mich zu setzen und fragte nach meinem Anliegen.“
„Wissen Sie“, begann ich, „es ist mir etwas peinlich. Ich bin da einer billigen Betrugsmasche auf den Leim gegangen. Man hat mir einen Eintrag ins Branchenbuch angeboten, ich habe das nicht weiter geprüft, dachte, ja klar, Branchenbuch, da muss man ja drin stehen, hab die erforderlichen Daten eingetragen und das Formular abgeschickt. Sechs Wochen später kam die Rechnung: 600,- € für das laufende Jahr, Vertragsbindung für mindestens zwei Jahre. Keine Möglichkeit mehr vom Vertrag zurückzutreten, weil ich ihn ja schon vor sechs Wochen abgeschlossen hatte. Mein Bekannter empfahl mir, das Problem mit Frau Marowski zu lösen, die hole mich da raus, allein könne ich das nicht schaffen.“
„Ja, da hat Ihr Bekannter wohl Recht. Für Laien ist das ein Problem, für uns dagegen ein lösbares Problem. Wieso hat Sie Ihr Bekannter so besonders auf Frau Marowski verwiesen?“
„Er kennt sie wohl persönlich. Was meinen Sie? Ist sie so kompetent wie mein Bekannter behauptet hat?“
„Davon gehe ich aus. Ich kann Ihnen aber genauso weiterhelfen. Wenn Sie allerdings unbedingt möchten, dass Frau Marowski sich im Weiteren der Sache annimmt, kann ich die Angelegenheit auch an sie übergeben. Sie können mir Ihr Anliegen trotzdem vortragen.“
„Wie gut kennen Sie Ihre Kollegin?“
„Ich weiß, wie sie arbeitet.“
„Und wie ist sie sonst so?“
„Was tut das zur Sache?“
„Ich weiß gern mehr über einen Menschen, dem ich persönliche Angelegenheiten anvertraue. Ich muss ein gutes Gefühl bei einer Person haben. Seriös sollte sie sein, auch in privater Hinsicht. Ist sie verheiratet?“
„Allerdings.“
„Und was macht ihr Mann beruflich?“
„Woher soll ich das wissen?“
„Reden sie als Kolleginnen denn nicht miteinander?“
„Doch, schon, aber eben über berufliche Dinge.“
„Nie über Privates?“
„Gelegentlich. Frau Marowski ist da allerdings eher zurückhaltend. Da werden Sie auch bei den anderen Kolleginnen und Kollegen kein Glück haben, wenn sie etwas aus ihrem Privatleben erfahren wollen. Aber worum geht es Ihnen eigentlich? Um ihren Betrugsfall oder um meine Kollegin?“
„Natürlich um meinen Fall. Und vielleicht ist es besser, wenn ich Sie damit betraue. So kompliziert ist es auch gar nicht, nur ein bisschen peinlich, dass ich auf diese Betrüger hereingefallen bin.“
Ich holte in meinen Erzählungen noch etwas aus, hatte dann aber, oh Schreck, die Unterlagen vergessen und versprach, sie in den nächsten Tagen zu mailen oder persönlich vorbei zu bringen.
Frau Marowski trennte also Berufliches und Privates strikt voneinander. Niemand an ihrem Arbeitsplatz wusste etwas über ihren Mann. Auch dass er verschwunden war, schien hier niemandem aufgefallen zu sein. Ich entschloss mich, zunächst einmal herauszufinden, wo Rüdiger Benrath arbeitete und wählte den bequemsten Weg über die Bilder der Suchmaschine. Hier gab es so viele Fotos, die meisten ließen sich gleich eliminieren, insbesondere die von dem Schauspieler Martin Benrath, aber auch jene in Städten am anderen Ende der Republik. Schließlich hatte ich einen gefunden, der mir mehr als wahrscheinlich erschien. Ich schickte meiner Klientin einen Link zu dem Foto und fragte sie, ob das der Vermisste sei. Er war es. Ein Universitätsprofessor für Soziologie. Vermutlich war er verreist wegen eines Forschungsfreisemesters oder einer Gastprofessur im Ausland. Ich würde mich also morgen in die Heiligen Hallen der Wissenschaft begeben. Vorher fuhr ich vorsichtshalber noch einmal in der Berliner Straße vorbei und sah nach dem Rechten. Frau Marowski kam gerade mit einem Korb voller Lebensmittel nach Hause. Noch vor der Haustür zog sie ihr Mobiltelefon aus der Tasche und sprach mit jemandem. Dabei wirkte sie fröhlich und ausgelassen, fast wie ein frisch verliebter Teenager. Sogar auf die Entfernung hörte ich sie ein erwartungsfrohes „Bis gleich.“ in das Mikrophon rufen. Da würde ich wohl noch eine Weile auf meinem Posten bleiben müssen.
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