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Dienstag, 31. Mai 2016
Endstation Apfelbaum – Kurzkrimi Teil II
c. fabry, 11:18h
„Dieser Fedder hat auf jeden Fall ein wasserdichtes Alibi.“, beklagte Kerkenbrock sich enttäuscht.
„Er muss ja nicht selbst an den Bremsen manipuliert haben.“, überlegte Keller. „So ein Sesselpupser wie der ist dazu vermutlich auch gar nicht in der Lage. Bestimmt gibt es unter den harten Jungs im Jugendzentrum den einen oder anderen, der noch eine Rechnung mit Unger offen hatte und den hat er angeheuert.“
„Dazu müsste er Kontakt zu den Jugendlichen haben, aber dafür ist er sich sicher zu fein. Der stellt sich effektvoll aufs Foto und weiß hinterher nur, wer neben ihm stand, weil die Presseleute das unters Foto geschrieben haben. Aber vielleicht kennt er jemanden, der jemanden kennt...“
Zufrieden zündete Jan-Hendrik sich eine Zigarette an. Die Polizei ermittelte also in Richtung Diakonie, bestenfalls noch unter den Schwarzköpfen im Jugendzentrum. Tja, so musste es Martin gehen: Wer sich immer wieder betont von der Kirchengemeinde distanzierte, der musste sich nicht wundern, wenn er nicht mehr mit ihr in Verbindung gebracht wurde. Jetzt würde bald ein anderer Wind wehen. Julia würde sich auch an einen völlig anders gestrickten Kollegen anpassen, die wollte einfach nur ihre Ruhe haben. Mit Murat, das hatte ja auch schon reibungslos funktioniert, seit Jochen da war, wehte auch bei dem Erfolgsprojekt ein anderer Wind. Er hätte Martin ja auch gern was angehängt, damit man ihn raus warf, aber der war einfach viel zu sehr auf der Hut gewesen. Musste er eben den finalen Abgang machen, das hatte er jetzt davon. Und wer kam schon darauf, dass einer, der am Wochenende an seinem Modellauto bastelt, sich auch mit großen Motoren auskennt, wenn er doch die Woche über am Schreibtisch sitzt? Wenn sie überhaupt einen dingfest machen würden, dann einen von den verfluchten Schwarzköpfen, am besten gleich den ganzen Haufen und dann würde hier vielleicht endlich mal wieder so etwas wie Gemeindejugendarbeit entstehen.
Konstanze Flegel betrat das Büro der Kriminalkommissare. „Die haben bei der KTU was Unglaubliches gefunden: Im Motorblock steckte ein Stofftaschentuch. Ist noch nicht ganz verkohlt und jede Menge Rotz drin, aus dem ich die DNA isolieren kann.“
Keller stöhnte genervt und sagte dann: „Ohne Ermittlungsansatz ist das aber die berühmte Nadel im Heuhaufen. Außerdem war der Mörder entweder ein totaler Idiot, dass er sein Taschentuch vergessen hat oder er hat gezielt das Taschentuch eines Anderen platziert, um den Verdacht auf ihn zu lenken.“
„Wer rechnet denn damit, dass von der Rotzfahne was übrig bleibt?“, fragte Kerkenbrock unwirsch.
„Gibt's ein Monogramm?“, erkundigte sich Keller.
Konstanze Flegel blickte ihn ungläubig an: „Sind wir Teil eines sechziger Jahre-Krimis?“
„Hätte ja sein können. Aber wer benutzt heute noch Stofftaschentücher?“
„Ein paar Nerds und vermutlich adrette, unauffällige Reaktionäre“, überlegte Kerkenbrock. „die sich nach den guten alten Zeiten sehnen, ihre Bakelit-Lichtschalter bei Manufactum bestellen und heimlich AfD wählen.“
„Meinen Sie, solchen Vögeln wäre Unger ein Dorn im Auge?“, fragte Keller.
„Aber ganz bestimmt. Die wollen Konfirmanden-Gruppen in ihrem Jugendzentrum sehen, keine perspektivlosen, kirchenfernen Jugendlichen, schon gar nicht solche aus einem anderen Kulturkreis.“
„Aber ist die Suche da nicht auch uferlos?“
„Nicht unbedingt. Wir fangen beim Kern der Kirchengemeinde an: Pfarrer und Presbyterium und arbeiten uns dann in konzentrischen Kreisen immer weiter nach außen vor, aber vielleicht wird das gar nicht nötig sein und wir werden schon am Anfang fündig.“
Keller streckte sich so gut es eben ging auf dem Beifahrersitz aus. Er war ein ganze Stunde bei der Kriminaltechnik gewesen und hatte sich eingehend mit den Spuren am Autowrack beschäftigt. „Zu wem fahren wir jetzt eigentlich?“, fragte er seine junge Kollegin. „Ich habe Sie die ganze Zeit machen lassen und bin gar nicht im Bilde. Haben Sie das Presbyterium zusammen getrommelt?“
„Nein, wir suchen zuerst den Jugendpresbyter auf, der wird sicher mehr wissen als alle anderen.“
„Und wie heißt der?“
„Jan-Hendrik Ohlendorf.“
ENDE
„Er muss ja nicht selbst an den Bremsen manipuliert haben.“, überlegte Keller. „So ein Sesselpupser wie der ist dazu vermutlich auch gar nicht in der Lage. Bestimmt gibt es unter den harten Jungs im Jugendzentrum den einen oder anderen, der noch eine Rechnung mit Unger offen hatte und den hat er angeheuert.“
„Dazu müsste er Kontakt zu den Jugendlichen haben, aber dafür ist er sich sicher zu fein. Der stellt sich effektvoll aufs Foto und weiß hinterher nur, wer neben ihm stand, weil die Presseleute das unters Foto geschrieben haben. Aber vielleicht kennt er jemanden, der jemanden kennt...“
Zufrieden zündete Jan-Hendrik sich eine Zigarette an. Die Polizei ermittelte also in Richtung Diakonie, bestenfalls noch unter den Schwarzköpfen im Jugendzentrum. Tja, so musste es Martin gehen: Wer sich immer wieder betont von der Kirchengemeinde distanzierte, der musste sich nicht wundern, wenn er nicht mehr mit ihr in Verbindung gebracht wurde. Jetzt würde bald ein anderer Wind wehen. Julia würde sich auch an einen völlig anders gestrickten Kollegen anpassen, die wollte einfach nur ihre Ruhe haben. Mit Murat, das hatte ja auch schon reibungslos funktioniert, seit Jochen da war, wehte auch bei dem Erfolgsprojekt ein anderer Wind. Er hätte Martin ja auch gern was angehängt, damit man ihn raus warf, aber der war einfach viel zu sehr auf der Hut gewesen. Musste er eben den finalen Abgang machen, das hatte er jetzt davon. Und wer kam schon darauf, dass einer, der am Wochenende an seinem Modellauto bastelt, sich auch mit großen Motoren auskennt, wenn er doch die Woche über am Schreibtisch sitzt? Wenn sie überhaupt einen dingfest machen würden, dann einen von den verfluchten Schwarzköpfen, am besten gleich den ganzen Haufen und dann würde hier vielleicht endlich mal wieder so etwas wie Gemeindejugendarbeit entstehen.
Konstanze Flegel betrat das Büro der Kriminalkommissare. „Die haben bei der KTU was Unglaubliches gefunden: Im Motorblock steckte ein Stofftaschentuch. Ist noch nicht ganz verkohlt und jede Menge Rotz drin, aus dem ich die DNA isolieren kann.“
Keller stöhnte genervt und sagte dann: „Ohne Ermittlungsansatz ist das aber die berühmte Nadel im Heuhaufen. Außerdem war der Mörder entweder ein totaler Idiot, dass er sein Taschentuch vergessen hat oder er hat gezielt das Taschentuch eines Anderen platziert, um den Verdacht auf ihn zu lenken.“
„Wer rechnet denn damit, dass von der Rotzfahne was übrig bleibt?“, fragte Kerkenbrock unwirsch.
„Gibt's ein Monogramm?“, erkundigte sich Keller.
Konstanze Flegel blickte ihn ungläubig an: „Sind wir Teil eines sechziger Jahre-Krimis?“
„Hätte ja sein können. Aber wer benutzt heute noch Stofftaschentücher?“
„Ein paar Nerds und vermutlich adrette, unauffällige Reaktionäre“, überlegte Kerkenbrock. „die sich nach den guten alten Zeiten sehnen, ihre Bakelit-Lichtschalter bei Manufactum bestellen und heimlich AfD wählen.“
„Meinen Sie, solchen Vögeln wäre Unger ein Dorn im Auge?“, fragte Keller.
„Aber ganz bestimmt. Die wollen Konfirmanden-Gruppen in ihrem Jugendzentrum sehen, keine perspektivlosen, kirchenfernen Jugendlichen, schon gar nicht solche aus einem anderen Kulturkreis.“
„Aber ist die Suche da nicht auch uferlos?“
„Nicht unbedingt. Wir fangen beim Kern der Kirchengemeinde an: Pfarrer und Presbyterium und arbeiten uns dann in konzentrischen Kreisen immer weiter nach außen vor, aber vielleicht wird das gar nicht nötig sein und wir werden schon am Anfang fündig.“
Keller streckte sich so gut es eben ging auf dem Beifahrersitz aus. Er war ein ganze Stunde bei der Kriminaltechnik gewesen und hatte sich eingehend mit den Spuren am Autowrack beschäftigt. „Zu wem fahren wir jetzt eigentlich?“, fragte er seine junge Kollegin. „Ich habe Sie die ganze Zeit machen lassen und bin gar nicht im Bilde. Haben Sie das Presbyterium zusammen getrommelt?“
„Nein, wir suchen zuerst den Jugendpresbyter auf, der wird sicher mehr wissen als alle anderen.“
„Und wie heißt der?“
„Jan-Hendrik Ohlendorf.“
ENDE
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Montag, 30. Mai 2016
Endstation Apfelbaum – Kurzkrimi Teil I
c. fabry, 11:38h
Den BMW hatte es vollkommen zerlegt. „Merkwürdiger Sozialarbeiter.“, überlegte Keller, der im schwarzen BMW zur Arbeit fährt.“
„Das Milieu färbt ab.“, erwiderte Konstanze Flegel. „Übrigens erkenne ich spontan nichts auffälliges an der Leiche, außer dass er genauso zertrümmert ist wie sein Auto. Ich vermute, er hat das hier alles nicht mehr ertragen und voll auf den Baum zugehalten, man sieht ja keine Bremsspuren. Vielleicht waren auch Drogen im Spiel.“
„Wann weißt du mehr?“, fragte Keller.
„Frühestens Morgen.“
Im Jugendzentrum herrschte Betroffenheit. „Sind das etwas alles Christen?“, raunte Keller seiner Kollegin Kerkenbrock zu, denn die Anwesenden machten auf ihn einen türkischstämmigen Eindruck und bei dieser Einwanderergruppe waren Christen eine absolute Rarität.
„Woher soll ich das wissen? Vermutlich sind sie Muslime oder vielleicht Jesiden. Das ist in so einem Jugendzentrum doch egal.“
„Aber ist es nicht in kirchlicher Trägerschaft?“
„Na und?“
„Haben die Eltern da keine Angst, dass ihre Kinder missioniert werden?“
„Vielleicht in Gemeindehäusern, wo der CVJM wöchentlich Bibelkreise abhält, aber doch nicht hier. Das ist ein Haus der offenen Tür, bestimmt überwiegend von der Stadt finanziert. Das interessiert hier vermutlich niemanden, ob das Haus von der Kirche ist oder von der AWO. Hier gibt es ja nichts Anderes und irgendwo müssen die Jugendlichen schließlich hin.“
Ein dunkelhaariger Mann mit eindrucksvollen Trainingserfolgen im Bereich der Oberkörper-Muskulatur kam auf die Beamten zu.
„Sind Sie die Polizei?“, fragte er.
„Ja. Kriminalhauptkommissar Stefan Keller und das ist meine Kollegin Sabine Kerkenbrock. Und Sie sind?“
„Emre Ҫakal.“
„Arbeiten Sie hier?“
„Ja, ich mach' hier Theke, aber nur für Taschengeld. Morgen muss ich wieder Job-Center gehen.“
„Sie kannten Martin Unger?“
„Klar. Alle hier kannten Martin. Wir sind alle voll geschockt, dass das passiert ist. Martin ist immer voll vorsichtig gefahren und hat auch keinen Scheiß gemacht. Der hätte sich nie besoffen oder bekifft ans Steuer gesetzt. Das muss irgendwie ganz dumm gelaufen sein oder da hat einer nachgeholfen.“
„Halten Sie es nicht für möglich, dass er seinem Leben selbst ein Ende setzen wollte?“
„Sie meinen, ob er sich umbringen wollte?“
„Ja, genau.“
„Nee, Martin doch nicht. Der wollte morgen in Urlaub fahren, hat der sich voll drauf gefreut.“
„Haben Sie denn einen konkreten Verdacht, wer da nachgeholfen haben könnte?“
„Nee, weiß ich nicht.“
„Hatte er keine Feinde?“
„Doch, Fedder. Also hat er nicht drüber geredet, aber hab ich mal mitgekriegt als er mit Julia im Büro saß und sich aufgeregt hat.“
„Wer ist Julia?“
„Die arbeitet auch hier. Ist aber noch nicht da.“
„Worüber hat er sich denn aufgeregt?“
„Irgendwie ging es um „RAN“, das ist ein Projekt, da mach' ich auch mit, damit wir bessere Chancen haben, irgendwo genommen zu werden, wenn wir arbeiten wollen. Martin hatte irgendwann die Idee, hat alles organisiert und so. Dann kam Murat dazu, der macht auch was mit uns, das ist einer, der hat es echt geschafft und dann hat Fedder sich wohl überall eingemischt, immer seine Fresse in die Kamera gehalten, wenn einer von der Zeitung da war und Murat rausgeschmissen hat er auch.“
„Wer ist Fedder?“
„Der Boss von dem Projekt.“
„Aber hat das nicht Unger entwickelt?“
„Ja, schon, aber dafür braucht man ja Kohle und der Fedder, der ist wohl nicht der Boss von Martin, aber der Boss von Murat oder jetzt von Jochen, aber Jochen ist scheiße, der bringt's voll nicht. Und Der hat den Job wohl nur gekriegt, weil Fedder sein Schwager ist.“
„War das allen bekannt?“
„Auf jeden Fall wusste Martin Bescheid.“
FORTSETZUNG FOLGT MORGEN
„Das Milieu färbt ab.“, erwiderte Konstanze Flegel. „Übrigens erkenne ich spontan nichts auffälliges an der Leiche, außer dass er genauso zertrümmert ist wie sein Auto. Ich vermute, er hat das hier alles nicht mehr ertragen und voll auf den Baum zugehalten, man sieht ja keine Bremsspuren. Vielleicht waren auch Drogen im Spiel.“
„Wann weißt du mehr?“, fragte Keller.
„Frühestens Morgen.“
Im Jugendzentrum herrschte Betroffenheit. „Sind das etwas alles Christen?“, raunte Keller seiner Kollegin Kerkenbrock zu, denn die Anwesenden machten auf ihn einen türkischstämmigen Eindruck und bei dieser Einwanderergruppe waren Christen eine absolute Rarität.
„Woher soll ich das wissen? Vermutlich sind sie Muslime oder vielleicht Jesiden. Das ist in so einem Jugendzentrum doch egal.“
„Aber ist es nicht in kirchlicher Trägerschaft?“
„Na und?“
„Haben die Eltern da keine Angst, dass ihre Kinder missioniert werden?“
„Vielleicht in Gemeindehäusern, wo der CVJM wöchentlich Bibelkreise abhält, aber doch nicht hier. Das ist ein Haus der offenen Tür, bestimmt überwiegend von der Stadt finanziert. Das interessiert hier vermutlich niemanden, ob das Haus von der Kirche ist oder von der AWO. Hier gibt es ja nichts Anderes und irgendwo müssen die Jugendlichen schließlich hin.“
Ein dunkelhaariger Mann mit eindrucksvollen Trainingserfolgen im Bereich der Oberkörper-Muskulatur kam auf die Beamten zu.
„Sind Sie die Polizei?“, fragte er.
„Ja. Kriminalhauptkommissar Stefan Keller und das ist meine Kollegin Sabine Kerkenbrock. Und Sie sind?“
„Emre Ҫakal.“
„Arbeiten Sie hier?“
„Ja, ich mach' hier Theke, aber nur für Taschengeld. Morgen muss ich wieder Job-Center gehen.“
„Sie kannten Martin Unger?“
„Klar. Alle hier kannten Martin. Wir sind alle voll geschockt, dass das passiert ist. Martin ist immer voll vorsichtig gefahren und hat auch keinen Scheiß gemacht. Der hätte sich nie besoffen oder bekifft ans Steuer gesetzt. Das muss irgendwie ganz dumm gelaufen sein oder da hat einer nachgeholfen.“
„Halten Sie es nicht für möglich, dass er seinem Leben selbst ein Ende setzen wollte?“
„Sie meinen, ob er sich umbringen wollte?“
„Ja, genau.“
„Nee, Martin doch nicht. Der wollte morgen in Urlaub fahren, hat der sich voll drauf gefreut.“
„Haben Sie denn einen konkreten Verdacht, wer da nachgeholfen haben könnte?“
„Nee, weiß ich nicht.“
„Hatte er keine Feinde?“
„Doch, Fedder. Also hat er nicht drüber geredet, aber hab ich mal mitgekriegt als er mit Julia im Büro saß und sich aufgeregt hat.“
„Wer ist Julia?“
„Die arbeitet auch hier. Ist aber noch nicht da.“
„Worüber hat er sich denn aufgeregt?“
„Irgendwie ging es um „RAN“, das ist ein Projekt, da mach' ich auch mit, damit wir bessere Chancen haben, irgendwo genommen zu werden, wenn wir arbeiten wollen. Martin hatte irgendwann die Idee, hat alles organisiert und so. Dann kam Murat dazu, der macht auch was mit uns, das ist einer, der hat es echt geschafft und dann hat Fedder sich wohl überall eingemischt, immer seine Fresse in die Kamera gehalten, wenn einer von der Zeitung da war und Murat rausgeschmissen hat er auch.“
„Wer ist Fedder?“
„Der Boss von dem Projekt.“
„Aber hat das nicht Unger entwickelt?“
„Ja, schon, aber dafür braucht man ja Kohle und der Fedder, der ist wohl nicht der Boss von Martin, aber der Boss von Murat oder jetzt von Jochen, aber Jochen ist scheiße, der bringt's voll nicht. Und Der hat den Job wohl nur gekriegt, weil Fedder sein Schwager ist.“
„War das allen bekannt?“
„Auf jeden Fall wusste Martin Bescheid.“
FORTSETZUNG FOLGT MORGEN
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Sonntag, 29. Mai 2016
Glockenschlag, Kurzkrimi – Teil II
c. fabry, 15:53h
Im Anschluss an den Gottesdienst verzogen sich Keller und seine junge Kollegin in eine diskrete Ecke. „Also“, sagte sie, „Raus damit. Was ist Ihnen klar geworden?“
„Der Pfarrer war‘s.“
„Wie kommen Sie darauf?“
„Haben Sie mitbekommen, wie er den Chablis lobhudelte, den er zum Abendmahl ausschenkt?“
„Einschenkt“
“Jetzt seien Sie doch nicht so kleinkariert lutherisch, Kerkenbrock. Er hat jedenfalls betont, das sei der beste Chablis vom örtlichen Weinhändler. Tatsächlich standen im Schrank in der Sakristei aber nur Flaschen eines Discounter-Chablis. Ich weiß das, den trinke ich auch immer, den gibt es häufig für 3,99 im Angebot.“
„Aber wo bitte erkennen Sie da ein Mordmotiv?“
„Ganz einfach: Der Pfarrer kauft Abendmahlswein für die Gemeinde beim Luxusweinhändler, rechnet alles ordnungsgemäß ab, kauft dann aus seinem privaten Etat den billigen Discounter-Wein, tauscht die Flaschen aus und stellt sich das edle Tröpfchen in den eigenen Weinkeller.“
„So ein Quatsch! Wissen Sie was ein Pfarrer verdient? Der kann sich doch einen guten Wein leisten.“
„Der verdient auch nicht mehr als ich und gerade unter den Besserverdienenden wimmelt es von Geizkragen, die überall sparen, damit sie sich am Ende noch mehr leisten können, um ihren Genuss zu vermehren oder anzugeben.“
„Auch wieder wahr. Aber das Motiv erkenne ich immer noch nicht.“
„Na, der Küster ist ihm drauf gekommen. Hat vielleicht genau wie ich gesehen, dass der Chablis im Schrank nicht der ist, für den er ausgegeben wird. Vielleicht hat er den Pfarrer zur Rede gestellt, vielleicht auch einfach nur ganz unschuldig seiner Verwunderung Ausdruck verliehen. Vermutlich dachte der Theologe, dass so ein bildungsferner Handwerker, wie Peter Braun einer war, sich mit Wein gar nicht auskennt. Wenn der ihn aber hätte auffliegen lassen, wäre er erledigt gewesen.“
„Das ist in der Tat ein Motiv. Und die Gelegenheit hatte er auch. Niemand wundert sich, wenn der Pfarrer um die Kirche herum lungert und wenn er ein Kabel im hohen Gras verschwinden lässt, denken alle, dass das schon seine Ordnung haben wird. Sterben konnte dabei nur derjenige, der den Aufsitzmäher fuhr. Was für ein eiskalter Plan.“
„Also, unterhalten wir uns jetzt mit dem Kämmerer?“
„Sie meinen mit dem Finanzkirchmeister?“
„Ja, meinetwegen und dann mit dem Elektriker und danach mit möglichst vielen Zeugen. Wir sollten Verstärkung anfordern. Ich will den Fall heute noch abschließen.“
„Warum das denn?“
„Hab‘ noch ‘ne Einladung zum Kaffeetrinken.“
ENDE
„Der Pfarrer war‘s.“
„Wie kommen Sie darauf?“
„Haben Sie mitbekommen, wie er den Chablis lobhudelte, den er zum Abendmahl ausschenkt?“
„Einschenkt“
“Jetzt seien Sie doch nicht so kleinkariert lutherisch, Kerkenbrock. Er hat jedenfalls betont, das sei der beste Chablis vom örtlichen Weinhändler. Tatsächlich standen im Schrank in der Sakristei aber nur Flaschen eines Discounter-Chablis. Ich weiß das, den trinke ich auch immer, den gibt es häufig für 3,99 im Angebot.“
„Aber wo bitte erkennen Sie da ein Mordmotiv?“
„Ganz einfach: Der Pfarrer kauft Abendmahlswein für die Gemeinde beim Luxusweinhändler, rechnet alles ordnungsgemäß ab, kauft dann aus seinem privaten Etat den billigen Discounter-Wein, tauscht die Flaschen aus und stellt sich das edle Tröpfchen in den eigenen Weinkeller.“
„So ein Quatsch! Wissen Sie was ein Pfarrer verdient? Der kann sich doch einen guten Wein leisten.“
„Der verdient auch nicht mehr als ich und gerade unter den Besserverdienenden wimmelt es von Geizkragen, die überall sparen, damit sie sich am Ende noch mehr leisten können, um ihren Genuss zu vermehren oder anzugeben.“
„Auch wieder wahr. Aber das Motiv erkenne ich immer noch nicht.“
„Na, der Küster ist ihm drauf gekommen. Hat vielleicht genau wie ich gesehen, dass der Chablis im Schrank nicht der ist, für den er ausgegeben wird. Vielleicht hat er den Pfarrer zur Rede gestellt, vielleicht auch einfach nur ganz unschuldig seiner Verwunderung Ausdruck verliehen. Vermutlich dachte der Theologe, dass so ein bildungsferner Handwerker, wie Peter Braun einer war, sich mit Wein gar nicht auskennt. Wenn der ihn aber hätte auffliegen lassen, wäre er erledigt gewesen.“
„Das ist in der Tat ein Motiv. Und die Gelegenheit hatte er auch. Niemand wundert sich, wenn der Pfarrer um die Kirche herum lungert und wenn er ein Kabel im hohen Gras verschwinden lässt, denken alle, dass das schon seine Ordnung haben wird. Sterben konnte dabei nur derjenige, der den Aufsitzmäher fuhr. Was für ein eiskalter Plan.“
„Also, unterhalten wir uns jetzt mit dem Kämmerer?“
„Sie meinen mit dem Finanzkirchmeister?“
„Ja, meinetwegen und dann mit dem Elektriker und danach mit möglichst vielen Zeugen. Wir sollten Verstärkung anfordern. Ich will den Fall heute noch abschließen.“
„Warum das denn?“
„Hab‘ noch ‘ne Einladung zum Kaffeetrinken.“
ENDE
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Samstag, 28. Mai 2016
Glockenschlag, Kurzkrimi Teil I
c. fabry, 17:37h
Zum Glück war es der Elektriker, der ihn fand: Peter Braun lag reglos auf der Kirchwiese, offensichtlich von seinem Aufsitzmäher gestürzt und jeder normale Mensch wäre von einem Schwächeanfall, einem Infarkt oder Gehirnschlag ausgegangen, aber Holger Pahmeier erkannte schon von weitem die Hinweise auf die Ursache der Bewusstlosigkeit des Küsters: Starkstrom. Es war ein schrecklicher Unfall. Für Sonntag zum Gemeindefest hatte Holger Pahmeier schon meterweise Kabel verlegt, damit das Stromnetz bei Hüpfburgbetreibung, Bühnentechnik und abendlicher Außenbeleuchtung nicht zusammenbrach. Nun war der Küster mit seinem Aufsitzmäher doch tatsächlich über das Starkstromkabel gefahren und hatte sich damit in eine andere Dimension begeben. Pahmeier kappte sofort die Verbindung und sicherte damit die Unfallstelle, dann verständigte er die Polizei.
Wenig später waren Kriminalhauptkommissar Stefan Keller und seine Kollegin Sabine Kerkenbrock von der Bielefelder Mordkommission an der Unfallstelle eingetroffen, denn es mutete seltsam an, dass das Kabel auf der Rasenfläche lag, hatte Pahmeier selbst es doch davon fern gehalten, weil er wusste, dass der Rasen noch gemäht werden musste.
Der Pfarrer schloss die Sakristei auf und zeigte den Beamten den Weg zu den Anschlüssen innerhalb der Kirche, so dass sie sich ein erstes Bild von der Gesamtsituation machen konnten. „Komischer Typ.“, dachte Kerkenbrock, „Hat was Selbstverliebtes an sich.“
In einem offenen Schrank bemerkte Keller im Vorbeigehen, dass dort einige Flaschen des Chablis standen, den er auch häufig trank. Er stieß Kerkenbrock in die Seite, wies auf die Weinvorräte und flüsterte: „Säuft hier der Pfarrer oder der Küster?“
„Die Gemeinde.“, erwiderte Kerkenbrock. „Das ist Abendmahlswein.“
„Ach so.“
Sie schlossen wieder auf und ließen sich weiter vom Pfarrer die Aufgaben des Küsters in der Kirche erklären, als Keller unvermittelt fragte: „Findet das Gemeindefest morgen denn wie geplant statt?“
„Nein das blasen wir natürlich ab. Das ist zwar schlimm für die Gruppen, aber wir können doch kein Fest feiern, wenn unser Küster bei den Vorbereitungen dazu ums Leben gekommen ist.“
„Und der Gottesdienst?“, erkundigte sich Kerkenbrock.
„Der findet selbstverständlich statt. Wir werden für Peter Braun beten und uns wie geplant als Gemeinde versammeln, aber danach gehen alle nach Hause.“
„Könnten Sie die Gottesdienstbesucher morgen bitten, da zu bleiben, damit wir uns mit möglichst vielen unterhalten können? Das würde uns eine Menge Arbeit ersparen.“
„Ja, natürlich, das lässt sich einrichten. Dann sollten wir unsere Beköstigung vielleicht doch wie geplant durchführen, denn dann müssen die Menschen ja sicherlich eine ganze Weile ausharren.“
Den Samstag verbrachten die Beamten mit Spurensicherung, Gesprächen mit den Angehörigen und Nachbarn des Küsters. Nirgends fanden sich Anhaltspunkte für einen möglichen Täter oder ein Motiv. Am Sonntag erschienen die Beamten zum Gottesdienst. Die Predigt des Pfarrers versetzte die Anwesenden in einen hypnoseartigen Dämmerzustand.
„…Ich erinnere noch einmal an den Kernsatz des Textes: ‚Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.‘ Nicht umsonst feiern wir in unserer Gemeinde immer noch jedes zweite Abendmahl mit richtigem Wein – mit besonders Gutem sogar, dem besten Chablis unseres örtlichen Weinhändlers. Ich sehe darin ein Symbol für die guten Früchte, die wir alle hervorbringen sollen, dadurch, dass wir uns nicht vom wahren Weinstock lösen, sondern mit ihm verbunden bleiben. Amen.“
„Endlich!“, stöhnte Kerkenbrock flüsternd. „Ich habe schon seit Ewigkeiten keine so schlechte und grottenlangweilige Predigt mehr gehört.“
„Schlecht war sie in der Tat.“, erwiderte Keller ebenso gedämpft, „aber am Ende wurde es richtig spannend.“
„Warum fanden Sie das denn spannend?“
„Weil ich eben das fehlende Puzzleteil bekommen habe, das mir noch für eine schlüssige Erklärung für den rätselhaften Tod des Küsters fehlte.“
FORTSETZUNG FOLGT MORGEN
Wenig später waren Kriminalhauptkommissar Stefan Keller und seine Kollegin Sabine Kerkenbrock von der Bielefelder Mordkommission an der Unfallstelle eingetroffen, denn es mutete seltsam an, dass das Kabel auf der Rasenfläche lag, hatte Pahmeier selbst es doch davon fern gehalten, weil er wusste, dass der Rasen noch gemäht werden musste.
Der Pfarrer schloss die Sakristei auf und zeigte den Beamten den Weg zu den Anschlüssen innerhalb der Kirche, so dass sie sich ein erstes Bild von der Gesamtsituation machen konnten. „Komischer Typ.“, dachte Kerkenbrock, „Hat was Selbstverliebtes an sich.“
In einem offenen Schrank bemerkte Keller im Vorbeigehen, dass dort einige Flaschen des Chablis standen, den er auch häufig trank. Er stieß Kerkenbrock in die Seite, wies auf die Weinvorräte und flüsterte: „Säuft hier der Pfarrer oder der Küster?“
„Die Gemeinde.“, erwiderte Kerkenbrock. „Das ist Abendmahlswein.“
„Ach so.“
Sie schlossen wieder auf und ließen sich weiter vom Pfarrer die Aufgaben des Küsters in der Kirche erklären, als Keller unvermittelt fragte: „Findet das Gemeindefest morgen denn wie geplant statt?“
„Nein das blasen wir natürlich ab. Das ist zwar schlimm für die Gruppen, aber wir können doch kein Fest feiern, wenn unser Küster bei den Vorbereitungen dazu ums Leben gekommen ist.“
„Und der Gottesdienst?“, erkundigte sich Kerkenbrock.
„Der findet selbstverständlich statt. Wir werden für Peter Braun beten und uns wie geplant als Gemeinde versammeln, aber danach gehen alle nach Hause.“
„Könnten Sie die Gottesdienstbesucher morgen bitten, da zu bleiben, damit wir uns mit möglichst vielen unterhalten können? Das würde uns eine Menge Arbeit ersparen.“
„Ja, natürlich, das lässt sich einrichten. Dann sollten wir unsere Beköstigung vielleicht doch wie geplant durchführen, denn dann müssen die Menschen ja sicherlich eine ganze Weile ausharren.“
Den Samstag verbrachten die Beamten mit Spurensicherung, Gesprächen mit den Angehörigen und Nachbarn des Küsters. Nirgends fanden sich Anhaltspunkte für einen möglichen Täter oder ein Motiv. Am Sonntag erschienen die Beamten zum Gottesdienst. Die Predigt des Pfarrers versetzte die Anwesenden in einen hypnoseartigen Dämmerzustand.
„…Ich erinnere noch einmal an den Kernsatz des Textes: ‚Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.‘ Nicht umsonst feiern wir in unserer Gemeinde immer noch jedes zweite Abendmahl mit richtigem Wein – mit besonders Gutem sogar, dem besten Chablis unseres örtlichen Weinhändlers. Ich sehe darin ein Symbol für die guten Früchte, die wir alle hervorbringen sollen, dadurch, dass wir uns nicht vom wahren Weinstock lösen, sondern mit ihm verbunden bleiben. Amen.“
„Endlich!“, stöhnte Kerkenbrock flüsternd. „Ich habe schon seit Ewigkeiten keine so schlechte und grottenlangweilige Predigt mehr gehört.“
„Schlecht war sie in der Tat.“, erwiderte Keller ebenso gedämpft, „aber am Ende wurde es richtig spannend.“
„Warum fanden Sie das denn spannend?“
„Weil ich eben das fehlende Puzzleteil bekommen habe, das mir noch für eine schlüssige Erklärung für den rätselhaften Tod des Küsters fehlte.“
FORTSETZUNG FOLGT MORGEN
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