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Freitag, 24. November 2017
Ohne Tote – die Fortsetzung – für Dreadpan – quasi als Totensonntagsgeschenk
c. fabry, 02:04h
Kathrins gute Laune hielt sich beständig. Zu wissen, dass die Bombe in absehbarer Zeit hochgehen würde, erfüllte sie mit einer tiefen Freude. Sie fühlte sich, als hätte sie stimmungsaufhellende Drogen eingeworfen. Wenn sie geahnt hätte, welche Wirkung ihre kleine Manipulation auf ihr Gemüt haben würde, hätte sie diesen Schritt schon viel eher gewagt.
Und dann war es schließlich so weit. Ein paar Verträge mussten zur Unterschrift vorgelegt werden und sie betrat Breiszs Büro, der sie nach dem Anklopfen zwar nicht hereingebeten hatte, was aber möglicherweise der Tatsache geschuldet war, dass er gerade woanders im Gespräch war oder ein paar Türen weiter die Klobrille anwärmte. Das Surren der Lüftung verriet, dass der Laptop eingeschaltet war, auch wenn der Bildschirm im tiefschwarzen Energiesparmodus eine Außerbetriebnahme suggerierte Sie bediente eine beliebige Taste und schon huschte ein süffisantes Lächeln über ihr Gesicht. „Jean-Luc bringt Ramona zum Singen“ lautete der für Frankophile eindeutige Untertitel des noch unmissverständlicheren Fotos. Doch etwas stimmte nicht an diesem Bild, wenn an pornographischen Darstellungen überhaupt etwas stimmen konnte. Ramona trug zwar einen gerüschten Push-up, aber was da nach oben gedrückt wurde waren keinesfalls Milchdrüsen sonder nur Haut und Bindegewebe in homöopathischen Dosen. Die vermeintlich rasierte Scham erwies sich bei näherer Betrachtung als ein vom fast unsichtbaren, zarten Flaum der Vorpubertät bedeckten Geschlechtsteil. Wie zum Teufel kamen solche Bilder auf seinen Rechner? War ihr da vielleicht ein unverzeihlicher Fehler unterlaufen? Eine Freistellung wegen Pornos auf dem Dienstrechner – da konnte man ja irgendwo wieder neu anfangen, ins Gefängnis kam man dafür nicht, aber was sie ihm hier angetan hatte, das kostete ihn mehr als seine Stelle.
Plötzlich öffnete sich die Tür und sie hatte keine Gelegenheit mehr, Desinteresse vorzuschützen, zu eindeutig stand sie hinter seinem Schreibtisch, zu entsetzt ihr Gesichtsausdruck.
Breisz erfasste sie Situation sofort. Wie der Blitz huschte er hinter seinen Schreibtisch, packte Kathrin an den schulterlangen Haaren und zerrte sie zu Boden. Sie dachte, er wolle ihr einfach nur eine Abreibung verpassen, aber er hatte grausamere Pläne. Er riss sie nur ein wenig nach oben, um sie dann gegen ein Gehäuse aus Plastik zu drücken. Warum tat er das? Während er sie krampfhaft festhielt, fummelte er nervös an der Steckerleiste herum und auf einen Schlag wurde Kathrin klar, wo genau ihr Gesicht sich befand: am Eingangsschlitz des Aktenschredders. Hastig tastete sie nach dem Kippschalter: Hinten lief der Schredder Rückwärts, vorne vorwärts und in der Mitte war er außer Betrieb. Sie brachte den Schalter in die Ruheposition. War das so richtig? War das bei allen Aktenschreddern gleich? Wollte er ihr nur Angst machen oder wollte er ihr Gesicht entstellen? Womöglich sogar ihre Zunge zerreißen, damit sie nicht mehr sprechen könnte? Unsinn, sie könnte dann ja immer noch schreiben. Aber wenn er sich dann auch ihre Finger vornähme?
Sie roch unangenehm. Nie hätte sie sich vorstellen können, dermaßen zu stinken. Das war wohl der Angstschweiß. Oder war das sein Paniksekret? Es roch süßlich, muffig, einen widerwärtigen Reiz am Gaumen auslösend und darüber lag eine Wolke eines landläufigen Herrendufts, charakterlos aber teuer. Er keuchte und fluchte. Seine Haltung schien ihm Beschwerden zu verursachen, das machte ihn unaufmerksam und sie nutzte den passenden Moment, um sich aus seinem festen Griff zu winden. Sie rammte ihren Kopf in seinen Schritt und versuchte, sich aufzurappeln. Er griff erneut nach ihren Haaren – das Konzept hatte sich immerhin bewährt, doch sie befreite sich diesmal mit einem Ruck, die Todesangst hatte ihre Schmerzgrenze erheblich herabgesetzt. Sie richtete sich auf und stürmte in Richtung Tür, als er von hinten ihre Taille umfasste und seinen Mund an ihr Ohr presste: „Wir werden schön den Mund halten, gell?“, raunte er. „Wir wollen doch unsere süße, kleine Karriere nicht aufs Spiel setzen, oder? Ich habe überall Freunde mit Einfluss, du hast nur Freundinnen mit Ausfluss, also überleg dir genau, was du jetzt tust.“
Sie rammte ihm den Ellbogen in die Leber, nicht planvoll, eher zufällig, dafür umso effizienter. Er brach stöhnend zusammen. Sie brachte sich in Sicherheit.
Eine Woche später hatte sie seinen Schreibtisch – und ein schlechtes Gewissen. Sie hatte ihm das angehängt. Gut, er war ein Drecksack, hatte einen Dämpfer verdient und es war ausgesprochen angenehm, nicht mehr mit ihm arbeiten zu müssen. Aber sie fühlte sich schäbig und sie ärgerte sich über ihre gutes Herz. Breisz hätte sich an ihrer Stelle nicht eine Sekunde schlecht gefühlt. Doch am Ende siegte das Gewissen wie so oft bei ihr. Sie ließ sich mit dem Kommissariat verbinden, das den Fall bearbeitete.
Als Kathrin zwei Stunden später auf dem Polizeipräsidium saß, ärgerte sie sich schon wieder über die eigene Ehrlichkeit. Sie hätte jetzt so schön auf ihrem blauen Sofa bei einem Cappuccino ihren Feierabend genießen können, aber jetzt gab es kein Zurück mehr.
„Herr Breisz ist unschuldig.“ erklärte sie. „Er hat die Pornoseiten nicht selbst heruntergeladen, ich habe die auf seinen Rechner gespielt.“ gab sie zu. „Es sollte ein Streich sein.“, log sie. „Ich wollte ihm ein paar ganz gängige Sexseiten auf die Festplatte mogeln, aber doch keine pädophilen Inhalte. Ich verstehe gar nicht, wie das passieren konnte.“
„Wie haben sie die Manipulation an seinem Laptop denn vorgenommen?“, fragte der Kommissar.
„Ich habe mich in seinen Rechner gehackt und dann diese Seiten installiert. Ich habe einen besonders billig klingenden Titel ausgewählt, Uschimuschi oder so.“
„Ja, dass diese Daten durch Manipulation von außen aufgespielt wurden, haben unsere Experten schon herausgefunden. Das waren dann also Sie.“
„Ja.“, gab Kathrin zerknirscht zu. „Ich schätze den Kollegen überhaupt nicht, aber ich kann doch nicht zulassen, dass er ins Gefängnis geht, nur weil ich ihm einen Streich spielen wollte.“
„Sagt Ihnen die Seite Lol*mops etwas?“
„Wie bitte? Äh, nein. Was ist das?“
„Eine Tauschbörse für pornographisches Material für Pädophile.“
„Warum sollte mir das etwas sagen?“
„Weil die Daten, die zur Verhaftung ihres Kollegen führten, aus diesem Kontext stammen. Die haben Sie nicht installiert. Das war er selbst. Warum sonst, glauben Sie, hat er Sie im Büro angegriffen?“
„Ich dachte, er hätte herausgefunden, dass ich ihm die Pornoseiten verpasst hatte.“
„Wie hätte er das herausfinden sollen?“
„Er hätte es ahnen können, spätestens, als er mich da hinter seinem Schreibtisch erwischte.“
„Er hat aber nie abgestritten, das Material selbst auf den Rechner geladen zu haben. Was er beharrlich abstreitet ist der Vorwurf, dass er selbst diese Aufnahmen gemacht hat.“
„Und?“, fragte Kathrin, „Hat er?“
„Dazu kann und darf ich Ihnen zu diesem Zeitpunkt keine Auskunft geben.“, sagte der Kommissar. „Allerdings müssen Sie mit einer Anzeige rechnen, eine Geldstrafe wird da sehr wahrscheinlich auf Sie zukommen, auch wenn der eine oder andere Richter denken wird, dass Sie sich da genau den Richtigen vorgenommen haben.“
Als Kathrin das Protokoll ihrer Aussage unterschrieb, ärgerte sie sich zum dritten Mal an diesem Tag über ihre Ehrlichkeit. Doch dann dachte sie sich, dass die Erkenntnis, dass nicht ihre Durchtriebenheit sondern seine eigene Widerwärtigkeit Breisz zu Fall gebracht hatte, diesen finanziellen Aufwand wert war.
ENDE – UND ZWAR ENDGÜLTIG
Und dann war es schließlich so weit. Ein paar Verträge mussten zur Unterschrift vorgelegt werden und sie betrat Breiszs Büro, der sie nach dem Anklopfen zwar nicht hereingebeten hatte, was aber möglicherweise der Tatsache geschuldet war, dass er gerade woanders im Gespräch war oder ein paar Türen weiter die Klobrille anwärmte. Das Surren der Lüftung verriet, dass der Laptop eingeschaltet war, auch wenn der Bildschirm im tiefschwarzen Energiesparmodus eine Außerbetriebnahme suggerierte Sie bediente eine beliebige Taste und schon huschte ein süffisantes Lächeln über ihr Gesicht. „Jean-Luc bringt Ramona zum Singen“ lautete der für Frankophile eindeutige Untertitel des noch unmissverständlicheren Fotos. Doch etwas stimmte nicht an diesem Bild, wenn an pornographischen Darstellungen überhaupt etwas stimmen konnte. Ramona trug zwar einen gerüschten Push-up, aber was da nach oben gedrückt wurde waren keinesfalls Milchdrüsen sonder nur Haut und Bindegewebe in homöopathischen Dosen. Die vermeintlich rasierte Scham erwies sich bei näherer Betrachtung als ein vom fast unsichtbaren, zarten Flaum der Vorpubertät bedeckten Geschlechtsteil. Wie zum Teufel kamen solche Bilder auf seinen Rechner? War ihr da vielleicht ein unverzeihlicher Fehler unterlaufen? Eine Freistellung wegen Pornos auf dem Dienstrechner – da konnte man ja irgendwo wieder neu anfangen, ins Gefängnis kam man dafür nicht, aber was sie ihm hier angetan hatte, das kostete ihn mehr als seine Stelle.
Plötzlich öffnete sich die Tür und sie hatte keine Gelegenheit mehr, Desinteresse vorzuschützen, zu eindeutig stand sie hinter seinem Schreibtisch, zu entsetzt ihr Gesichtsausdruck.
Breisz erfasste sie Situation sofort. Wie der Blitz huschte er hinter seinen Schreibtisch, packte Kathrin an den schulterlangen Haaren und zerrte sie zu Boden. Sie dachte, er wolle ihr einfach nur eine Abreibung verpassen, aber er hatte grausamere Pläne. Er riss sie nur ein wenig nach oben, um sie dann gegen ein Gehäuse aus Plastik zu drücken. Warum tat er das? Während er sie krampfhaft festhielt, fummelte er nervös an der Steckerleiste herum und auf einen Schlag wurde Kathrin klar, wo genau ihr Gesicht sich befand: am Eingangsschlitz des Aktenschredders. Hastig tastete sie nach dem Kippschalter: Hinten lief der Schredder Rückwärts, vorne vorwärts und in der Mitte war er außer Betrieb. Sie brachte den Schalter in die Ruheposition. War das so richtig? War das bei allen Aktenschreddern gleich? Wollte er ihr nur Angst machen oder wollte er ihr Gesicht entstellen? Womöglich sogar ihre Zunge zerreißen, damit sie nicht mehr sprechen könnte? Unsinn, sie könnte dann ja immer noch schreiben. Aber wenn er sich dann auch ihre Finger vornähme?
Sie roch unangenehm. Nie hätte sie sich vorstellen können, dermaßen zu stinken. Das war wohl der Angstschweiß. Oder war das sein Paniksekret? Es roch süßlich, muffig, einen widerwärtigen Reiz am Gaumen auslösend und darüber lag eine Wolke eines landläufigen Herrendufts, charakterlos aber teuer. Er keuchte und fluchte. Seine Haltung schien ihm Beschwerden zu verursachen, das machte ihn unaufmerksam und sie nutzte den passenden Moment, um sich aus seinem festen Griff zu winden. Sie rammte ihren Kopf in seinen Schritt und versuchte, sich aufzurappeln. Er griff erneut nach ihren Haaren – das Konzept hatte sich immerhin bewährt, doch sie befreite sich diesmal mit einem Ruck, die Todesangst hatte ihre Schmerzgrenze erheblich herabgesetzt. Sie richtete sich auf und stürmte in Richtung Tür, als er von hinten ihre Taille umfasste und seinen Mund an ihr Ohr presste: „Wir werden schön den Mund halten, gell?“, raunte er. „Wir wollen doch unsere süße, kleine Karriere nicht aufs Spiel setzen, oder? Ich habe überall Freunde mit Einfluss, du hast nur Freundinnen mit Ausfluss, also überleg dir genau, was du jetzt tust.“
Sie rammte ihm den Ellbogen in die Leber, nicht planvoll, eher zufällig, dafür umso effizienter. Er brach stöhnend zusammen. Sie brachte sich in Sicherheit.
Eine Woche später hatte sie seinen Schreibtisch – und ein schlechtes Gewissen. Sie hatte ihm das angehängt. Gut, er war ein Drecksack, hatte einen Dämpfer verdient und es war ausgesprochen angenehm, nicht mehr mit ihm arbeiten zu müssen. Aber sie fühlte sich schäbig und sie ärgerte sich über ihre gutes Herz. Breisz hätte sich an ihrer Stelle nicht eine Sekunde schlecht gefühlt. Doch am Ende siegte das Gewissen wie so oft bei ihr. Sie ließ sich mit dem Kommissariat verbinden, das den Fall bearbeitete.
Als Kathrin zwei Stunden später auf dem Polizeipräsidium saß, ärgerte sie sich schon wieder über die eigene Ehrlichkeit. Sie hätte jetzt so schön auf ihrem blauen Sofa bei einem Cappuccino ihren Feierabend genießen können, aber jetzt gab es kein Zurück mehr.
„Herr Breisz ist unschuldig.“ erklärte sie. „Er hat die Pornoseiten nicht selbst heruntergeladen, ich habe die auf seinen Rechner gespielt.“ gab sie zu. „Es sollte ein Streich sein.“, log sie. „Ich wollte ihm ein paar ganz gängige Sexseiten auf die Festplatte mogeln, aber doch keine pädophilen Inhalte. Ich verstehe gar nicht, wie das passieren konnte.“
„Wie haben sie die Manipulation an seinem Laptop denn vorgenommen?“, fragte der Kommissar.
„Ich habe mich in seinen Rechner gehackt und dann diese Seiten installiert. Ich habe einen besonders billig klingenden Titel ausgewählt, Uschimuschi oder so.“
„Ja, dass diese Daten durch Manipulation von außen aufgespielt wurden, haben unsere Experten schon herausgefunden. Das waren dann also Sie.“
„Ja.“, gab Kathrin zerknirscht zu. „Ich schätze den Kollegen überhaupt nicht, aber ich kann doch nicht zulassen, dass er ins Gefängnis geht, nur weil ich ihm einen Streich spielen wollte.“
„Sagt Ihnen die Seite Lol*mops etwas?“
„Wie bitte? Äh, nein. Was ist das?“
„Eine Tauschbörse für pornographisches Material für Pädophile.“
„Warum sollte mir das etwas sagen?“
„Weil die Daten, die zur Verhaftung ihres Kollegen führten, aus diesem Kontext stammen. Die haben Sie nicht installiert. Das war er selbst. Warum sonst, glauben Sie, hat er Sie im Büro angegriffen?“
„Ich dachte, er hätte herausgefunden, dass ich ihm die Pornoseiten verpasst hatte.“
„Wie hätte er das herausfinden sollen?“
„Er hätte es ahnen können, spätestens, als er mich da hinter seinem Schreibtisch erwischte.“
„Er hat aber nie abgestritten, das Material selbst auf den Rechner geladen zu haben. Was er beharrlich abstreitet ist der Vorwurf, dass er selbst diese Aufnahmen gemacht hat.“
„Und?“, fragte Kathrin, „Hat er?“
„Dazu kann und darf ich Ihnen zu diesem Zeitpunkt keine Auskunft geben.“, sagte der Kommissar. „Allerdings müssen Sie mit einer Anzeige rechnen, eine Geldstrafe wird da sehr wahrscheinlich auf Sie zukommen, auch wenn der eine oder andere Richter denken wird, dass Sie sich da genau den Richtigen vorgenommen haben.“
Als Kathrin das Protokoll ihrer Aussage unterschrieb, ärgerte sie sich zum dritten Mal an diesem Tag über ihre Ehrlichkeit. Doch dann dachte sie sich, dass die Erkenntnis, dass nicht ihre Durchtriebenheit sondern seine eigene Widerwärtigkeit Breisz zu Fall gebracht hatte, diesen finanziellen Aufwand wert war.
ENDE – UND ZWAR ENDGÜLTIG
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