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Samstag, 18. Juni 2016
Unerhört - abgeschlossener Kurzkrimi
c. fabry, 21:08h
Nächste Woche würde Ingeborg die Klangschalentherapeutin einladen und dann könnten sie ja auch endlich mal den Ausflug zum Böckstiegel-Haus in Angriff nehmen. Endlich Schluss mit den ewigen Schnarch-Vorträgen von pensionierten Pfarrern bei Platenkuchen, Zitronenrolle und Filterkaffee. Seit zehn Jahren hatte sie immer wieder darauf gedrängt, dass die Frauenhilfe sich endlich neu erfinden müsse, wenn sie nicht schon bald untergehen wollte, wo sich selbst die Siebzigjährigen für das Angebot zu jung fühlten und lieber weiter zum Abendkreis gingen. Aber jeden von Ingeborgs Vorstößen in die richtige Richtung hatte Ursula blockiert. Als sie vorgeschlagen hatte, die Klangschalen-Therapeutin einzuladen, hatte Ursula genauso entschieden reagiert wie immer.
„So lange ich die Vorsitzende bin.“, hatte sie gesagt, „fangen wir mit so einem Tinnef gar nicht erst an. Schließlich sind wir die Frauenhilfe und keine Hippie-Kommune.“
Wegen der Blasenschwäche musste Ingeborg dringend zum Arzt. „Wenn man erst einmal siebzig ist“, dachte sie, „kommt man sich vor wie ein altes Auto, das ständig in die Werkstatt muss. Jetzt ist der Blutdruck wieder in Ordnung und die Schilddrüsenhormone richtig eingestellt, jetzt habe ich mit dieser ewigen Lauferei zum Klo zu tun und dann kommt kaum was. Ich kann doch jetzt noch nicht anfangen, Windeln zu tragen.“
Sie wusch sich die Hände und ging zurück in den Gemeindesaal. Wie zu erwarten, hatte sich ein großer Haufen Frauen um Ursula versammelt, doch Ingeborg trat mit dem Ausdruck größter Überraschung an die Menschentraube heran.
„Was ist denn hier auf einmal los?“, fragte sie.
„Ursula ist plötzlich zusammengebrochen.“, erklärte Hanna und blickte besorgt drein. „Ich habe schon den Notarzt alarmiert. Von diesen Handys habe ich ja nie viel gehalten, aber jetzt war es doch gut, dass ich eins hatte.“
„Die Ursula muss endlich einsehen, dass sie langsam kürzer treten muss.“, erklärte Ingeborg mit gespielter Besorgnis. „Man sieht ja, was passiert, wenn sie sich ständig übernimmt. Man muss einfach erkennen, wann die Zeit gekommen ist, Verantwortung abzugeben, aber da ist sie ja stur wie ein Esel.“
Entsetzt blickten die anderen Frauen sie an. Sie waren so erschüttert, dass keine einen Ton hervor brachte, aber alle waren schockiert, dass Ingeborg in diesem Moment Ursulas Leitungskompetenz infrage stellte. Plötzlich zusammenbrechen konnten auch junge Menschen, die noch eine lange, verantwortungsvolle Zeit vor sich hatten, jetzt waren doch erst einmal alle daran interessiert, ihrer Freundin und Vorsitzenden zu helfen, damit sie ihren Schwächeanfall möglichst unbeschadet überstand.
Diejenigen von ihnen, die noch am beweglichsten waren, waren damit beschäftigt, Ursula zu lagern, zu wärmen, ihre Hand zu halten und beruhigend auf sie einzureden. Hanna war zum Eingang gelaufen und nahm den Notarzt in Empfang.
Der untersuchte die Bewusstlose und stellte den umstehenden Frauen eine Menge Fragen. „Es sieht nach einem Zuckerschock aus. Ist sie Diabetikerin?“
Die Frauen bejahten seine Frage.
„Wissen Sie, was sie gegessen hat?“
„Den Diabetikerkuchen, nehme ich mal an.“, erwiderte Hanna.
„Nee“, mischte Helga sich ein. „Ich habe mich noch gewundert, warum Ursula die Erdbeerrolle auf dem Teller hatte, wo es doch für die Diabetiker heute den gedeckten Apfelkuchen gab. Ich wollte sie noch fragen, aber da kam Annegret und wir hatten uns länger nicht gesehen und erzählt und erzählt und auf einmal lag Ursula da.“
Der Notarzt gab Ursula ein Spritze, hatte auch schon einen Rettungswagen verständigt und überwachte nun soweit es ihm möglich war, ihre Vitalfunktionen.
Als der Rettungswagen eintraf, setzte er bereits den mobilen Defibrillator ein, doch auch das Rettungsteam konnte der alten Dame nicht mehr helfen.
Ingeborg brach der kalte Schweiß aus. Es war nur eine klitzekleine Lüge gewesen. Sie hatte nur beweisen wollen, wie hinfällig Ursula bereits war, dass man sich nicht mehr auf sie verlassen konnte. Nie im Leben hätte Ingeborg es für möglich gehalten, dass so ein bisschen Zucker so schwere Folgen nach sich ziehen konnte. Und welche Folgen das für sie selbst haben würde, konnte sie noch nicht absehen.
„So lange ich die Vorsitzende bin.“, hatte sie gesagt, „fangen wir mit so einem Tinnef gar nicht erst an. Schließlich sind wir die Frauenhilfe und keine Hippie-Kommune.“
Wegen der Blasenschwäche musste Ingeborg dringend zum Arzt. „Wenn man erst einmal siebzig ist“, dachte sie, „kommt man sich vor wie ein altes Auto, das ständig in die Werkstatt muss. Jetzt ist der Blutdruck wieder in Ordnung und die Schilddrüsenhormone richtig eingestellt, jetzt habe ich mit dieser ewigen Lauferei zum Klo zu tun und dann kommt kaum was. Ich kann doch jetzt noch nicht anfangen, Windeln zu tragen.“
Sie wusch sich die Hände und ging zurück in den Gemeindesaal. Wie zu erwarten, hatte sich ein großer Haufen Frauen um Ursula versammelt, doch Ingeborg trat mit dem Ausdruck größter Überraschung an die Menschentraube heran.
„Was ist denn hier auf einmal los?“, fragte sie.
„Ursula ist plötzlich zusammengebrochen.“, erklärte Hanna und blickte besorgt drein. „Ich habe schon den Notarzt alarmiert. Von diesen Handys habe ich ja nie viel gehalten, aber jetzt war es doch gut, dass ich eins hatte.“
„Die Ursula muss endlich einsehen, dass sie langsam kürzer treten muss.“, erklärte Ingeborg mit gespielter Besorgnis. „Man sieht ja, was passiert, wenn sie sich ständig übernimmt. Man muss einfach erkennen, wann die Zeit gekommen ist, Verantwortung abzugeben, aber da ist sie ja stur wie ein Esel.“
Entsetzt blickten die anderen Frauen sie an. Sie waren so erschüttert, dass keine einen Ton hervor brachte, aber alle waren schockiert, dass Ingeborg in diesem Moment Ursulas Leitungskompetenz infrage stellte. Plötzlich zusammenbrechen konnten auch junge Menschen, die noch eine lange, verantwortungsvolle Zeit vor sich hatten, jetzt waren doch erst einmal alle daran interessiert, ihrer Freundin und Vorsitzenden zu helfen, damit sie ihren Schwächeanfall möglichst unbeschadet überstand.
Diejenigen von ihnen, die noch am beweglichsten waren, waren damit beschäftigt, Ursula zu lagern, zu wärmen, ihre Hand zu halten und beruhigend auf sie einzureden. Hanna war zum Eingang gelaufen und nahm den Notarzt in Empfang.
Der untersuchte die Bewusstlose und stellte den umstehenden Frauen eine Menge Fragen. „Es sieht nach einem Zuckerschock aus. Ist sie Diabetikerin?“
Die Frauen bejahten seine Frage.
„Wissen Sie, was sie gegessen hat?“
„Den Diabetikerkuchen, nehme ich mal an.“, erwiderte Hanna.
„Nee“, mischte Helga sich ein. „Ich habe mich noch gewundert, warum Ursula die Erdbeerrolle auf dem Teller hatte, wo es doch für die Diabetiker heute den gedeckten Apfelkuchen gab. Ich wollte sie noch fragen, aber da kam Annegret und wir hatten uns länger nicht gesehen und erzählt und erzählt und auf einmal lag Ursula da.“
Der Notarzt gab Ursula ein Spritze, hatte auch schon einen Rettungswagen verständigt und überwachte nun soweit es ihm möglich war, ihre Vitalfunktionen.
Als der Rettungswagen eintraf, setzte er bereits den mobilen Defibrillator ein, doch auch das Rettungsteam konnte der alten Dame nicht mehr helfen.
Ingeborg brach der kalte Schweiß aus. Es war nur eine klitzekleine Lüge gewesen. Sie hatte nur beweisen wollen, wie hinfällig Ursula bereits war, dass man sich nicht mehr auf sie verlassen konnte. Nie im Leben hätte Ingeborg es für möglich gehalten, dass so ein bisschen Zucker so schwere Folgen nach sich ziehen konnte. Und welche Folgen das für sie selbst haben würde, konnte sie noch nicht absehen.
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